Parlament will Verbot aufheben Sparen Reiche mit Familienstiftung bald Millionen Steuern? 

Von Dominik Müller

29.2.2024

Das Parlament will in der Schweiz Stiftungen zur Weitergabe des Familienvermögens erlauben.
Das Parlament will in der Schweiz Stiftungen zur Weitergabe des Familienvermögens erlauben.
Symbolbild: Keystone

In der Schweiz sind Stiftungen zur Weitergabe von Familienvermögen verboten. Das Parlament will das ändern. Entsteht so ein Mittel zur Steueroptimierung für Reiche? Ein Steuerexperte ordnet für blue News ein.

Von Dominik Müller

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am Dienstag hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat eine Motion von FDP-Parteipräsident Thierry Burkart angenommen. Diese sieht die Aufhebung eines Verbots von Familienstiftungen vor.
  • Eine linke Minderheit im Parlament befürchtet ein Vehikel zur Steueroptimierung für vermögende Personen.
  • Die bürgerliche Mehrheit argumentiert mit einer vereinfachten Nachfolgeregelung bei KMU.
  • Gemäss Steuerexperte Daniel Holenstein würde sich nicht viel ändern. Denn: Bereits heute können Schweizer*innen Familienstiftungen im Ausland gründen.

Der gestrauchelte österreichische Signa-Gründer René Benko hat sein Privatvermögen in mehreren Familienstiftungen untergebracht. So dürfte es für die zahlreichen Gläubiger wohl schwierig werden, darauf zuzugreifen. Sicher ist: Die Rechtslage ist kompliziert.

In der Schweiz hätte er das nicht tun können: Hier sind Familienstiftungen, die Ausschüttungen zu Unterhaltszwecken vornehmen, verboten. Die Ausnahme bilden Leistungen in bestimmten Situationen wie Erziehung. 

Das Parlament will das ändern: Nach dem Ständerat hat am Dienstag auch der Nationalrat einer Motion zur Aufhebung des mehr als 100-jährigen Verbots von FDP-Parteipräsident Thierry Burkart zugestimmt. Der Bundesrat muss nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.

In beiden Kammern bekämpfte eine linke Minderheit den Vorstoss. Es handle sich um ein «massgeschneidertes Instrument für einige sehr wenige Familien» und um die Wiederauferstehung eines «Vehikels zur Steueroptimierung».

Schweizer weichen auf Ausland aus

Die bürgerlichen Befürworter argumentierten mit einer vereinfachten Nachfolgeregelung bei KMU von den Eltern an die Kinder. Zudem hätten vermögende Schweizer*innen bereits heute die Möglichkeit, Familienstiftungen im Ausland, etwa in Lichtenstein oder Österreich, zu gründen – allerdings fehle die entsprechende Kontrolle und Aufsicht.

Auch der Zürcher Rechtsanwalt und Steuerexperte Daniel Holenstein schätzt die Sachlage im Gespräch mit blue News ähnlich ein: «Bei einer Umsetzung der Motion würde sich einzig ändern, dass das, was heute ohnehin im Ausland gemacht wird, auch in der Schweiz möglich würde.»

Bei einer Familienstiftung handle es sich zivilrechtlich um ein eigenständiges Subjekt. Privatvermögen, das in die Stiftung eingezahlt wird, scheide aus dem steuerbaren Vermögen aus. Das setze aber voraus, «dass man sich diesem Vermögen tatsächlich entledigt. Sprich: Die Stifter oder Begünstigten dürfen keine Kontrolle über die Stiftung ausüben.» Das sei etwa mit einem familienfremden Stiftungsrat ohne Mandatsvertrag der Fall.

Geld, das die Begünstigten von der Stiftung erhalten, zähle hingegen durchaus zum steuerbaren Vermögen. So sei es laut Daniel Holenstein fraglich, ob sich die Gründung einer Familienstiftung zur Weitergabe von Vermögen aus steuerlichen Gründen tatsächlich lohne – «zumal in den meisten Kantonen die direkten Nachkommen keine Steuer auf eine Erbschaft entrichten».

«Das Gesetz ist aus der Zeit gefallen»

Das Verbot gilt in der Schweiz seit 1907. Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid damals, dass solche Stiftungen feudale Strukturen begünstigen und undemokratisch seien. Zuvor wurde seit dem 17. Jahrhundert hierzulande ein Rechtskonstrukt verwendet, das sogenannte Familienfideikommiss: So konnten Herrschaftsfamilien ihre Ländereien, Gutshöfe und Schlösser an sich binden und unliebsame Erben ausschalten.

«Das Gesetz ist aus der Zeit gefallen», sagte Thierry Burkart in der Wintersession im Ständerat. Die Bedenken gegen Familienstiftungen seien in der heutigen Zeit überholt. Der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid bläst ins gleiche Horn: «Früher, ohne den automatischen Informationsaustausch und mit dem Bankgeheimnis, bestanden grosse Befürchtungen, dass diese Instrumente auch für die Steuerhinterziehung missbraucht würden.» Heute würden wir in einer ganz anderen Welt leben.

Auf einen ähnlichen Fall in der Schweiz wie den von René Benko, bei dem eine wohlhabende Person ihr Privatvermögen in einer Familienstiftung vor Gläubigern schützen will, hätte die Kippung des Verbots laut Steuerexperte Daniel Holenstein keine gravierenden Auswirkungen. «Es ist einfacher, Vermögenswerte einzuklagen, wenn das Geld in der Schweiz parkiert ist.»

Die Motion ist politisch auf Erfolgskurs. Sollte es tatsächlich zu einer Gesetzesänderung kommen, bleibt abzuwarten, ob reiche Schweizer*innen auf diese Weise ihre Steuerrechnung optimieren können.

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