Lockerungen verschoben Darum kann die Schweiz noch nicht in Phase 3 übergehen

Von Lukas Meyer

29.7.2021

In der Gastronomie gibt es immer noch gewisse Einschränkungen.
In der Gastronomie gibt es immer noch gewisse Einschränkungen.
KEYSTONE

Der Bundesrat verzichtet vorerst auf weitere Lockerungen und fordert weitere Massnahmen wie etwa eine Testpflicht für ungeimpftes Pflegepersonal. So geht es nun weiter.

Von Lukas Meyer

29.7.2021

Der Bund verzichtet vorerst auf eine weitere Anpassung der Corona-Massnahmen. Das gab Gesundheitsminister Alain Berset gestern Mittwoch via Twitter bekannt. Man habe zwar eine «gute Situation», aber eine «negative Dynamik».

Vorgesehen war ursprünglich, dass die Kantone heute Donnerstag die Vorschläge des Bundesrates für die nächsten Lockerungen erhalten. Berset hat den Gesundheitsdirektor*innen der Kantone (GDK) am Mittwoch aber mitgeteilt, dass momentan keine weiteren Schritte geplant seien.

Warum verzichtet der Bund auf Lockerungen?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt in einer Information an Kantone und Sozialpartner (PDF), dass die Entwicklung der Pandemie weiter beobachtet werden müsse. Vor allem die Ausbreitung der Delta-Variante und die zuletzt steigenden Zahlen von Fällen und Hospitalisationen sind dafür ausschlaggebend. Auch Ferienrückkehrer würden für Unsicherheit sorgen.



Eine Verschärfung der Massnahmen soll es aber auch nicht geben. Die Gesamtsituation sei weiterhin gut, schätzt auch das BAG. Abgesehen vom R-Wert seien die aktuellen Werte sehr weit entfernt von den festgelegten Kriterien für eine Verschärfung. Ausserdem habe sich der Anstieg der Fallzahlen in dieser Woche wieder verlangsamt und über die Hälfte der Erwachsenen sei mittlerweile geimpft.

Was fordert der Bund stattdessen?

Der Bund fordert von den Kantonen, dass diese in Eigenkompetenz Massnahmen ergreifen. Ein Vorschlag ist die Testpflicht für ungeimpfte Pflegende: Wer in Spitälern, Pflegeheimen, Betreuungseinrichtungen und Spitex-Organisationen arbeitet und weder geimpft noch genesen ist, soll zu repetitiven Tests verpflichtet werden.

Auch sollen Besucher von Spitälern, Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen künftig ein Covid-Zertifikat oder einen Test vorweisen müssen. Generell betont das BAG die Bedeutung von Tests als Ergänzung zur Impfung und zu den Schutzkonzepten.

Zudem sollen die Kantone die Impfkampagnen weiter vorantreiben, die Zertifikatspflicht intensiv kontrollieren und nach den Sommerferien die repetitiven Tests an Schulen ausbauen.

Damit sollen in erster Linie jene geschützt werden, die noch keinen Zugang zur Impfung hatten – also vor allem Kinder und Jugendliche –, sowie besonders gefährdete Personen, für die die Krankheit gefährlich ist, so das BAG.

Was halten die Kantone davon?

GDK-Präsident Lukas Engelberger kann das nachvollziehen: «Ich teile die Einschätzung, dass die aktuelle Situation unsicher ist und finde deshalb den Entscheid richtig, vorerst auf weitere Lockerungen zu verzichten», sagte er Radio SRF. Bei der Testpflicht für ungeimpftes Gesundheitspersonal ist er hingegen zurückhaltend. Man solle jetzt nicht den Druck auf einzelne Mitarbeitende erhöhen, sondern beharrlich das Impfangebot in Erinnerung rufen.

Wie sind die Reaktionen aus der Politik?

Die Reaktionen aus der Politik sind geteilt. Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel und GLP-Nationalrat Martin Bäumle zeigen Verständnis, wie «20 Minuten» berichtet. «Wir sind in einer heiklen Phase», findet Humbel. Die Impfrate sei noch zu tief, und man wisse nicht, wie diese sich entwickle.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi dagegen ist enttäuscht, wie er der Pendlerzeitung mitteilt: Die Partei habe stets die Aufhebung der Restriktionen ab dem Zeitpunkt gefordert, an dem Ältere und Risikopatienten geimpft seien. Das sei nun wohl der Fall, und nur wenige würden sich trotz Impfung infizieren, die Verläufe seien dabei meist mild. Er fordert, dass die geltenden Massnahmen aufgehoben werden und das Land in Phase drei gehe.

Wie geht es nun weiter?

Momentan sind wir in Phase 2 des Drei-Phasen-Modells, in der sogenannten Stabilisierungsphase. Die sollte gemäss dem Plan des Bundesrates bis Ende Juli dauern. Wenn alle Erwachsenen geimpft sind, die das wollen, sollte diese beendet sein und die Massnahmen schrittweise ganz aufgehoben werden. Bisher sind 47,4 Prozent vollständig und 6,4 Prozent einfach geimpft, im 7-Tage-Schnitt werden immer noch rund 35'000 Dosen pro Tag verimpft.

In der dritten, der Normalisierungsphase, sind nur noch Massnahmen vorgesehen, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht. Und selbst dann sollen diese nur noch jene Menschen treffen, die über kein gültiges Covid-Zertifikat verfügen.

Der Bundesrat will nach den Ferien an seiner nächsten Sitzung vom 11. August eine weitere Beurteilung der Lage vornehmen. 

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