Tragödie in Washington D.C.So haben Trump und Musk die Flug-Sicherung unter Druck gesetzt
Stefan Michel
31.1.2025
Wer ist für die Kollision über Washington D.C. verantwortlich? Ein Pilot, ein Fluglotse? Sicher ist, die Flugverkehrsleitung der USA kämpft seit Jahren mit diversen Problemen.
Die Flugsicherung der USA steckt seit Jahren in der Krise. Trump hat diese mit einem Einstellungsstopp nicht gelindert. Musk hat zudem den Chef der zuständigen Behörde zum Rücktritt gedrängt.
Stefan Michel
31.01.2025, 14:24
31.01.2025, 14:27
Stefan Michel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Ursache der Kollision eines Passagierjets mit einem Militär-Helikopter in Washington D.C. ist noch unklar, doch erste Analysen zeigen, dass der Helikopter sich oberhalb seiner vorgesehenen Flughöhe befand.
Die US-Flugsicherung steht seit Jahren unter Druck, leidet unter Personalmangel und schlechten Arbeitsbedingungen, was laut Flugdaten bereits zu mehreren Beinahe-Crashs geführt hat.
Donald Trump hat als Präsident einen Einstellungsstopp für Fluglotsen verhängt, während Elon Musk Einfluss auf die Luftfahrtbehörde FAA nahm, die aktuell ohne offizielle Leitung dasteht.
Die Ursachen für die Tragödie in Washington D.C. sind noch nicht gefunden. Es werde Wochen oder Monate dauern, bis klar ist, was zur Kollision eines Passagierjets mit einem Militär-Helikopter geführt hat.
Während die Zuständigen im Auftrag des National Transportation Safety Board (Nationaler Verkehrssicherheitssicherheitsrat) ihre Arbeit tun, analysieren Luftfahrt-Experten aufgrund der verfügbaren Informationen, was in dieser verhängnisvollen Minute am Mittwochabend passiert sein könnte.
An einer Medienkonferenz hat der CEO von American Airlines Robert Isom betont, der Anflug der Maschine sei normal und nach Vorschrift verlaufen. Der Militär-Helikopter hingegen habe sich laut «CBS News» ausserhalb der für ihn vorgesehen Zone bewegt – statt maximal auf 200 Fuss (ca. 61 Meter) aufzusteigen, bewegte er sich auf gegen 400 Fuss, als er mit dem Passagierjet kollidierte.
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Gemäss CBS News haben sich aufgrund von Flugsicherheits-Daten der Nasa seit 2005 mindestens neun Beinahe-Zusammenstösse in der Nähe des Ronald Reagan National Airport ereignet. Zwei Piloten erzählen, wie sie die Kollision mit einem Helikopter verhindert hätten.
Warum der Militärpilot doppelt so hoch flog, wie ihm erlaubt ist, dürfte eine der zentralen Fragen der Ermittlungen sein.
Ein anderer offener Punkt ist, welche Rolle die Flugverkehrsleitung in den Minuten vor dem Crash gespielt hat.
Flugsicherung unter prekären Bedingungen
Der Zustand der Flugsicherung ist in den USA seit Jahren ein heiss diskutiertes Thema. Sie sei unterfinanziert, habe zu wenig Personal, die Moral der Angestellten sei am Boden, schreibt die New York Times in einem ausführlichen Bericht 2023. Auch einige der Towers seien in bedenklichem Zustand. Wegen Personalnot würden einige Flugverkehrsleiter*innen sechs Tage die Woche zehn Stunden am Tag arbeiten, führt die NYT an.
Dass einzelne ihren Job betrunken oder unter Marijuana-Einfluss machten oder dabei einschliefen, sind wohl extreme Einzelfälle.
Fakt ist laut verschiedenen Medien, dass die Flugsicherung in den USA seit Jahren am Anschlag läuft; was laut «Politico» zu einer Serie von Beinhahe-Crashs führte, «bis das Glück schliesslich über dem Potomac River aufgebraucht war.»
Die Trump-Administration hat hier ebenfalls nicht zur Entspannung der Situation beigetragen. Das dürfte innert einer Woche auch kaum möglich sein. Einfluss genommen hat sie hingegen.
Trump hat Einstellgungsstopp für Fluglotsen verfügt
Präsident Trump hat noch an seinem ersten Tag einen Einstellungsstopp für Flugverkehrsleitstellen verfügt. Während die Towers ohnehin schon zu wenig Personal hatten, verbot er ihnen, frei gewordene Positionen wieder zu besetzen.
Zwei demokratische Abgeordnete haben ihn deshalb am 22. Januar aufgefordert, diese Anordnung zurückzunehmen, die sie einmal als gefährlich und einmal als lächerlich bezeichnen.
