«Opernhaus-Krawall» Vor 40 Jahren begann der heisseste Zürcher Sommer

sda

9.5.2020

Millionen für die Oper, aber kein Gehör für die Jugend: Ein Entscheid des Zürcher Stadtrates markierte vor 40 Jahren den Beginn der Jugendunruhen in der Schweiz. Deren Folgen: hunderte Verletzte auf beiden Seiten.

Es war ein Entscheid mit unerwartet heftigen Folgen: Die Zürcher Stadtoberen genehmigten vor 40 Jahren 60 Millionen Franken für die Renovation des Opernhauses – aber keine kulturellen Angebote für die Jugend. Ihre Antwort: der «Opernhaus-Krawall».

Am Abend des 30. Mai 1980 belagerten mehrere hundert Jugendliche das Zürcher Opernhaus, um gegen die «einseitige Kulturpolitik» der Stadt und für ein Jugendzentrum zu demonstrieren. Als die Polizei anrückte, schlug der verbale Protest in Gewalt um. Die Polizei und «d'Bewegig» lieferten sich eine Strassenschlacht rund ums Bellevue. Dabei setzte die Zürcher Stadtpolizei erstmals Gummischrot ein, damals eine Neuheit.

Diese Auseinandersetzung ging als «Opernhaus-Krawall» in die Geschichte ein. Im Sommer 1980 und in den folgenden zwei Jahren gab es immer wieder gewalttätige Zusammenstösse von Jugendlichen mit Ordnungshütern. Ein nackter Demonstrationszug durch die Bahnhofstrasse erhitzte die Gemüter der vielen Gaffer, Punkmusik lieferte den Soundtrack dazu.

«Nieder mit den Alpen»

Bei den Protesten ging es nicht nur um das Jugendzentrum, das die Stadt den Jugendlichen irgendwann auch gewährte. Die Proteste richteten sich generell gegen die engstirnigen Behörden und sie thematisierten sozialpolitische Anliegen wie Wohnungsnot oder Überwachungsstaat.



Dabei setzte «d'Bewegig» nicht nur auf Demonstrationen, sondern auch auf Sprachwitz: Absichtlich groteske Forderungen wie «Macht aus dem Staat Gurkensalat» oder «Nieder mit den Alpen – Freie Sicht aufs Mittelmeer!» sind heute noch geläufig.

Mehr Geld für Alternativkultur

Die Bilanz im Jahr 1982: Hunderte von Verletzten auf beiden Seiten, ein an einem Herzinfarkt gestorbener Polizist, hunderte Festnahmen und Strafverfahren, bedingte Freiheitsstrafen für ein paar Dutzend Demonstranten sowie Sachschäden in Millionenhöhe.

Aber auch alternative Kultur: Die Zürcher Stadtregierung erkannte irgendwann die Zeichen der Zeit und überliess den Jugendlichen die Rote Fabrik als Kulturzentrum.

In den Jahren darauf erfüllten sich weitere Forderungen der Jugendlichen. Bis 1990 wurde das städtische Budget für Alternativkultur verzehnfacht. Nach der Roten Fabrik gab es schliesslich auch die Kanzlei, das Theaterhaus Gessnerallee und das Jugendkulturhaus Dynamo. Sie alle existieren noch heute.

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