Experten zur Corona-Lage «Situation auf Intensivstationen bleibt besorgniserregend»

lmy/uri/SDA

14.9.2021

Impfempfehlung für Schwangere ab der 12. Woche

Impfempfehlung für Schwangere ab der 12. Woche

Das Bundesamt für Gesundheit und die Eidgenössische Kommission für Impffragen empfehlen die Impfung für schwangere Frauen ab der 12. Schwangerschaftswoche. «Der Nutzen der Impfung in der Schwangerschaft überwiegt mögliche Risiken deutlich und klar», so der Präsident der Eidgenössische Kommission für Impffragen Christoph Berger. Patrick Mathys informierte an der Medienkonferenz vom Dienstagnachmittag, dass die Impfgeschwindigkeit wieder zugenommen habe: «Pro Tag werden wieder 27'000 Impfungen verabreicht.»

14.09.2021

Das Infektionsgeschehen hat sich beruhigt, aber die Situation in den Spitälern ist weiterhin «sehr angespannt», sagen die Experten von Bund und Kantonen. Sie empfehlen die Impfung neu auch für Schwangere.

lmy/uri/SDA

Der Bund empfiehlt Schwangeren ab der zwölften Woche, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Vorteile überwiegen gemäss den BAG-Experten die Risiken einer Erkrankung bei weitem. Die Impfempfehlung gilt auch für Stillende, wie Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) sagte. Zudem sollten sich auch Frauen, die eine Schwangerschaft planen, impfen lassen.

Eine steigende Anzahl von Daten zeige, dass die Vorteile der Impfung für Schwangere die Risiken einer Erkrankung überwiegen würden, begründete Berger den Entscheid. Schwangere haben seinen Angaben zufolge ein erhöhtes Risiko, mit einer Covid-19-Erkrankung im Spital und sogar auf der Intensivstation zu landen. Auch bestehe die Gefahr einer Fehlgeburt.

Dass die Impfempfehlung ab der zwölften Schwangerschaftswoche gilt, begründete Berger mit der Unreife des Embryos. Es gebe bis zu diesem Zeitpunkt ungeachtet einer Impfung oder nicht noch viele Fehlbildungen und Aborte. Man wolle keine Koinzidenz schaffen.

Keine Auffrischungsimpfung

Eine Auffrischungsimpfung gibt es in der Schweiz mit Ausnahmen vorerst nicht, wie Berger weiter erklärte. Der Impfschutz reiche gegen einen schweren Krankheitsverlauf. Die Antikörper in den Schleimhäuten würden zwar im zeitlichen Verlauf abnehmen. Eine leichtere Infektion sei so möglich.

In den tieferen Körperzellen wie etwa in der Lunge wehre das Immungedächtnis Coronaviren aber weiterhin ab und verhindere schwere Infektionen. Wenn die Impfung nicht mehr ausreichend wirken würde, könnte man immer noch mit einer dritten Dosis reagieren.

Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS), erklärte, die Kontaktverfolgung der Kantone stosse derzeit an ihre Grenzen. Die Lage sei noch nicht unter Kontrolle.

Zur Situation in den Schulen sagte Hauri, dass auch dort nicht jede Ansteckung verhindert werden könne. «Ziel ist es, eine zügellose Virusverbreitung zu verhindern.» Dazu dienten etwa repetitive Reihentests, die Maskentragpflicht und regelmässiges Lüften.

Höhere Durchimpfung nötig

Bevor die Schweiz über eine Aufhebung der Corona-Schutzmassnahmen wie in Dänemark überhaupt reden kann, muss die Durchimpfungsrate steigen, sagte Patrick Mathys, der Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Insbesondere Jüngere müssten sich nun impfen lassen.

Sie hätten lange verzichten und auf eine Impfung – auf ihren Schutz - warten müssten. Jetzt könnten und sollten sie sich impfen lassen. Unter den Jungen kursiere das Virus derzeit stark.Aktuell sind nach BAG-Angaben 27 Prozent der 12- bis 19-Jährigen vollständig geimpft, 40,6 Prozent einmal. Bei den jungen Erwachsenen von 20 bis 29 sind 46 Prozent voll geimpft, 56 Prozent einmal.

