Hohe EnergiepreiseExperten befürchten steigende Nebenkosten
Von Maximilian Haase
18.3.2022
Der Krieg in der Ukraine hat auch für Konsument*innen hierzulande Folgen: Energieversorger rechnen mit höheren Heizöl- und Gaspreisen – und damit steigenden Nebenkosten. Das raten Expert*innen nun.
Von Maximilian Haase
18.03.2022, 18:09
Von Maximilian Haase
Die ökonomischen Folgen des Krieges in der Ukraine bekommen auch die Schweizer*innen zu spüren. Aufgrund der westlichen Sanktionen gegen Russland steigen die Preise für Heizöl und Gas. Die Folge: Höhere Nebenkosten – insbesondere Heizkosten – für Mieter*innen und Hausbesitzer*innen. Manche Energiewerke warnen ihre Kund*innen bereits vor einer drohenden Verdopplung der Preise.
Auch laut Thomas Oberle vom Hauseigentümerverband gebe es Hinweise, «dass sich die Energiepreise massiv erhöhen könnten». Dies hänge von der Länge und einer möglichen Ausweitung des Krieges ab, sagt er zu blue News. Der Beginn des Krieges habe auf den Märkten «für Unsicherheit und somit für deutlich gestiegene Rohölpreise gesorgt», erläutert auf Anfrage Ueli Bamert vom Brenn- und Treibstoff-Interessenverband Avenergy Suisse.
«Die Entwicklung der Energiepreise ist derzeit sehr volatil», kommentiert das Bundesamt für Energie. Die grossen Preissprünge von fossilen Energieträgern «überraschten alle», teilt auch der Konsumentenschutz mit: Durch den Krieg sei im Moment nicht absehbar, ob es zu einem grösseren Import- oder Exportstopp von russischem Gas komme und «was dies für die Versorgungslage der Schweiz mit Erdgas längerfristig bedeutet».
Denn auch, wenn die Abhängigkeit der Schweiz von Russland in Sachen Energielieferung nicht so hoch ist wie in den Nachbarländern: «Wenn das russische Gas fehlt, dann hat das gravierende Folgen für die Industrie in Deutschland oder Österreich. Das spüren auch die Schweizer Kunden oder Zulieferer dieser Firmen», zitiert «Blick» Energieexpertin Cornelia Meyer.
Verunsicherte Konsument*innen
Betroffen sein dürften zunächst die Hausbesitzer*innen, wenig später aber auch die Mieter*innen. Konsument*innen würden laut Konsumentenschutz verunsichert – auch, weil ihnen gleichzeitig bewusst werde, «dass mit ihrer Gasheizung der Krieg in Osteuropa mitfinanziert wird», so die Organisation. In einem offenen Brief an die Kantone fordert der Konsumentenschutz daher eine «konsequente Förderung von Fernwärmenetzen».
Zwei Drittel der Gebäude hierzulande werden laut «Energieschweiz» noch mit Öl oder Gas beheizt – allerdings führe die Schweiz keine präzise, aktuelle Statistik über die Energieträger in Gebäuden, wie der WWF blue News mitteilt. Aber: In 800'000 Wohngebäuden werde mit Öl und in etwa 300'000 Wohngebäuden mit Gas geheizt, so die Umweltorganisation. Etwa ein Viertel dieser Gebäude seien Mehrfamilienhäuser.
Entsprechend viele Konsument*innen wären hierzulande von den Preiserhöhungen betroffen. Denn: Energiewerke könnten die Erhöhung der Rohstoffpreise grundsätzlich direkt weitergeben, bestätigt Experte Michael Kuhn gegenüber «20 Minuten». «In geringerem Masse» betroffen seien aufgrund des steigenden Strompreises auch alle Gebäude mit einer Wärmepumpe, gibt Ueli Bamert von Avenergy Suisse gegenüber blue News zu bedenken.
Wie sich die Nebenkosten entwickelten, so das BFE zu blue News, hänge vom Energieversorgungsunternehmen ab, von dem die Kunden ihre Energie beziehen, und damit direkt von der Beschaffungsstrategie des Unternehmens. Grundsätzlich wird es teurer, wenn Öl und Gas von der Rohstoffbörse bezogen werden.
