True Crime zwischen den Jahren Das mysteriöse Verschwinden der Sodder-Kinder

Lea Oetiker

27.12.2024

Die fünf verschwundenen Sodder-Kinder im Jahr 1945.
Die fünf verschwundenen Sodder-Kinder im Jahr 1945.
X

In der Nacht auf den 25. Dezember 1945 verschwinden fünf Kinder während eines Hausbrandes in Fayetteville, Amerika. Die Beamten behaupten, dass sie im Feuer starben. Doch dafür gibt es keine Beweise.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • An Weihnachten im Jahr 1945 brennt das ganze Haus der Familie Sodder in Fayetteville, Amerika, nieder.
  • Fünf von zehn Kindern sollen dabei ums Leben gekommen sein. Nur: sterbliche menschliche Überreste werden nie gefunden.
  • Die Polizei und die Feuerwehr wollen den Fall jedoch nicht aufnehmen.
  • Wo sind die fünf verschwundenen Sodder-Kinder?

Es ist der 24. Dezember 1945. Eine dünne Schneedecke liegt über dem amerikanischen Städtchen Fayetteville, in Virginia. Die meisten Einwohnerinnen und Einwohner haben sich bereits zur Ruhe gelegt. In ein paar Häusern brennt noch ein Licht.

Auch das italienische Einwandererpaar George und Jennie Sodder und ihre zehn Kinder sind in Fayetteville Zuhause. Einer ihrer Söhne ist wegen des Zweiten Weltkrieges in Deutschland stationiert, deshalb verbringen sie diese Weihnachten zu elft. Ihr zweistöckiges Holzhaus haben sie festlich geschmückt.

Die Familie Sodder ist eine angesehene Familie der Mittelschicht in Fayetteville. Die italienische Community ist hier gross. Doch Vater George hat sich dort nicht nur Freunde gemacht. In zu vielen Dingen hat er eine Meinung und scheut sich nicht davor, diese lautstark mitzuteilen. Vor allem seine politischen Ansichten sind in Fayetteville umstritten.

So ist George ein starker Gegner des italienischen Faschistenführers Benito Mussolini. In der italienischen Community hat dieser jedoch viele Anhänger. Das führt immer wieder zu Streit. George erhält deswegen auch immer wieder Drohungen.

Benito Mussolini im Jahr 1940.
Benito Mussolini im Jahr 1940.
Wikipedia

In den USA feiert man Weihnachten traditionell am 25. Dezember. Am Morgen werden im Schlafanzug gemütlich die Geschenke ausgepackt. So auch bei den Sodders.

Die Frau am anderen Ende des Telefons

Weil Heiligabend ist, dürfen die Kinder noch etwas länger spielen. Vater George und die beiden älteren Söhne gehen jedoch bereits gegen 22 Uhr ins Bett. Mutter Jennie sagt den spielenden Kindern noch, dass bevor sie ins Bett gehen, die Hühner füttern und die Haustüre abschliessen müssen. Dann schnappt sie sich die 2-jährige Sylvia und geht ebenfalls ins Bett. Wenige Minuten später schläft Jennie ein.

Im Haus ist es ganz still. Bis um 0:30 Uhr plötzlich das Telefon klingelt und Jeannie aus dem Schlaf reisst. Sie läuft rüber ins Arbeitszimmer ihres Mannes und nimmt den Hörer ab. Im Hintergrund kann sie Stimmen und Gelächter hören, wie auf einer Feier. Dann fragt sie eine Frauenstimme, ob sie eine Person kenne, die Jeannie aber noch nie zuvor gehört hatte. Als Jeannie verneint, beginnt die Frau hysterisch zu lachen. 

Verwirrt und leicht verärgert über die späte Störung, legt Jeannie den Hörer wieder auf.  Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer bemerkt sie, dass die Haustür nicht verriegelt ist und das Licht noch brennt. Ungewöhnlich, da sie die Kinder ja darum bat. Sie schliesst die Tür ab, löscht das Licht und geht zurück ins Bett.

Kaum eingeschlafen, wird sie erneut geweckt. Diesmal durch ein seltsames, rollendes Geräusch auf dem Dach, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Jeannie bleibt aber im Bett, sie ist zu müde. 

Alles steht in Flammen

Etwa eine halbe Stunde später, kurz vor 1:30 Uhr, nimmt sie einen beissenden Geruch war. Es ist Rauch. Sie steht auf, rennt in den Korridor und sieht, dass Rauch aus dem Arbeitszimmer kommt. Also aus dem Zimmer, wo sie eben noch mit Unbekannt telefoniert hatte.

