Wohnen, Prämien, EnergieSo kannst du den Preisschocks standhalten
Von Herbert Aichinger
13.10.2022
Corona und Putins Angriffskrieg auf die Ukraine trafen auch die Weltwirtschaft ins Mark. Fast alles wird teurer. Ein Budgetberater erklärt, wie man trotz Kostenexplosion den Überblick bewahrt.
Von Herbert Aichinger
13.10.2022, 00:00
Herbert Aichinger
Seit Beginn der Covid-19-Pandemie und seit die russische Armee in die Ukraine einmarschiert ist, zeigt sich immer deutlicher: Das weltweite wirtschaftliche und politische Gleichgewicht ist empfindlich. Und ein gravierendes Ereignis reicht bereits aus, die Weltkonjunktur in eine Krise zu stürzen. Auch die Schweiz gerät immer tiefer in diesen Negativsog.
Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) prognostizieren für 2023 einen Rückgang des globalen Wirtschaftswachstums von 3,2 auf magere 2,7 Prozent. «Für viele Menschen wird sich 2023 wie eine Rezession anfühlen», konstatiert Pierre-Olivier Gourinchas, Chefökonom beim IWF, gegenüber SRF.
Kostentreiber: Inflation
Deutlich erkennbar ist die nachlassende Wirtschaftskraft an der wachsenden Inflation, die auch die Schweiz bereits in der Covid-19-Pandemie erfasst hat: Seit September 2021 ist sie laut Statista von 0,9 Prozent auf 3,5 Prozent im August 2022 in die Höhe geschnellt und dann im September wieder leicht auf 3,3 Prozent zurückgegangen.
Bereits jetzt ist die Entwicklung für viele Menschen im Portemonnaie spürbar: Während die Kaufkraft gesunken ist, haben sich die Preise für Lebensmittel, Gas, Öl und Strom deutlich verteuert. Und dabei wird es nach Ansicht von Wirtschaftsfachleuten nicht bleiben.
Es hilft jedoch nichts, jetzt in Panik zu verfallen. Besser ist es, kühlen Kopf zu bewahren. Philipp Frei, Geschäftsführer des Dachverbands Budgetberatung Schweiz, empfiehlt: Beim Sparen dort anfangen, wo es am einfachsten ist. «Sparen kann man kurzfristig meist nur bei den sogenannten variablen Kosten: Essen, Freizeit und Haushalt. Weniger Fleisch, gezielt einkaufen, weniger externe Verpflegung – bereits dies spart einiges ein», sagt der Budgetexperte zu blue News.
Wer viel unterwegs ist, sollte sich zudem überlegen, ob sich die Ausgaben für ein Auto durch einen Wechsel auf den ÖV reduzieren liessen.
Kostentreiber: Krankenkassenprämien
Weitere Hiobsbotschaft: In Kürze werden auch die Krankenkassen nachziehen und ihre Prämien empfindlich erhöhen. Je nach Kanton und Versicherer werden Haushalte im Jahr 2023 zwischen 3,9 und 9,3 Prozent mehr pro Monat für ihren Gesundheitsschutz berappen müssen.
Die Krankenkassen begründen den Preisanstieg mit den immer noch spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Trotzdem können die Versicherten immer noch Einsparpotenzial nutzen. Denn selbst innerhalb eines Kantons fallen die Beitragsanpassungen zwischen den Kassen unterschiedlich aus. Ein Prämienvergleich kann sich deshalb auch aus Sicht des Experten Philipp Frei durchaus lohnen.
Krankenkassenprämien steigen 2023 um 6,6 Prozent
Die Krankenkassenprämien steigen 2023 um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die mittlere Monatsprämien wird sich damit auf 334,70 Franken belaufen. Zurückzuführen ist das auf die Covid-19-Pandemie und die Nachholeffekte etwa durch verschobene Eingriffe.
27.09.2022
Kostentreiber: Immobilienpreise
Die schlechte Wirtschaftslage schlägt allmählich auch auf den Immobiliensektor durch. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) musste die Schweizer Bevölkerung bereits von 2020 bis 2021 bei der Finanzierung eigener Immobilien durchschnittliche Preissteigerungen um 5,7 Prozent hinnehmen, während sich Mieten in dieser Zeit um 0,9 Prozent verteuerten.