Verhandlungen für Vektorimpfstoff

Der Bund intensiviert seine Verhandlungen für den Kauf des Vektorimpfstoffs des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson. Er soll bei Personen eingesetzt werden, die aus medizinischen Gründen nicht mit den bisher verabreichten mRNA-Impfstoffen geimpft werden können.

Das BAG bestätigte die Verhandlungen, nachdem der «Blick» über einen Kauf berichtet hatte. Das Heilmittelinstitut Swissmedic liess die Impfung im März zu. Sie wurde mangels Vertrag aber nicht verabreicht.

Angespannte Lage

Die epidemiologische Situation bleibt gemäss dem BAG «bis zu einem gewissen Grad besorgniserregend». Weiterhin «sehr angespannt» ist die Lage auf den Intensivstationen.

Am meisten von neuen Corona-Ansteckungen betroffen sind die 0- bis 39-Jährigen. Sie machen demnach rund drei Viertel der Ansteckungen aus. Insbesondere bei den 0- bis 9-Jährigen zirkuliert derzeit das Virus.

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  • 14.58 Uhr

    Impfdosen laufen ab – und die Medienkonferenz ist beendet

    Einige Impfdosen laufen bald ab, sagt Rudolf Hauri auf eine Frage. Das habe man in der Planung berücksichtigt und in den Abläufen der Verimpfung einberechnet.

    Und damit ist die Medienkonferenz schon vorbei. Wir bedanken uns für die Aufmerksamkeit und schliessen unseren Ticker hier ab.

  • 14.55 Uhr 

    Wie wird die Booster-Impfung aussehen?

    Berger sagt, wenn es schnell gehen müsse, dann sei der Impfstoff derselbe, der bereits jetzt verwendet werde. Bei mehr Zeit gebe es dann aber womöglich auf Varianten angepassten Impfstoff.

  • 14.54 Uhr

    Zeithorizont für Auffrischung schwierig abzuschätzen

    Anfang 2022 sind die Impfungen bei einigen Leuten schon ein Jahr alt – was ist der Zeithorizont für eine dritte Impfung? Man schaue die Daten weiter genau an um herauszufinden, wer eine Auffrischung brauche und wann. Christoph Berger betont, man sei sehr gut vorbereitet und könne schnell entscheiden, wann es das brauche. In den nächsten zwei Monaten werde das kaum der Fall sein, aber es sei schwierig zu sagen. Wichtig sei zunächst, mit der Durchimpfung weiter zu kommen.

  • 14.50 Uhr

    Risiko einer Herzmuskelentzündung durch eine Impfung?

    Eine Journalistin verweist auf Untersuchungen, wonach Buben zwischen 12 und 15 eine höhere Wahrscheinlichkeit hätten, nach einer Impfung an einer Herzmuskelentzündung zu erkranken, als mit Covid im Spital zu landen.

    Berger sagt, diese Beobachtung habe man generell bei jungen Männern bis 30 Jahre gemacht. Die Herzmuskelentzündung sei alles andere als «lustig», aber sie sei lange nicht so schwer, wie jene, die man nach einer Covid-Erkrankung bekommen könne. Man sei sich einig, dass auch hier die Nutzen der Impfung die Risiken überwiegen würden.

  • 14.47 Uhr

    Impfung zu Beginn der Schwangerschaft möglich

    Ist eine Impfung zu Beginn der Schwangerschaft ein Risiko? Christoph Berger sagt, dass man keine Bedenken habe, dass aber in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen viele Fehlbildungen und Aborte haben. Man wolle keine Koinzidenz mit der Corona-Impfung haben, damit kein falscher Eindruck entstehe. Wenn Frauen gerne schon vor der 12. Woche eine Impfung haben wolle, könne sie das machen.

  • 14.44 Uhr

    Ist die Impfkampagne für Jugendliche nicht provokativ?

