Tragödie mit 20 Toten Ein Jahr nach dem Ju-52-Absturz bleiben viele Fragezeichen

tali

2.8.2019

Vor einem Jahr stürzten am Piz Segnas in Graubünden 20 Menschen an Bord einer historischen Ju-52 in den Tod. Warum, das wissen die Behörden noch immer nicht.

17 Passagiere, zwei Piloten und eine Flugbegleiterin kamen ums Leben, als am 4. August 2018 die Ju-52 HB-HOT plötzlich am Piz Segnas in die Tiefe stürzte. Am Sonntag jährt sich die Tragödie zum ersten Mal. Doch ihre Ursache ist bis heute nicht geklärt.

Für die Mitarbeiter der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST, die mit der Aufklärung des Vorfalls betraut ist, gestaltet sich die Arbeit nicht leicht: Da das historische Flugzeug 1939 gebaut wurde, fehlen die Aufzeichnungsgeräte, die normalerweise bei der Rekonstruktion eines Absturzes helfen – etwa der Flugschreiber.



Jeder Hinweis ist wertvoll

So bleiben den Experten nur die Hinweise, die ihnen die forensische Untersuchung der Überreste der vollkommen zerstörten Maschine liefert. Und die Fotos, Videos und Zeugenaussagen, die nach einem Aufruf im November 2018 bei der Behörde eingegangen sind. 200 Hinweise aus der Bevölkerung erhielt das Team. Diese sind systematisch auszuwerten.

Auch die Handys und Kameras der Verunglückten könnten wertvolle Anhaltspunkte liefern. 40 Geräte konnten an der Unfallstelle geborgen werden, zitiert SRF Markus Beck, den Leiter der Fachgruppe Datenauswertung. Die Geräte mögen zerstört sein, doch in manchen Fällen lassen sich Speichermedien retten und Daten rekonstruieren: «Aus Tonspuren kann ich etwa Rückschlüsse darüber ziehen, ob ein, zwei oder drei Motoren gelaufen sind oder aber Geräusche auftreten, die nicht normal sind», erklärt der Experte.

Den Absturz stufte die SUST in ihrem Zwischenbericht als nicht überlebbar ein.
Den Absturz stufte die SUST in ihrem Zwischenbericht als nicht überlebbar ein.
Keystone

3D-Modell soll Klarheit bringen

Weitere Informationen erhofft sich die Behörde aus der Rekonstruktion des Unfallflugs mithilfe des Laserscan-Verfahrens. Auch hierfür ist das Video- und Fotomaterial, das die Bevölkerung zur Verfügung stellte, wertvoll. Denn durch diese kann ein 3D-Modell des Flugzeugs erstellt und in ein 3D-Modell des genau vermessenen Talkessels eingebaut werden. Damit lässt sich visualisieren, wann die Unglücksmaschine wo genau war, welchen Winkel sie zu ihrer Umgebung hatte und wie schnell sie unterwegs war.



Menschliches Versagen ziehen die SUST-Mitarbeiter ebenfalls als Faktor in Betracht. Darum wird beispielsweise die medizinische Vorgeschichte der Besatzungsmitglieder unter die Lupe genommen.

Mit einem Abschlussbericht der SUST wird erst im Frühjahr 2020 gerechnet. Bis dahin werden die verbleibenden Ju-52-Maschinen der Airline Ju-Air definitiv am Boden bleiben: Im März 2019 entzog das Bundesamt für Zivilluftfahrt der Oldtimer-Fluggesellschaft die Bewilligung für kommerzielle Flüge, im Mai 2019 die Wartungsgenehmigung.

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