Mit dem Ukraine-Krieg und der Inflation scheint diese Entwicklung zusätzlich an Fahrt aufzunehmen. So sind die Preise für Wohneigentum im dritten Quartal dieses Jahres erneut um 1,4 Prozent gestiegen. Das wird aus dem in dieser Woche veröffentlichten «SWX lazi Private Real Estate Price Index» deutlich.
Angesichts der steigenden Preise wird das Eigenheim für viele ein Traum bleiben – ausser sie sind bereit, Kompromisse einzugehen. Laut Investtrends.ch zeichnet sich ab, dass der Kauf einer Immobilie finanziell oft nicht mehr attraktiver als das Mieten ist. Manche Objekte finden deshalb nicht mehr auf Anhieb eine*n Käufer*in.
Philipp Frei vom Dachverband Budgetberatung rät Eigenheim-Interessenten: «Hier muss man sicher noch genauer überlegen als bisher, ob man die Kosten auch wirklich langfristig tragen kann. Speziell wenn man Kinder möchte, muss man den Erwerbsausfall und die höheren Kosten einer Familie mit Kindern berücksichtigen.»
Aber auch Personen ohne Kinderwunsch sollten gut durchrechnen, ob sie das Eigenheim auch bei einer längeren Krankheit oder einem Jobverlust weiter finanzieren könnten. «Zudem darf man beim Eigenheim die Rückstellungen für Unterhalt und Renovationsarbeiten nicht vergessen. Eigenheimbesitzer brauchen mehr finanzielle Reserven als Mieter.»
Platzt in Zürich bald eine Immobilienblase?
Zürich zählt weltweit zu den Städten mit den höchsten Immobilienpreisen – neben Metropolen wie Toronto, Hongkong, Frankfurt oder München. Seit Beginn der Pandemie sind die Immobilienpreise in Zürich laut Michael Holzhey, Leiter Swiss Real Estate, um etwa 20 Prozent gestiegen. Zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 registrierte UBS Wealth Management eine Beschleunigung des Preisanstiegs auf etwa zehn Prozent. Das ist die höchste Wachstumsrate seit 2007. Wegen der Niedrigzinsen seien Eigenheimpreise in Zürich in den letzten zehn Jahren fünfmal schneller gestiegen als die Realeinkommen und Mieten. Deshalb bleiben viele Anbieter auf ihren Immobilien heute länger sitzen, bis sie einen Käufer finden.
Auch wer zur Miete wohnt, muss in nächster Zeit wahrscheinlich tiefer in die Tasche greifen: Das Angebot an Mietwohnraum kann derzeit die Nachfrage kaum decken. Die Folge: Interessenten an Mietwohnungen müssen mit deutlich höheren Angebotsmieten rechnen – zusätzlich zu den steigenden Energiepreisen, die derzeit alle Hausbesitzer und Mieter gleichermassen belasten. Sollte sich die Wirtschaftslage weiter verschärfen, dürfte es insbesondere an begehrten Lagen zu deutlichen Preisanpassungen kommen.
Fazit: Ein schwieriges Budgetjahr steht bevor
In der Summe bedeutet das: Schweizer Haushalte sollten sich auf ein schwieriges Jahr 2023 gefasst machen. Die finanziellen Härten treffen überall dort, wo es am meisten wehtut: bei den täglichen Lebenshaltungskosten.
«Wichtig ist in der aktuellen Situation zu wissen, was Ende des Monats unter dem Strich an Geld übrig bleibt», rät Philipp Frei. «Wenn man keine Übersicht über seine Einnahmen und Ausgaben hat, kann man auch nicht wissen, ob und wo man sparen muss.»
Dabei dürfe man die Rückstellungen für Steuern und grössere Anschaffungen nicht vergessen. «Zudem empfehlen wir ein Polster von ein bis zwei Monatslöhnen für Unvorhergesehenes», sagt Frei.
Wie sich die Lage in den kommenden Monaten weiterentwickelt, hängt vor allem von zwei Faktoren ab: Zum einen davon, ob es den Notenbanken gelingt, der Inflation Einhalt zu gebieten. Zum anderen davon, wie lange der Krieg in der Ukraine die Welt noch in Atem halten wird.