1 Milliarde mehr in der KasseSo will die Schweiz die Konzern-Mindeststeuer umsetzen
SDA/Red.
23.6.2022
Bundesrat schickt Umsetzung der OECD-Mindeststeuer ans Parlament
Der Bundesrat treibt die Umsetzung der globalen Mindeststeuer für Konzerne voran. Er schlägt dem Parlament neu vor, dass ein Viertel der Mehreinnahmen an den Bund zurückfliessen soll. Die kantonalen und städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren sind mit an Bord.
23.06.2022
Bis 2024 soll auch die Schweiz die Mindestbesteuerung für grosse internationale Unternehmen auf 15 Prozent anheben. Bundesrat Ueli Maurer führte vor den Medien aus, wie das geregelt werden soll.
SDA/Red.
23.06.2022, 09:35
23.06.2022, 13:29
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Der Bundesrat treibt die Umsetzung der globalen Mindeststeuer für Konzerne voran. Er schlägt dem Parlament neu vor, dass ein Viertel der Mehreinnahmen an den Bund zurückfliessen soll. Die kantonalen und städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren sind mit an Bord.
Finanzminister Ueli Maurer stellte am Donnerstag die Botschaft zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen vor. Dabei geht es um die Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft.
Flankiert wurde Maurer von Ernst Stocker, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK), und Daniel Leupi, Vizepräsident der Konferenz der städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren (KSFD). In der Vernehmlassung stellte sich eine Mehrheit der Kantone und Städte hinter die Pläne des Bundesrats.
Diese sehen vor, dass grosse international tätige Unternehmen mit Umsätzen über 750 Millionen Euro ab Anfang 2024 auch in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent bezahlen müssen. Erreicht werden soll das über eine Ergänzungssteuer, welche die Differenz zwischen einer tieferen Besteuerung und der Mindeststeuer deckt. Ursprünglich geplant war, dass die Mehreinnahmen vollumfänglich den Kantonen zugutekommen.
Neuer Verteilschlüssel ohne Details
Dieser Punkt stiess in der Vernehmlassung jedoch auf Kritik. Mitte-Links und selbst mehrere Kantone forderten, dass auch der Bund einen Anteil erhalten solle. Der Bundesrat lenkt nun ein. Er schlägt vor, dass der Bund zu 25 Prozent an den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer partizipieren und diese Mittel zugunsten des Standorts Schweiz verwenden soll, wie es in der Botschaft heisst.
Diese zusätzlichen Mittel werden laut dem Bundesrat zweckgebunden dazu verwendet, die Mehrausgaben im nationalen Finanzausgleich (NFA) zu decken. Das Projekt sei damit für den Bund haushaltsneutral.
Die Kantone erhalten nach dem neuen Vorschlag die anderen drei Viertel der Einnahmen. Die Kantone, die die Konzernsteuern zwangsweise erhöhen müssen, bekommen damit die Mittel, um ihre Standortattraktivität zu sichern. Über den Verwendungszweck können sie autonom entscheiden, allerdings sind die Gemeinden gemäss Bundesbeschluss «angemessen zu berücksichtigen».
Was dies konkret heisst, lässt der Bundesrat offen. Die Übergangsbestimmung gibt keinen spezifischen Schlüssel vor und respektiert insofern die Kantonsautonomie. Denkbar ist laut dem Bundesrat beispielsweise eine Verteilung wie bei den Gewinnsteuereinnahmen, wo die kantonalen Regelungen stark variieren.
Für viele ändert sich nichts
Ziel des Bundesrats ist es, mit der verfassungsrechtlich verankerten Ergänzungssteuer «die nötige internationale Akzeptanz» zu erreichen, wie er mitteilte. Nach der Vernehmlassung schränkt er deren Anwendbarkeit auf die nationale Umsetzung des OECD/G20-Projekts ein. Das heisst: Kleinere sowie rein national tätige Unternehmen sollen von der Mindeststeuer nicht betroffen sein.
Dem Bundesrat ist es zudem wichtig, dass die Umsetzung durch die Kantone dem Steuerföderalismus Rechnung trägt. Zudem solle die bestehende verfassungsrechtliche Regelung, wonach der Kantonsanteil an einer direkten Bundessteuer mindestens 17 Prozent beträgt, unangetastet bleiben und auch für die Umsetzung des OECD/G20-Projekts gelten.
Einige Kantone äussern jedoch Bedenken, dass die Ergänzungssteuer die interkantonalen Disparitäten vergrössern könnte. Deshalb fordern sie, dass die Auswirkungen der Reform auf den Finanz- und Lastenausgleich im Rahmen des Wirksamkeitsberichts 2026-2029 anhand von aktuellen Steuerdaten vertieft analysiert werden sollen. Der Bundesrat unterstützt dieses Anliegen, wie er in der Botschaft schreibt.
Umstrittene Verwendung der Mehreinnahmen
Die finanziellen Auswirkungen der Reform lassen sich derzeit nicht zuverlässig schätzen. Schätzungen ergeben für Bund und Kantone kurzfristig jährliche Mehreinnahmen von rund 1 bis 2,5 Milliarden Franken. Gemäss Verteilungsschüssel entfielen 250 bis 650 Millionen Franken auf den Bund und rund 800 Millionen bis knapp 2 Milliarden Franken auf die Kantone.
Was konkret mit diesem Geld geschehen soll, ist noch nicht abschliessend geklärt. Gegenwärtig sind auf kantonaler Ebene eine Vielzahl von Vorschlägen in Diskussion.
Eine mögliche Stossrichtung auf Bundesebene liegt in einem Ausbau in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation. Weniger infrage kommen für den Bundesrat sozialpolitische Massnahmen, wie sie linke Parteien vorschlagen.
Enger Zeitplan
Angesichts des zeitlichen Drucks beschloss der Bundesrat ein etappenweises Vorgehen. Mit einer neuen, ab Anfang 2024 geltenden Verfassungsnorm soll der Bund ermächtigt werden, das OECD/G20-Projekt umzusetzen. Über den entsprechenden Bundesbeschluss entscheidet als nächstes das Parlament und im kommenden Frühsommer Volk und Stände.
In einem zweiten Schritt will der Bundesrat die Mindestbesteuerung mittels einer vorübergehenden Verordnung regeln. Erst danach soll ein Bundesgesetz die Verordnung ablösen.