Der Schock über eine mögliche Steigerung der Nebenkosten hänge für den einzelnen Konsumenten auch davon ab, wie hoch die Akontozahlungen bei Mietern angesetzt seien, so Thomas Oberle vom HEV zu blue News. Entscheidend sei zudem, wann der Tank zuletzt «zu einem vernünftigen Preis» gefüllt worden sei. Allgemein könne man aber sagen: Schlechter isolierte Altliegenschaften sowie Gebäude, die in den Bergen liegen, seien «wesentlich stärker betroffen».
Doch was können Schweizer Bürger*innen tun, wenn die Nebenkosten zu steigen drohen?
Was tun bei steigenden Nebenkosten?
An sich seien steigende Energiepreise ein Signal, «das zum Energiesparen oder zum Umstieg auf eine andere, günstigere Energiequelle bewegen kann», so das BFE zu blue News. Allerdings sehe man, dass in einigen Ländern Bestrebungen im Gang seien, «die Energiepreise mittels politischer Eingriffe zu senken, um die Tragbarkeit der Kosten für die Wirtschaft und die Bevölkerung zu gewährleisten». Dadurch werde das Preissignal weniger wirksam.
Langfristig kann es sich für Hausbesitzer rentieren, von Öl- oder Gasheizung auf eine alternative Energiequelle umzustellen. «Steigende Preise für fossile Energien machen die erneuerbaren Alternativen finanziell noch attraktiver», sagt Elmar Grosse Ruse, Energieexperte beim WWF Schweiz, zu blue News. Viele Menschen wollten gerade unabhängig von fossilem Gas und Öl werden.
«Der Krieg zeigt vielen auf, was die Klimakrise schon lange klarmacht», so Grosse Ruse: «die Dringlichkeit und Wichtigkeit einer sicheren und erneuerbaren Energieversorgung». Alternativen zum Öl und Gas seien etwa Wärmepumpen, Fernwärmeanschluss, Solarkollektoren und allenfalls Holzpelletheizung.
Thomas Oberle vom HEV verweist im Gespräch mit blue News aber auch darauf, dass gerade in den letzten Jahren einige Hausbesitzer erst neue Gas- oder Erdölheizungen installiert hätten. Hier nach zwei oder drei Jahren umzurüsten, wäre nicht sinnvoll – und auch nicht nachhaltig, wie Oberle betont.
Ein langanhaltend hohes Preisniveau dürfte beim einen oder anderen dazu führen, sein Heizsystem auszuwechseln, kommentiert auch Ueli Bamert von Avenergy Suisse. Dies seien «aber Entscheidungen mit hohen Investitionskosten».
Was also, wenn man angesichts steigender Preise Geld sparen will, aber ein Umstieg etwa auf eine Wärmepumpe keine Option ist?
Tipps zum Heizkostensparen
Da die Nebenkosten vor allem die Heizkosten umfassen, helfe es, das Thermostat etwas nach unten zu drehen, empfiehlt das BFE: «Jedes Grad Raumtemperatur weniger senkt die Heizkosten um rund sechs Prozent.» Die Fenster sollte man zudem nicht ständig gekippt offen lassen, sondern besser zwei- bis dreimal am Tag kräftig durchlüften.
Warmwasser sparen könne man ebenfalls, etwa, indem man kürzer duscht und auf Vollbäder verzichtet. Angesichts der hohen Treibstoffpreise lohne es auch, «das Auto mal stehen zu lassen und auf den ÖV oder aufs Velo umzusteigen oder auch zu Fuss zu gehen».
Beachten solle man Empfehlungen, die es schon immer gegeben habe, so Thomas Oberle. Drehe sich die Preisspirale aber weiter nach oben, könne es für viele Leute «finanziell sehr schmerzhaft» werden. Empfehlenswert sei auch, etwas Geld auf die Seite zu legen, um von der nächsten Abrechnung nicht erschüttert zu werden.