    Mathys sagt auf die Frage eines Journalisten, ob die Videos für Jugendliche mit den dortigen Spässen nicht einer Provokation gleichkämen, das sei keinesfalls so gedacht. Man wolle mit «einem Augenzwinkern eine ernste Botschaft kommunizieren». Und zwar an diejenigen, die womöglich Angst vor einer Impfung hätten.

  • 14.43 Uhr

    Von Normalität weit entfernt

    Um in eine Normalität zu kommen, müsste die Impfquote nochmals deutlich steigen. Von einer Lage wie etwa in Dänemark sei man noch weit entfernt, so Mathys. Die Aufhebung der Zertifikatspflicht werde man sicher nicht an einer Durchimpfung festmachen, sondern an der epidemiologischen Lage und der Situation in den Spitälern.

  • 14.40 Uhr 

    Wer soll eine dritte Impfdosis bekommen?

    Berger sagt, es gebe in der Schweiz weiterhin keine generelle Empfehlungen für eine dritte Impfdosis. Lediglich eine kleine Gruppe von besonders gefährdeten alten und kranken Personen werde ein drittes Mal geimpft.

  • 14.39 Uhr

    Daten reichen erst jetzt

    Schwangere Frauen konnten sich nach Absprache mit ihrem Frauenarzt schon vorher impfen lassen, sagt Christoph Berger. Die Daten reichten aber erst jetzt für eine generelle Empfehlung.

  • 14.35 Uhr

    Die Fragerunde beginnt

    Ein Journalist will wissen, ob es korrekt sei, dass der Bund Impfstoff von Johnson & Johnson gekauft hat?

    Mathys sagt, der Bund sei mit dem Pharmaunternehmen Johnson & Johnson wieder in Verhandlungen. Es sei aber noch kein Vertrag unterschrieben worden. Der Impfstoff sei wichtig für jene, die allergische Reaktionen gegen mRNA-Impfstoffe zeigen würden. MAn werde informieren, wenn ein Vertrag geschlossen sei. 

  • 14.36 Uhr

    Noch mehr zur Impfung ermuntern

    In den Kantonen werde alles unternommen, um noch mehr zu einer Impfung zu ermuntern. Darunter sind die Verbreitung von sachlichen Informationen, Impfbusse, Impfaufrufe durch Verbände, Zusammenarbeit mit Vertretern von Gemeinschaften oder Walk-ins. Die Logistik funktioniere und die Kapazitäten seien da, ebenso sei genug Impfstoff vorhanden.

  • 14.29 Uhr

    Contact Tracing kommt an Grenzen

    «Die Pandemie ist im Sommer nicht verschwunden», betont Rudolf Hauri. Das Niveau der Ansteckungen sei höher als im vergangenen Sommer, aber trotzdem konnten dank der Impfung die Massnahmen weiter gelockert werden.

    Nun könne die epidemiologische Lage weiterhin nicht als unter Kontrolle gelten. Das wieder ausgebaute Contact Tracing komme an seine Grenzen. 

  • 14.23 Uhr

    Auffrischung noch nicht nötig

    Zur Auffrisch-Impfung sagt Berger, dass diese das Ziel habe, das Immunsystem zu erinnern und den Impfschutz gegen schwere Erkrankungen aufrechtzuerhalten. Man müsse also wissen, bei wem das nicht mehr gegeben sei.

    Die heutigen wissenschaftlichen Daten geben keinen Aufschluss darauf, dass bestimmte Gruppen schon eine Auffrisch-Impfung benötigen. Eine Zulassung dafür sei weder von Swissmedic noch von einer europäischen Behörde erteilt worden.

  • 14.16 Uhr

    Impf-Empfehlung für Schwangere

    Christoph Berger von der Impfkommission sagt, dass der Gruppe der Jugendlichen ab 12 Jahren eine grosse Bedeutung zukomme. Ein Viertel der 12- bis 15-Jährigen und die Hälfte der 16- bis 19-Jährigen habe bereits eine Impfung erhalten.