Jeannie rennt zurück ins Schlafzimmer, weckt ihren Ehemann, schnappt sich die Tochter Sylvia und weckt Marion, die älteste Tochter, die unten neben der Haustür auf dem Sofa schläft. Vater George brüllt durchs ganze Haus, um die restlichen Kinder zu wecken.

Doch die Treppe zu den Zimmern steht bereits in Flammen. Nur die beiden älteren Söhne John und George Junior hören ihn und stürmen die brennende Treppe hinunter. Ihre Haare stehen bereits in Flammen.

Der Vater schreit und ruf weiter nach den übrigen Kindern. Doch Maurice, Louis, Martha, Jennie und Betty sind weder zu sehen noch zu hören.

Jede Hilfe kommt zu spät

Der Vater rennt ums Haus und versucht von aussen, doch noch irgendwie ins Haus zu kommen, um seine fünf restlichen Kinder zu retten. Eigentlich steht immer eine Leiter an das Haus angelehnt, diese will er hochklettern. Aber die Leiter, die immer am selben Ort steht, ist plötzlich weg. Also rennt er zu seinen Speditionstrucks, mit dem er tagsüber Kohle ausliefert. Damit will er unter die Fenster des Hauses fahren, aufs Dach steigen und so ins Haus gelangen. Doch beide Trucks springen nicht an.

Mit ein paar gefüllten Eimern versuchen er und seine beiden Söhne das Feuer zu löschen, doch sie haben keine Chance. Währenddessen rennt Tochter Marion zu einem Nachbarn. Sie schreit hysterisch herum, dass ihr Haus brenne und ihre Geschwister noch drin sind. Der Nachbar kontaktiert mit seinem Telefon die Feuerwehr, doch dort nimmt niemand das Telefon ab. 

Auch ein anderer Nachbar bemerkt das Feuer. Da er kein eigenes Telefon besitzt, rennt er zu einer nahegelegenen Kneipe, um von dort aus den Brand zu melden. Doch auch bei ihm nimmt niemand das Telefon bei der Feuerwehr ab. Also macht er sich zu Fuss auf den Weg zum Feuerwehrchef. Er erklärt ihm, dass die Feuerwehr gar keinen Notruf habe, da sie nur eine freiwillige Feuerwehr seien. Wenn man einen Brand melden möchte, muss man einen Feuerwehrmann anrufen. 

Für die Sodders kommt jede Hilfe zu spät. Das Haus brennt innerhalb von 45 Minuten komplett nieder.

Keine Überreste der Kinder

Erst um 8 Uhr morgens, also mehr als sechs Stunden nachdem der Brand von Mutter Jeannie bemerkt wurde, trifft die Feuerwehr bei den Sodders ein. Das, obwohl die Wache nur vier Kilometer von der Familie entfernt ist.

Dort, wo einst das Haus stand, findet die Feuerwehr nur noch einen Berg aus Asche. Und die Sodders mussten zuschauen, wie das ganze Haus mit ihren fünf Kindern niederbrennt.

Die fünf vermissten Sodder-Kinder.
Die fünf vermissten Sodder-Kinder.
X

Die Feuerwehr sorgt dafür, dass das Feuer sich nicht weiter ausbreitet. Danach machen sie sich auf die Suche nach den fünf Kindern. Doch sie finden nichts. Gar nichts. Nicht einmal Überreste der Kinder. Der Feuerwehrchef erklärt kurz und knapp, dass die Kinder wohl samt der Knochen verbrannt wurden. Und als die Polizei kommt, erklärt ein Beamter, dass das Feuer wegen einer fehlerhaften Verkabelung ausgebrochen sei. 

Ein paar Tage später bekommen die Sodders fünf Sterbeurkunden. Die Todesursache: Feuer oder Ersticken. Für die Behörden ist der Fall somit abgeschlossen.

Experimente im Garten

Die Familie ist wie in Trance. Vater George füllt den Keller mit Bauschutt auf, damit eine ebene Fläche entsteht. Wo vorher noch das Haus stand, soll im Frühling eine grüne Fläche mit Blumen angelegt werden. Als Erinnerung an ihre Kinder. Ihr neues Haus wollen sie ein paar Meter nebenan errichten.

Doch die Famile fragt sich immer mehr: Kann es wirklich sein, dass von fünf Körpern wirklich gar nichts übrigbleibt? Nicht einmal die kleinste Spur? Das können und wollen sie nicht hinnehmen. Mutter Jeannie beginnt daraufhin, Experimente durchzuführen. Sie verbrennt Hühnerknochen und Gelenke und Sehnen von Rindern und Schweinekoteletts im Garten. Bei jedem Experiment bleiben die Knochen jedoch übrig. 

Jeannie fragt beim Krematorium nach, wie heiss das Feuer sein muss, bis sogar die Knochen ganz verschwinden. Eine Mitarbeiterin teilt ihr mit, dass ein Leichnam über zwei Stunden bei 1000 Grad brennen muss, sodass auch die Knochen zu Asche werden. Doch das Haus der Sodders hat insgesamt nur 45 Minuten gebrannt. Und: Wie kann es sein, dass Elektrogeräte im Feuer zwar beschädigt waren, doch nicht komplett verbrannt? 

Die fremden Besucher

Auch Vater George zweifelt die Brandursache an. Nur ein paar Monate zuvor liess er doch die Strom- und Telefonleitung überprüfen. Damals wurde ihm mitgeteilt, dass alles in Ordnung sei. Und noch etwas ist merkwürdig: Wäre eine defekte Stromleitung schuld am Brand, würden die Leitungen eine Zeitlang vor sich hinkokeln. Es entsteht giftiger Rauch und es käme zu einem Stromausfall. Doch diesen gab es nicht.

Jeannie und George machen sich immer mehr Gedanken und erinnern sich immer mehr an spezielle Dinge, die vor dem Brand geschahen. Beispielsweise: Warum war die Leiter weg und warum sind die beiden Trucks nicht angesprungen? 

Dann kommt Vater George eine komische Situation in den Sinn. Vor zwei Monaten klopfte ein Fremder an die Haustüre. Der Fremde fragte, ob George Arbeit in der Spedition für ihn hätte. Ohne zu fragen schob er sich an George an der Tür vorbei und ins Haus. Der Fremde ging den Gang hinunter, deutete auf die Sicherheitskästen und sagte: «Das wird eines Tages ein Feuer verursachen», erinnert sich George zurück. Der Fremde verschwand wieder. George wunderte sich zwar darüber, dachte sich aber nichts mehr dabei.

Ein paar Tage später klopfte es wieder an der Haustüre. Dieses Mal will ein Versicherungsberater George eine Lebensversicherung für die ganze Familie andrehen. Als er ablehnt, flippt der Versicherungsberater komplett aus. Er schreit: «Dein gottverdammtes Haus wird in Rauch aufgehen. Deine Kinder werden zerstört. Du wirst für all die schmutzigen Bemerkungen hinstehen müssen, die du über Mussolini gemacht hast.»

Eine Handgranate, die mit Napalm gefüllt ist

Auch die beiden ältesten Sodder-Jungs erinnern sich an etwas Eigenartiges. Die beiden sahen einen Mann, der sein Auto am Strassenstrand parkiert hatte, vor dem Haus der Sodders und die jüngeren Geschwister beobachteten.

Auch ein Zeuge meldet sich bei der Familie. Sie erzählen, dass sie einen Mann mit einem schweren Flaschenzug am Brandort gesehen hatten. Und mit einem solchen schweren Flaschenzug könne man den Motor eines LKWs ausheben. Hat dieser unbekannte Mann etwa die beiden Trucks lahmgelegt? Oder ist das alles nur ein komischer Zufall?

Doch eines ist kein Zufall: Die Telefonleitungen der Sodders wurden in der Brandnacht nicht von dem Feuer zerstört, sondern durchtrennt. Doch von wem?

George und Jeannie Sodder. Im Hintergrund sind Bilder der vermissten Kinder.
George und Jeannie Sodder. Im Hintergrund sind Bilder der vermissten Kinder.
X

Als die Mutter zum Unglücksort zurückkehrt, entdeckt sie ein Objekt aus hartem Kunststoff. Sie hebt es auf. Ihr wird schnell klar, dass sie sowas noch nie gesehen hat. Als sie den Gegenstand George zeigt, ist er davon überzeugt, dass es eine Handgranate ist, die mit Napalm gefüllt ist. Diese Entdeckung würde zumindest die Brandursache erklären und auch, warum der Brand im ersten Stock ausgebrochen ist, dann weiter ins Erdgeschoss ging und das Haus so schnell niederbrannte.

Ein Busfahrer, der sich nur wenige Tage nach dem Brand bei den Sodders meldet, erzählt, wie er gesehen haben, wie Feuerbälle auf das Haus geflogen sind. 

Doch immer noch bleibt die Frage: Wer hat den Brand gelegt und wo sind die Kinder?

