Von Ohrfeigen bis Würgen Schweizer Spitalpersonal erlebt vermehrt physische Gewalt

dom

17.1.2024

In den Notfallstationen von Schweizer Spitälern kommt es vermehrt zu gewaltsamen Vorfällen mit Patient*innen.
In den Notfallstationen von Schweizer Spitälern kommt es vermehrt zu gewaltsamen Vorfällen mit Patient*innen.
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Schlagen, Ohrfeigen, Würgen: Gegen Schweizer Spitalpersonal auf Notaufnahmen kommt es vermehrt zu physischer Gewalt. Ursache dafür sind unter anderem steigende Patientenzahlen und der Fachkräftemangel.

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  • Auf Schweizer Notaufnahmen erlebt das Spitalpersonal vermehrt physische Gewalt durch Patient*innen.
  • Allein auf der Notfallstation im Inselspital Bern habe 2023 der Sicherheitsdienst rund 2'000 Mal intervenieren müssen.
  • Bei den Vorfällen handelt es sich sowohl um tätliche als auch um verbale und sexuelle Gewalt.

Auf Schweizer Notaufnahmen kommt es vermehrt zu physischer Gewalt gegen Spitalpersonal, wie SRF berichtet. Allein auf der Notfallstation im Inselspital Bern habe 2023 der Sicherheitsdienst rund 2'000 Mal intervenieren müssen. Dabei handle es sich sowohl um tätliche als auch um verbale und sexuelle Gewalt.

Eine Nachfrage bei den grössten Deutschschweizer Spitälern habe gezeigt, dass die Zunahme an Vorfällen ein verbreitetes Problem ist. Beispielsweise im Unispital Basel haben solche Vorfälle jährlich um etwa zehn Prozent zugenommen. Über die Pandemiejahre sei es sehr intensiv gewesen, man habe auf eine Abflachung gehofft – diese sei aber nicht eingetroffen.

Der Gewaltanstieg hänge laut Pierre-André Wagner, Leiter Rechtsdienst beim Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), mit zwei Trends zusammen: «Wir haben immer weniger Pflegepersonal. Konträr dazu aber immer mehr Patienten.» Hinzu komme die gesellschaftliche Entwicklung, dass viele Leute den Respekt gegenüber Blaulichtberufen verlieren.

«Fast jede Pflegefachperson hat schon Gewalt erlebt»

Durch den Fachkräftemangel könne man Patienten mit Gewaltrisiko auch nicht korrekt betreuen. So sei es laut Christina Schumacher, stv. Geschäftsführerin des SBK und langjähriger Pflegefachfrau, in der Realität nur selten möglich, zu zweit ins Zimmer zu gehen.

Viele gewalttätige Patient*innen hätten psychiatrische Diagnosen, seien dement oder stünden unter Substanz- oder Alkoholeinfluss. Auch Verständigungsprobleme führten zu Konflikten. So würden sich einige Patient*innen daran erzürnen, wenn ausländisches Personal nicht perfekt Dialekt spreche. «Fast jede Pflegefachperson hat schon Gewalt erlebt», wird Schumacher zitiert. Sie vermisse zudem ein strukturiertes Debriefing nach Gewaltvorfällen.

Interne Ausbildungen in den Spitälern

Wird der Sicherheitsdienst einbezogen, gehe es um brachiale Fälle, so Schumacher. Das Spektrum an physischer Gewalt reiche von Schlagen, Ohrfeigen, Würgen, Beissen, Haare reissen bis zum Anspucken. Daneben gebe es verbale und sexuelle Gewalt. Pflegefachfrauen seien davon stark betroffen, da es nach wie vor ein weiblich geprägtes Berufsfeld sei.

Die Spitäler gehen laut SRF ähnlich mit der Thematik um. So würden dem Personal interne Ausbildungen im Aggressionsmanagement angeboten. Das Personal könne den Sicherheitsdienst aufbieten und in äussersten Fällen werde die Kantonspolizei eingeschaltet.