EnergiegesetzMehr Strom? «Keiner dieser Schritte ist die Lösung, aber ...»
phi
3.2.2022
Wie will Simonetta Sommaruga die Energiestrategie 2050 umsetzen? Die Bundesrätin hat Eckpunkte ihrer Vorschläge vorgestellt, die in die Vernehmlassung gehen.
phi
03.02.2022, 08:23
03.02.2022, 11:03
phi
Wind- und Wasserkraftanlagen, die für die Stromversorgung der Schweiz höchste Bedeutung haben, sollen künftig schneller geplant und bewilligt werden. Der Bundesrat hat dazu Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung gegeben.
Orientierungspunkt für den Bundesrat sind die vom Volk an der Urne gutgeheissene Energiestrategie 2050 und die sichere Stromversorgung. Damit die Ziele erreicht werden können, will er die Planungs- und Bewilligungsverfahren für die für die Versorgung «bedeutendsten» Anlagen für Wasser- und Windkraft vereinfachen und straffen.
Die Bewilligungsverfahren dauerten heute oft viel zu lange, manchmal bis zu 20 Jahre, sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga heute vor den Medien in Bern. Grund seien die aufgeteilten Verfahren.
Dadurch könnten Gegner jede Bewilligung einzeln anfechten und dabei bis vor Bundesgericht gehen. «Das kostet viel Zeit.» Lange Verfahren schreckten Unternehmen ab und bewögen sie, im Ausland zu investieren. Davon habe die Schweiz «herzlich wenig».
Keine Abstriche bei Natur- und Denkmalschutz
Der Bundesrat will die Verfahren für die für die einheimische Stromproduktion «bedeutendsten» Anlagen schneller machen, und das ohne Abstriche beim Natur-, Umwelt- und Denkmalschutz. Der Bundesrat schlägt dazu ein Konzept mit den Standorten für solche Anlagen vor, das dann Vorgabe für die kantonale Richtplanung wird.
Zur Bewilligung dieser Anlagen soll auf kantonaler Ebene ein konzentriertes kantonales Plangenehmigungsverfahren eingeführt werden. Dieses soll neben der Baubewilligung auch alle anderen Bewilligungen umfassen, etwa jene zum Roden, gewässerschutzrechtliche Bewilligungen und das Enteignungsrecht.
Dies soll laut Bundesrat verhindern, dass ein Projekt in Etappen aufgeteilt wird und in jeder Etappe bis vor Bundesgericht angefochten werden kann. Neu soll es nur noch einen Rechtsmittelzug geben, der alle Rechtsfragen klärt. Der Bundesrat verspricht sich davon eine «wesentliche Beschleunigung» der Verfahren.
Steuerabzug für Solarpanels
Auch mit dem Ausbau der Solarenergie soll es nach dem Willen des Bundesrates schneller vorangehen. Im Auge hat er Dächer und Hausfassaden. Damit dort häufiger Solarzellen platziert werden, sollen Investitionen in Photovoltaikanlagen nicht nur wie heute bei Sanierungen, sondern neu auch bei Neubauten von den Steuern abgezogen werden können.
Gemäss bundesrätlichen Zielen soll Photovoltaik ab 2035 mindestens 14 Terawattstunden (TWh) Elektrizität im Jahr liefern. Das wäre über 20 Prozent des heutigen Stromverbrauchs und das Fünffache der derzeitigen Produktion mit Photovoltaik. Um das Ziel zu erreichen, müssen jedes Jahr mindestens 730 Megawatt (MW) zugebaut werden. 2020 wurden aber lediglich 457 MW zugebaut.
Auf eine Pflicht für Hauseigentümer, an ihren Neubauten Solarpanels anzubringen, verzichtet der Bundesrat zwar. Vom Tisch ist das Thema aber nicht, denn es steht in der Vernehmlassung zur Diskussion. Eine Motion für eine «Solarpflicht» für Neubauten hat der Nationalrat angenommen, der Ständerat hat noch zu entscheiden.
Zudem soll die Bewilligung von Solaranlagen an Fassaden vereinfacht werden. Neu soll ein Meldeverfahren genügen - so wie es bei Dächern in vielen Fällen schon gehandhabt wird. Den Kantonen will es der Bundesrat allerdings ermöglichen, in Schutzgebieten weiterhin eine Bewilligungspflicht vorzusehen.
Weitere Vorhaben
Die vom Bundesrat bis zum 23. Mai in die Vernehmlassung gegebenen Änderungen im Energiegesetz gehören zu einer Reihe von Vorhaben für die sichere Stromversorgung und Klimapolitik.
Eine Vorlage zur sicheren Stromversorgung mit erneuerbaren Energien hat die Regierung dem Parlament im Juni zugestellt. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikaton (Uvek) bereitet eine Verordnung vor, um die Wasserkraftreserve vorzuziehen. Am «Runden Tisch Wasserkraft» bezeichneten die Akteure der Wasserkraft im Dezember 15 Projekte für den Ausbau der Speicherwasserkraft.
