Ein Superpuma der Schweizer Armee fliegt Wasser auf die Alp
Wegen der Trockenheit fehlt es auf der Alp Steinmeisen oberhalb von Sachseln OW an Wasser. Ein Superpuma der Schweizer Armee liefert Wasser aus dem Alpnachersee. Feuerwehrleute der Feuerwehr Sachseln bauten neben dem Hof einen grossen Pool, in den das Wasser aus dem Sack geleert wird. Das Wasser wird mit Schleuchen in einen Tank geleitet.
02.08.2022
Extreme Hitze und trockene Böden machen den Bäuerinnen und Bauern in der Schweiz die Arbeit schwer. Um die Ernten zu retten, braucht es vor allem Wasser. Doch das wird in einigen Kantonen bereits knapp.
Es ist heiss. Und trocken. Darunter leiden nicht nur die Menschen, sondern auch Pflanzen und Tiere. Die Schweizer Bäuerinnen und Bauern sind darum besonders gefordert. Anfänglich sei die Trockenheit noch von Vorteil gewesen, erklärt Sandra Helfenstein vom Bauernverband auf Anfrage, für die Ernte von Getreide und Raps zum Beispiel sei sie ideal gewesen. Nun sind diese beiden Kulturen aber abgeerntet, der Regen bleibt aus. «Je länger, desto mehr beginnen die verbleibenden Kulturen aufgrund des Wassermangels zu leiden», so ihre Einschätzung.
Besonders die «feineren» Kulturen würden die aktuellen Bedingungen schlecht vertragen, erklärt Christian Sohm, Direktor von Swisscofel, Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels. «Die Salate verbraten fast», aber auch andere wasserintensivere Kulturen wie Tomaten und Gurken würden weniger schnell wachsen.
Doch nicht nur die feinsten leiden: Gemäss Helfenstein vom Bauernverband setzt die Trockenheit auch den resistenteren Pflanzen wie Mais, Zuckerrüben und den eigentlich sehr toleranten Reben zu.
Weil es am Regen mangelt, müssen die Bauern mehr bewässern. Doch in einigen Kantonen sind die Wasserressourcen eingeschränkt. Wegen der tiefen Pegelstände haben erste Kantone verboten, Wasser aus Oberflächengewässern zu beziehen. Wer nicht mit Reservoiren vorgesorgt oder kein Zugang zum Grundwasser hat, muss auf Trinkwasser umsteigen – das ist teurer. Das könnte auch Auswirkungen auf die Preise haben.
«Die Situation scheint im ersten Moment schlimmer, als sie ist», beschwichtigt jedoch Markus Waber, stellvertretender Direktor des Verbands der Schweizer Gemüseproduzenten, auf Anfrage.
Aktuell sei die Marktversorgung mit Schweizer Gemüse gut. Er glaube kaum, dass die Konsument*innen etwas am Verkaufspunkt merken würden. Sohm fügt an, dass höchstens die Haltbarkeit der Produkte geringfügig beeinträchtigt sein könnte, «ein Kopfsalat können Sie momentan wohl nicht mehr drei Tage im Kühlschrank lagern», dies, weil die Pflanzen durch die Hitze gestresster seien. Die gute Versorgungslage relativiert er: Momentan weilten viele Schweizer*innen in den Ferien. «Sobald sie zurückkehren, könnten wir wieder vermehrt auf Importe angewiesen sein.»
Bauern müssen Wintervorräte anzapfen
Doch wie sieht es bei den Tieren aus? Einerseits leiden die Tiere selbst unter der Hitze. Besonders stark seien die Kühe betroffen, schreibt Helfenstein vom Bauernverband. Deshalb würden diese an heissen Tagen in der Nacht auf die Weide geschickt werden und den Tag im Stall verbringen. Ventilatoren oder teilweise auch Wasserzerstäubern würden dort zusätzlich für ein angenehmeres Klima sorgen. Mit diesen Massnahmen könnten auch grössere Einbussen bei der Qualität von Milch und Fleisch verhindert werden.
Nicht nur an Wasser, sondern auch an Futter mangelt es in der Westschweiz und im Jurabogen, wo die Trockenheit besonders ausgeprägt ist. «Dort sind die Weiden und Wiesen gelb, Futter wächst also keines mehr», schreibt Helfenstein.
Die Bauern müssten bereits jetzt das für den Winter vorgesehene Futter den Tieren verfüttern. Auch in den Alpengebieten fehle es an Nahrung für das Vieh, teilweise werde auch das Wasser für die Tiere knapp. In den Kantonen Freiburg und Obwalden boten die Behörden sogar die Armee auf, um abgelegene Alpen mit Wasser zu versorgen.
Mit einer Futterknappheit im Winter rechnet Helfenstein deswegen nicht. «Aktuell gehen wir davon aus, dass die Inlandproduktion ausreichend ist», denn die Ausfälle seien nicht in allen Regionen gleich ausgeprägt.
Die Sommer werden trockener, heisser und variabler
Solche Sommer wie der jetzige wird es in Zukunft häufiger geben, schätzt das Bundesamt für Umwelt. Dass das Wetter jedoch nicht nur heisser, sondern auch immer variabler wird, zeigt der letzte Sommer: Damals trat das Gegenteil ein, es war zu kalt und zu nass.
«Diese Zunahme von Wetterextremen in den letzten Jahren ist schwierig», so Helfenstein, vor allem die Häufung von Phasen mit langer Trockenheit. Hier seien mittel- und langfristige Anpassungsmassnahmen nötig. Doch wie könnten diese aussehen?
Bei den Gemüseproduzenten setzt man laut Waber ganz auf Innovation bei den Bewässerungssytemen: Einerseits ginge es darum, mehr Speicherreservoire wie Bewässerungsteiche aufzubauen oder durch neue, effizientere Technologien wie zum Beispiel Tropfbewässerung den Wasserverbrauch zu verringern.
Auch der Bund trifft Vorkehrungen: Er fördert die Züchtung von Sorten, die besser an die Wetterextreme angepasst sind. Zudem hat der Bundesrat dieses Jahr den Aufbau eines Früherkennungssystem für Trockenheit beschlossen. Ab 2025 soll es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und damit auch die Bäuer*innen vor Sommern wie diesen wappnen.