Zwei demokratische Mitglieder des Abgeordnetenhauses fordern Präsident Trump auf, die Verfügung zurückzunehmen, die es der Flugverkehrsleitung verbietet offene Stellen zu besetzen.
House Committee on Transportation and Infrastructure
Ob der Tower des Ronald Reagan National Airport in Washington D.C. ohne die Verfügung des Präsidenten mehr Flugverkehrsleiter*innen im Einsatz gehabt hätte, ist Spekulation. Es darf angesichts der Berichte früherer Jahre sogar bezweifelt werden.
Fluglotse machte zwei Schichten gleichzeitig
Dass mehr Personal nötig gewesen wäre, steht für diverse US-Medien fest. Denn der Flugverkehrsleiter, der mit den Piloten in den Unfallmaschinen in Kontakt war, leistete am Mittwochabend zwei Schichten gleichzeitig – jene für den Helikopter- und jene für den Flugzeugverkehr um den Flughafen. Das sei so üblich ab 21.30 Uhr, wenn die Bewegungen nachlassen.
Aus ungenannten Gründen habe ein Flugverkehrsleiter aber schon vorher beide Jobs übernommen, sodass eine andere Person ihren Dienst habe beenden können, schreibt die «New York Times» und beruft sich dabei auf eine Person, die über die Belegung informiert sei und Einsicht in einen Vorab-Bericht der Federal Aviation Administration FAA (Luftfahrtbehörde der USA) gehabt habe. Kurz vor 21 Uhr kollidierte der Jet mit dem Helikopter.
Trump selber hat kurz nach dem Unglück verlauten lassen, dass sich dieses hätte vermeiden lassen. In der Folge hat er einen Fehler des Heli-Piloten als naheliegend bezeichnet. Zudem habe der Fluglotse sehr spät eine Warnung ausgegeben, wobei er diesen nicht für den Unfall verantwortlich mache.
Am selben Tag hat Präsident Trump zudem Diversitätsprogramme als Ursache für den Unfall bezeichnet. Deshalb seien nicht die fähigsten Personen für den Job ausgewählt worden.
Ein ehemaliger Offizieller der FAA entgegnet, von «ABC News» darauf angesprochen, dass es kein Diversitätsprogramm gegeben habe, das bei der Rekrutierung von Flugverkehrsleiter*innen galt. «Niemand wird aufgrund von Ethnie, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung bevorzugt behandelt.»
Musk im Kleinkrieg gegen US-Luftfahrtbehörde
Eine weitere Personalie rückt durch die Tragödie in Washington D.C. in den Mittelpunkt: Noch vor der Wahl Donald Trumps hat Musk den langjährigen Vorsitzenden der FAA Michael Whitaker zum Rücktritt aufgefordert. Am Tag der Inauguration ist dieser dem Wunsch des Space-X-Besitzers nachgekommen.
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Die Trump Administration hat einen geschäftsführenden Verwalter ernannt, offiziell ist die Führung der FAA vakant. Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, die Luftfahrbehörde habe es während 10 Tagen abgelehnt, die Frage zu beantworten, wer ihre Geschäfte führe.
Musks Rücktrittsforderung rührt daher, dass Whitaker im September 2024 eine Busse über 600'000 Franken gegen Space-X vorgeschlagen hatte, weil das Unternehmen bei zwei Raketenstarts angeblich gegen seine staatliche Lizenz verstossen hatte, wie der «Guardian» schreibt.
Schon 2022 hat Musk behauptet, die FAA schikaniere Space-X und brauche eine radikale Reform. Der «Guardian» stellt in den Raum, dass es dabei auch um die Konkurrenz von Boeing gehe, die ebenfalls Bundesaufträge in der Raumfahrt erhält.
Einen direkten Zusammenhang zum Unglück in Washington D.C. hat Musks Wut auf den ehemaligen FAA-Chef nicht. Die Tatsache, auf die nun viele hinweisen, ist, dass die Luftfahrbehörde in dieser besonders herausfordernden Phase ohne gewählte Führungsperson dastehe.
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Mit der Ermittlung der Unfallursache ist die Transportbehörde National Transportation Safety Board betraut. Doch die FAA ist weiterhin für die Arbeit der Flugverkehrsleiter*innen verantwortlich und damit dafür, dass sich ein Unfall wie jener in Washington D.C. nicht wiederholt.
«Haben die USA weiterhin den sichersten Luftraum der Welt?», fragt eine Journalistin an einer Medienkonferenz zum Flugunfall den neuen Verkehrsminister Sean Duffy. Er antwortet ohne zu zögern: «Ja, absolut.»