Leben die Kinder etwa noch?

Ebenfalls kurz nach dem Brand besucht eine Bekannte die Familie. Sie erzählt, dass sie während dem Brand die fünf Kinder gesehen habe. Sie sollen in einem Auto an ihr vorbeigefahren sein. Dieses Auto hingegen hatte die Bekannte noch nie gesehen, auch nicht, wer am Steuer sass.

Die Sodders sind emotional hingerissen. Kann das wirklich sein, was die Bekannte erzählt? Auch die Polizei erhält einen ähnlichen Hinweis. Eine Frau, die rund 80 Kilometer westlich von Fayetteville ein Restaurant betreibt, ist sich sicher, dass sie die fünf Kinder am 25. Dezember gesehen habe. Sie erzählt den Beamten, dass sie ihnen Frühstück serviert habe. Auf dem Parkplatz stand ein Auto mit einem Nummernschild aus Florida. Doch die Beamten ignorieren diesen Hinweis. Der Fall sei bereits abgeschlossen. 

Doch in der ersten Januarwoche meldet sich wieder eine Frau aus South Carolina bei der Polizei, die die Kinder gesehen haben will. Sie erzählt, dass sie Rezeptionistin in einem Hotel in Charleston ist. Sie habe in der Zeitung das Bild der fünf Kinder gesehen. Sie erzählt, dass um den Jahreswechsel vier der fünf Kinder in dem Hotel, indem sie arbeitet, eingecheckt hätten. Sie waren in Begleitung von zwei Frauen und Männern, die aus Italien stammten.

Sie sagt, die Gruppe übernachtete in einem grossen Zimmer mit mehreren Betten, und dass ihr verboten wurde, mit den Kindern zu sprechen. Am nächsten Tag verliessen sie ganz früh am Morgen das Hotel. Aber: Wo war das fünfte Kind und konnte man auf dem Foto in der Zeitung die Kinder wirklich so gut erkennen?

Polizei weigert sich, den Fall wieder aufzunehmen

Die Sodders gehen daraufhin wieder zur Polizei und fordern, dass der Fall neu aufgenommen wird. Doch diese bleiben bei ihrem Standpunkt: Die Kinder sind tot und der Fall abgeschlossen.

Im Jahr 1947 schreibt Mutter Jeannie schliesslich einen Brief an den damaligen FBI-Direktor J. Edgar Hoover. Sie bittet ihn darum, dass das FBI die Ermittlungen übernimmt. Doch das FBI lehnt ab, stellt aber Unterstützung in Aussicht. Jedoch nur, wenn der Fall von den lokalen Behörden wieder aufgenommen wird. Doch die Polizei und die Feuerwehr lehnen die Hilfe ab.

Vater George hat die Schnauze voll. Wie kann es sein, dass die Polizei in diesem Fall nicht ermittelt? Er beauftragt deshalb einen Privatdetektiv. Dieser findet schon nach kurzer Zeit spannende Dinge heraus. Beispielsweise, dass der Versicherungsberater für die Spurensicherung in Fayetteville arbeitet, die der Forensik unterstellt ist. Also genau jene Behörde, die zum Urteil kam, dass die Ursache ein Kabelbrand gewesen sei und das Feuer nicht gelegt worden war. 

Der Privatdetektiv findet ausserdem heraus, dass der Feuerwehrchef menschliche Überreste gefunden haben soll. Keine Knochen, aber ein Herz. Das soll er in eine Holzkiste gepackt und neben dem Haus vergraben haben.

Der Feuerwehrchef erklärt sich sogar dazu bereit, ihnen zu zeigen, wo er die Schachtel vergraben hat. Diese ist schnell ausgegraben. In der Kiste befindet sich tatsächlich etwas Dunkelrotes, es sieht auch aus wie ein Organ. Die Untersuchung des Gerichtsmediziners zeigt jedoch, dass es sich dabei um eine Rinderleber handelt, die keinen Kontakt mit dem Feuer hatte.

Die Sodders fordern eine Erklärung. Doch der Feuerwehrchef beharrt auf seiner ursprünglichen Geschichte. Irgendwann hört Vater George das Gerücht, dass der Feuerwehrchef anderen Leuten erzählt hatte, dass er das Organ gar nicht in den Trümmern des Hauses gefunden habe, sondern die Rinderleber selbst mitgebracht und vergraben habe. Sein Motiv: Er habe darauf gehofft, dass die Familie dann endlich Ruhe geben würde.