    Neu wird die Impfung auch allen Frauen empfohlen, die ab der 12. Woche schwanger sind oder stillen. Der Nutzen überwiege auch in diesen Gruppen die Risiken bei weitem. Zudem hätten Schwangere ein grösseres Risiko für einen kritischen Krankheitsverlauf bei einer Ansteckung.

  • 14.12 Uhr

    Kampagne für Junge

    Mathys verweist zum Schluss auf die am Morgen vorgestellte Kampagne, mit der Junge zum Impfen bewegt werden sollen. Die Videos laufen ausschliesslich auf Plattformen und Social-Media-Kanälen, auf der sich die Zielgruppe bewegt, und ist Teil einer breiten Kampagne. «Weitere Massnahmen werden in den nächsten Wochen folgen», schliesst Mathys.

  • 14.10 Uhr

    Noch eine Welle droht

    Das Risiko einer weiteren Infektionswelle sei da, gerade im Hinblick auf die kältere Jahreszeit.

  • 14.09 Uhr

    Impfquote deutlich erhöhen

    Die Impfgeschwindigkeit hat wieder zugenommen, sagt Mathys weiter. Rund 53 Prozent der Schweizer sei vollständig und 60 Prozent einmal geimpft. Der Schutz der Impfung sei hoch, und mit einer hohen Impfquote könne man weiter den Weg der Normalisierung beschreiten. Wenn man über weitere Lockerungen wie etwa in Dänemark diskutieren wolle, müsse man die Impfquote deutlich erhöhen.

  • 14.06 Uhr

    Situation auf Intensivstationen «sehr angespannt»

    Die Situation auf den Intensivstationen sei weiterhin sehr angespannt, seit einigen Wochen liege die Auslastung bei etwa 80 Prozent. Die Todesfälle bleiben mit 5 bis 10 pro Tag auf einem tiefen Niveau.

  • 14.04 Uhr

    Vor allem Junge betroffen

    «Das Virus zirkuliert in der mobilen Bevölkerung am stärksten», sagt Mathys weiter. Den Abwärtstrend bei den Spitaleinweisungen müsse man beobachten. Dass dies trotz gleichbleibender Fallzahlen so sei, könne man wohl darauf zurückführen, dass vor allem Junge betroffen seien. Am stärksten betroffen von Spitaleinweisungen ist momentan die Gruppe der 40- bis 59-Jährigen.

  • 14.02 Uhr

    Die Medienkonferenz beginnt

    Patrick Mathys vom BAG eröffnet die Medienkonferenz mit einem Überblick über die aktuelle Lage. Das epidemische Geschehen sei weiterhin mit vielen Unwägbarkeiten verbunden und eine Prognose schwierig.

    «Das Infektionsgeschehen hat sich etwas beruhigt», so Mathys. Die Spitaleinweisungen seien rückläufig, auf Intensivstationen habe man aber nach wie vor eine hohe Belegung – «die Situation muss als sehr angespannt eingestuft werden».

Ausgangslage

Die Fallzahlen in der Schweiz sind in den letzten Tagen zurückgegangen – heute hat das Bundesamt für Gesundheit 1992 neue Ansteckungen gemeldet. Doch die Spitäler sind weiterhin stark ausgelastet. Mit der seit gestern geltenden Ausweitung der Zertifikatspflicht soll Druck von diesen genommen werden.

Am Morgen hat das BAG zudem eine neue Kampagne vorgestellt, mit der Jugendliche und junge Erwachsene zum Impfen bewegt werden sollen. Diese wird in den sozialen Medien ausgespielt.

Auch der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri wird an der Medienkonferenz teilnehmen.
Auch der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri wird an der Medienkonferenz teilnehmen.
KEYSTONE

An der Medienkonferenz nehmen teil:

  • Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit (BAG)
  • Mike Schüpbach, Stv. Sektionsleiter Rechtsbereich 2, Bundesamt für Gesundheit (BAG)
  • Christoph Berger, Präsident, Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF)
  • Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS)