Die Schweiz soll den Uno-Migrationspakt nicht unterschreiben. Das fordert die SVP. Sie greift FDP-Aussenminister Ignazio Cassis an, unter dessen Federführung die Schweiz verhandelte. Hinter dem Pakt stehen alle Uno-Mitgliedsländer ausser den USA und Ungarn.
Geht es nach der SVP, sollte die Schweiz ebenfalls ausscheren. Der Vertrag sei nicht vereinbar mit der eigenständigen Steuerung der Zuwanderung und mit der Selbstbestimmung der Schweiz, argumentiert die Partei.
Dass der Migrationspakt rechtlich nicht bindend ist und kaum konkrete Folgen haben dürfte, spielt für die SVP keine Rolle: Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Pakt zum internationalen Recht gehöre, sagte Parteipräsident Albert Rösti (BE) am Donnerstag vor den Medien in Bern.
Welt ohne Grenzen
Die SVP fordert den Bundesrat auf, sämtliche Arbeiten unverzüglich abzubrechen und den Pakt "auf keinen Fall" zu unterzeichnen. Sollte er dies trotzdem tun, müsse er das Abkommen dem Parlament unterbreiten und dem fakultativen Referendum unterstellen.
Das Ziel des Paktes sei eine Welt ohne Grenzen, sagte Rösti. Das zeige sich schon am Titel. "Man will eine sichere, geordnete und reguläre Migration", empörte sich der SVP-Präsident. Nationalrat und SVP-Asylchef Andreas Glarner (AG) sprach von einem "Staatsstreich".
USA, Ungarn und die Schweiz?
Der Text für den "Global Compact on Safe, Regular und Orderly Migration" (GCM) ist im Juli an der Uno-Vollversammlung in New York beschlossen worden und soll im Dezember in Marokko offiziell angenommen werden. Der Pakt legt Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten fest.
Hinter dem Migrationspakt stehen 191 Uno-Mitgliedstaaten - alle ausser den USA und Ungarn. Die USA waren schon aus den Verhandlungen ausgetreten. Ungarn erklärte im Juli, der Vertrag widerspreche den Interessen des Landes.
Drohungen an Cassis
Nun soll die Schweiz folgen. Die SVP macht insbesondere auf FDP-Aussenminister Ignazio Cassis Druck, dessen Wahl sie unterstützt hatte. Dies, obwohl die Schweiz unter Federführung des Aussendepartements (EDA) über den Pakt verhandelte. Die Uno-Gespräche leitete zudem der Schweizer Uno-Botschafter zusammen mit dem mexikanischen Amtskollegen.
Das sei "fast nicht zu glauben", schreibt die SVP. "Und dies im Auftrag des Aussenministers?" Es stelle sich die Frage, ob die EDA-Zentrale in Bern wisse, was ihre Diplomaten "verbrechen". Glarner dachte laut über eine Klage wegen vorsätzlicher Verhandlungen zum Nachteil der Eidgenossenschaft nach. Auch mit Budgetkürzungen im EDA droht die SVP Cassis. Sie rechnet damit, dass die Regierung demnächst entscheidet.
Bundesrat für den Pakt
Der Bundesrat muss für die Unterzeichnung noch grünes Licht geben, hat sich aber im Grundsatz bereits zum Migrationspakt bekannt. Im Bericht über die Migrationsaussenpolitik 2017 schrieb er, die Schweiz strebe einen ambitionierten, politisch verbindlichen Pakt an, der global anerkannte Prinzipien, Richtlinien und Ziele festlege. "Die Schweiz wird hiervon direkt profitieren können", heisst es im Bericht.
Bundesrätin Doris Leuthard machte sich letztes Jahr als Bundespräsidentin in ihrer Rede vor der Uno-Generalversammlung für den Vertrag stark. Es müsse gelingen, in Fragen der Migration solidarische Lösungen zu erreichen, sagte sie.
Ziele und Handlungsfelder
Im Migrationspakt sind 23 Ziele festgelegt, gefolgt von möglichen Handlungen. Viele sind allgemein gehalten. So soll die grenzüberschreitende Antwort auf Menschenschmuggel gestärkt werden, und politische Richtlinien sollen auf der Grundlage genauer Daten entwickelt werden.
Der Pakt soll seine Kraft durch das politische Engagement der einzelnen Staaten entwickeln. Für den mexikanischen Uno-Botschafter Juan José Gómez Camacho ist der stärkste Punkt des Vertrages die Tatsache, dass er überhaupt existiert.
Die SVP dagegen hält den Inhalt des rund 30-seitigen Dokuments für weltfremd und skandalös. Sie kritisiert zum Beispiel, dass humanitäre Visa und Umsiedlungsprogramme geschaffen werden sollen für Migranten, die ihr Heimatland wegen Umweltzerstörung und Klimawandel verlassen müssen. Auch das Ziel, die Überweisung von Geld in Herkunftsländer zu vereinfachen, ist ihr ein Dorn im Auge.
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