Nach dem Volksnein zum revidierten CO2-Gesetz im Juni 2021 verabschiedete der Bundesrat im Dezember eine neue Vorlage, die den Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 gegenüber 1990 halbieren soll. Die Ende Januar verabschiedete Langfrist-Klimastrategie des Bundesrates soll zum 2019 gesetzten Netto-Null-Ziel für 2050 führen.
Das Protokoll der heutigen Medienkonferenz :
Liveticker
Neue Beiträge
Liveticker beendet
8.57 Uhr
Ende der Medienkonferenz
Wir danken für die geschätzte Aufmerksamkeit.
8.56 Uhr
Gaskraftwerke schon beschlossen?
Es sollen Grundlagen dafür erarbeitet werden, die Entscheide treffe aber der Bundesrat.
8.55 Uhr
Stichwort Justiz
Wieso erwartet Sommaruga Arbeit für die Gerichte? Das beschleunigte Verfahren gelte nur für Grossprojekte, die «für die Versorgungssicherheit unseres Landes von Bedeutung sind», so Sommaruga. Sie hofft, Gerichte rechnen, dass bei planerischen Entscheiden mit ein und zurückhaltend agiert – auch wenn die Justiz natürlich unabhängig sei.
8.52 Uhr
Was ist mit Natur und Landschaft?
Was ist mit dem Natur- und Landschaftsschutz mit Blick auf die Erneuerbaren? Sommaruga bringt Ausgleichsflächen ins Spiel. «Versorgungssicherheit auf Kosten der Biodiversität» wolle sie jedoch nicht. Dafür aber eine «Verschiebung der Gewichte bei der Interessenabwägung». Sie plädiert dafür, das konzentrierte Verfahren anzunehmen, anstatt «sich zu verzetteln».
8.50 Uhr
Was ist mit Gaskraftwerken?
Was ist mit Gaskraftwerken und der Winterreserve der Wasserkraft, die zuvor in einem Interview angesprochen worden sind? «Wir machen eins nach dem anderen», sagt Sommaruga. Das dazugehörige Konzept werde demnächst im Bundesrat diskutiert. Nicht zuletzt habe die angespannte Lage auf dem aktuellen Strommarkt dazu geführt, dass weitere Massnahmen angedacht werden mussten.
8.48 Uhr
Fragen der Journalisten
Grossanlagen stehen in Gemeinden, doch die Rechte der Gemeinden sollen eingeschränkt werden. Ist das nicht ein Problem? Sommargua antwortet, der Bund würde natürlich mit den Kantonen und Kreisen sprechen – sie seien beim Runden Tisch eingeschlossen und hätten ein Mitspracherecht. «Es ist wichtig, dass die Zusammenarbeit funktioniert.» Ein konzentriertes Verfahren habe nun mal Auswirkungen, ergänzt sie noch.
8.45 Uhr
«Keiner dieser Schritte ist die Lösung». Aber ...
«Mir ist bewusst: Keiner dieser Schritte ist die Lösung», sagt Sommaruga. Doch zusammen würden sie weiterhelfen. «Die Bevölkerung erwartet Lösungen von der Politik.» Die Bundesrätin wünscht sich eine Aufbruchsstimmung in der Branche.
8.40 Uhr
Photovoltaik im Fokus
Im Bereich der Photovoltaik will Sommaruga «Hürden abbauen» und «Anreize schaffen». Bei der Installation soll keine Bewilligung mehr beim Einbau bei Neubauten in Häusern benötigt werden und Investitionen steuerlich abgezogen werden können. 15 Projekte beschäftigen sich mit dem Ausbau der Wasserkraft.
8.35 Uhr
Strafferes Verfahren
Das Stromversorgungsgesetz soll «gerade im Winter» die Stromlücke schliessen, sagt Simonetta Sommaruga. Die Bewilligungsverfahren dauerten «oft zu lange». Bisher mussten Projekte Nutzungsplan, Baubewilligung, Gewässer- und Forstschutz beachten und jeweils Anträge stellen – auf die viermal Einspruch eingereicht werden kann. Das Verfahren soll in eines gebündelt werden, auf das auch Widerspruch möglich sein soll. Doch so würden die Verfahren nicht mehr «mehr als 20 Jahre dauern».
Um die Versorgung der Schweiz sicherzustellen, soll das Energiegesetz verändert werden. Es geht um den Ausbau erneuerbarer Energien, eine bessere Energieeffizienz und die Unterstützung von Betreibern. Auch der Ausstieg aus der Kernenergie dürfte Thema sein. Die Medienkonferenz hier live ab 8.30 Uhr.