Schweiz verweigert Munition «Wofür braucht man neutrale Panzer? Für den Karneval?»

tafi

25.4.2022

Der Bund verbietet Deutschland, Schweizer Munition in die Ukraine zu liefern. Das sorgt im Nachbarland für fassungsloses Kopfschütteln. Kritisiert wird aber nicht nur die Schweiz.

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Nach langem Hin und Her will Deutschland nun doch Schützenpanzer vom Typ Marder in die Ukraine liefern. Eigentlich. Denn es gibt da ein Problem. Die Munition wird in Zürich-Oerlikon produziert, von einer Tochterfirma des deutschen Marder-Herstellers Rheinmetall.

Die Schweiz verweigert nun die Genehmigung für die Weitergabe der Munition an die Ukraine, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) begründete den Entscheid mit Verweis auf die Schweizer Neutralität und «die zwingenden Ablehnungskriterien der Kriegsmaterialgesetzgebung».

Die Ausfuhrverweigerung sorgt in der Schweiz für Kritik und in Deutschland für Kopfschütteln. Während Gerhard Pfister, Präsident der Mitte-Partei, dem Bundesrat «unterlassene Hilfeleistung» vorwirft, greift auch nahezu jedes deutsche Medium die Nachricht auf.

Medien urteilen hart

Der Tenor der Berichterstattung ist wenig schmeichelhaft, für die Schweiz nicht, aber auch nicht für Deutschland. Die Schweiz «verbietet» oder «blockiert» deutsche Munitionslieferungen, heisst es da, oder es ist die Rede von «bizarren» Gründen, aus denen die Marder quasi zahnlos dastehen.

Die deutsche Politik ist in der Causa zurückhaltend. Nachfragen von blue News blieben unbeantwortet. Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages wollten die Schweizer Weigerung, Munition für den Schützenpanzer Marder in die Ukraine liefern zu dürfen, offiziell beurteilen. 

Das deutsche Wirtschaftsministerium beschied knapp, sich aus Gründen der Vertraulichkeit grundsätzlich nicht zu anhängigen Antrags-, Genehmigungs- und Lieferverfahren zu äussern, «auch nicht dazu, welche Länder daran beteiligt sind.» Grundsätzlich gelte bei den Ukraine-Fällen, «dass wir hier unverzüglich und konstruktiv handeln: Sobald konkrete Anträge vorliegen, leiten wir alle notwendigen Schritte ein», teilte Mediensprecher Robert Säverin mit.

Deutsche Marder-Schützenpanzer könnten der Ukraine helfen, allerdings nicht ohne Schweizer Munition.
Deutsche Marder-Schützenpanzer könnten der Ukraine helfen, allerdings nicht ohne Schweizer Munition.
Philipp Schulze/dpa

Ironie und Fassungslosigkeit

In den sozialen Netzwerken hingegen schlägt das Thema hohe Wellen. Die Kritik an der Schweizer Haltung ist dabei vor allem eine Kritik an der deutschen Blauäugigkeit – und wird gern in Ironie verpackt.

Was würde passieren, wenn Deutschland gezwungen wäre, in den Krieg einzutreten? Woher käme die Munition? Aus der Politik kommt keine Antwort. Wenn sich die User diese naheliegende Frage stellen, tönt es bisweilen recht fassungslos.

Wieso die Munition für deutsche Schützenpanzer überhaupt in einem Land hergestellt wird, das mit seiner Neutralität und einem scharfen Waffenexportrecht ziemlich strenge Vorgaben für den Einsatz machen kann? Hersteller Rheinmetall liess die Frage unbeantwortet. Für einen User ist aber zumindest klar, wozu munitionslose Panzer geeignet wären.

Nicht zuletzt sorgt sich so manch einer auch darum, wie Neutralität, Rüstungsindustrie und Gewinnstreben in Zukunft zusammenpassen.