Einen letzten Versuch

Beweise, dass die Kinder im Feuer starben, gab es weiterhin nicht. Und die Sodders sind felsenfest davon überzeugt, dass ihre fünf Kinder noch leben. Als Vater George in einer Zeitung ein Bild von Schulkindern in New York sieht, ist er davon überzeugt, dass eines der Mädchen seine Tochter Betty sei. Er setzt sich ins Auto, fährt nach New York und findet die Eltern des Mädchens. Diese wollen aber nicht, dass er mit ihr spricht oder sie sieht. Also fährt George wieder nach Hause. 

Wo früher das Haus stand, stehen heute Tafeln mit Bildern der vermissten Kinder.
Wo früher das Haus stand, stehen heute Tafeln mit Bildern der vermissten Kinder.
X

Im August 1949 lassen George und Jeannie den Brandunfall professionell untersuchen. Dies ist bisher nämlich nie geschehen. Das Team geht Schuttschicht für Schuttschicht durch. Und tatsächlich: Sie finden menschliche Knochen. Lendenwirbel. Doch es gibt ein grosses Aber. Die Knochen müssen einer Person gehören, die mindestens 16 Jahre alt gewesen sein muss. Damit scheiden die Sodder-Kinder aus. Wieder nichts.

Sechs Jahre später unternehmen die Sodders einen letzten Versuch, ihre Kinder zu finden. Dort, wo früher das Haus stand, stellen sie zwei grosse Tafeln mit Bildern der vermissten Kinder auf. Daneben wird die Geschichte erzählt. Auch Flyer werden verteilt. Doch auch hier liefert niemand einen entscheidenden Hinweis. Die Sodders können nicht mehr.

«Louis Sodder, ich liebe Bruder Franky. Ilil Boys. a90132»

Im Jahr 1968, also über 20 Jahre später, findet Mutter Jeannie ein Couvert in ihrem Briefkasten. Es ist ganz persönlich nur an sie adressiert. Aufgegeben wurde er in Central City in Kentucky. Einen Absender hat es keinen. Sie öffnet den Brief und im Umschlag findet sie ein Foto. Es zeigt einen Mann, der Mitte bis Ende zwanzig sein muss. Auf der Rückseite steht: «Louis Sodder, ich liebe Bruder Franky. Ilil Boys. a90132.» Die letzte Ziffer könnte aber auch eine fünf sein.

Das Bild im Briefkasten.
Das Bild im Briefkasten.
Wikipedia

Mutter Jeannie fällt die Kinnlade runter. Der Mann sieht aus wie ihr Sohn Louis, der damals verschwand. Beide haben den gleichen nach oben gerichteten Schwung an der linken Augenbraue. Auch die Zahlen kommen ihr bekannt vor. Es sind die Postleitzahlen für Palermo, in Sizilien.

Die Sodders heuern daraufhin wieder einen Privatdetektiv an. Dieser fährt nach Kentucky und meldet sich daraufhin nie wieder bei der Familie. Sie können ihn auch nicht mehr ausfindig machen. Ein Jahr später stirbt Vater George mit 74 Jahren. 

Die Erklärungsversuche

Für die Dinge, die in der Brandnacht geschehen sind, gibt es Erklärungsversuche. So sollen die beiden LKW nicht angesprungen sein, weil Vater George zu aufgeregt war, um die damaligen Diesel-Laster vorglühen zu lassen, bevor sie ansprangen. So war das damals nämlich so. Die fehlende Leiter soll von einem Mann geklaut worden sein, wie ein Zeuge berichtet. Später soll sie in einer Böschung gefunden worden sein und der Dieb zu einer Geldstrafe verurteilt. Zum Feuer wird er jedoch nie befragt. Er soll auch die Telefonleitungen damals durchtrennt haben. Auch hier ermittelt die Polizei nicht.

Dann gibt es noch eine weitere Möglichkeit: In dieser sollen die Kinder in der Nähe des Hühnerstalls entführt worden sein. In Fayetteville wurde seit einiger Zeit darüber spekuliert, ob die italienische Mafia die Kinder entführt haben soll. Die einen behaupten, dass sie Lösegeld haben wollten, andere, dass Vater George eingeschüchtert werden sollte. Doch eine Lösegeldforderung wurde nie gestellt. 

Bis heute wird nach den verschwundenen Kindern gesucht. Nach dem Tod von Mutter Jeannie im Jahr 1989 übernimmt die Tochter Sylvie. Doch bis heute gibt es keine heisse Spur von den fünf verschwundenen Sodder-Kindern.