Corona-Pandemie Länger schlafen, später duschen: Die Spur des Homeoffice

dpa/toko

2.5.2020

Ein Mann hat sein Homeoffice auf die sonnige Fensterbank seiner Wohnung in Berlin verlegt.
Ein Mann hat sein Homeoffice auf die sonnige Fensterbank seiner Wohnung in Berlin verlegt.
Source: Kay Nietfeld/dpa

Die Corona-Krise hat nicht nur den Arbeitsalltag stark verändert, sondern auch den Lebensrhythmus vieler Menschen. In Deutschland etwa liefern die Indizien zwei ganz gewöhnliche Messgeräte: Strom- und Wasserzähler.

In der Corona-Krise stehen Millionen Menschen offensichtlich später auf als sonst – und gehen auch später unter die Dusche. Dies zumindest legen Daten aus Deutschland nahe.

Die Stadtwerke in mehreren deutschen Kommunen beobachten in ihren Messdaten zum Strom- und Wasserverbrauch coronabedingte Veränderungen des Alltags. «Morgens nutzen unsere Kundinnen und Kunden derzeit später Strom als sonst», sagt ein Sprecher der Stadtwerke München. Mittags steigt in der bayerischen Landeshauptstadt der Stromverbrauch – die Münchner Stadtwerker vermuten, dass mehr daheim gekocht wird.

Bei den Augsburger Stadtwerken heisst es, dass der Anstieg des Stromverbrauchs am Morgen etwa eine Stunde später einsetzt als normal. In Leipzig sieht es ähnlich aus: «Der morgendliche deutliche Anstieg des Stromverbrauchs setzt in Leipzig ein wenig später ein als vor Corona», sagt ein Sprecher der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft.

Erst nach dem Frühstück duschen

Zudem liegt die Vermutung nahe, dass viele Menschen erst nach dem Frühstück duschen. «Die morgendliche Abgabespitze verschiebt sich um gut zwei Stunden», heisst es bei Hamburg Wasser. Unter der Woche fliesst im Normalfall zwischen 7.45 und 8.15 Uhr das meiste Wasser aus den Hähnen der Hansestadt – diese Verbrauchsspitze hat sich auf den Zeitraum zwischen 9.30 und 10.00 Uhr verschoben. Im Ruhrgebiet beobachten die Essener Stadtwerke eine ähnliche Veränderung.

Doch gibt es schwer erklärliche regionale Unterschiede: «Man sieht, dass sich die «Morgenspitze» am Montag von 7.30 Uhr auf 9.00 Uhr verschiebt», sagt eine Sprecherin der Dresdner Stadtwerke Drewag. «Das heisst, dass die Leute früh später aufstehen und duschen» – doch sind die Dresdner damit immer noch eine halbe Stunde früher dran als die Hamburger.  

Dass viele Bürger später in den Tag starten können als vor Beginn der Krise liegt auf der Hand, wie ein Stadtwerker meint. Wer daheim arbeitet, spart sich die Zeit für den Weg in die Arbeit. Und wenn die Kinder nicht mehr zur Schule gehen – oder fahren – müssen, können sie später frühstücken.



Allerdings ist die Datenlage nicht eindeutig. Mancherorts beobachten die örtlichen Stadtwerke keine zeitliche Verschiebung des Stromverbrauchs, so im westfälischen Münster. Und in Würzburg oder Nürnberg steigt der morgendliche Stromverbrauch zwar langsamer an als vor Ausbruch der Krise, aber nicht wesentlich später.

Doch ist auch die Messung des Verbrauchs nicht überall identisch. Manche Stadtwerke erfassen privaten und gewerblichen Verbrauch nicht separat, beispielsweise in Bremen. Und viele Kommunen haben das Management ihrer Stromnetze ausgegliedert und verfügen daher auch nicht über genaue Daten zur Netzauslastung im Tagesverlauf.

Festnetztelefon erlebt Renaissance

In München jedenfalls können sich nicht nur die Stadtwerke ein vergleichsweise genaues Bild vom Lebensrhythmus der Bürger in der Corona-Krise machen. Der kommunale Netzbetreiber M-Net hat Telefon- und Datenverkehr analysiert: Wenig überraschend ist der Datenverkehr am Vormittag stark angestiegen. Das schon totgeglaubte Festnetztelefon erlebt mit einer Steigerungsrate von 50 Prozent ebenfalls eine Renaissance.

Und in Sachen Freizeitgestaltung profitieren keineswegs nur Netflix und Youtube, sondern auch die Videospielindustrie: «Der Gaming Traffic ist gegenüber Februar um 50 Prozent angestiegen und bleibt auf diesem Level», sagt ein Sprecher. Möglicherweise parken manche gestressten Eltern ihre Kinder vor der Playstation.


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