DepressionenRückfallrisiko für Depressionen vorhersagen
SDA
20.2.2020 - 08:35
Fast jeder Dritte, der nach einer Depression die Antidepressiva absetzt, erleidet einen Rückfall. Wen dies trifft, lässt sich bisher nicht vorhersagen. Forschende haben nun jedoch Hinweise gefunden, dass Rückfall-Gefährdete bei Entscheidungen zögerlicher sind.
Auch wenn eine Depression dank Medikamenten abgeklungen scheint, wird die Behandlung oft lange fortgesetzt. Denn das Rückfallrisiko ist hoch. Dennoch wollen viele ehemals depressive Patientinnen und Patienten die Antidepressiva loswerden, oft aufgrund von Nebenwirkungen. 30 Prozent der Betroffenen fallen aber innerhalb der ersten sechs Monate nach Absetzen der Medikamente in die Depression zurück.
Bisher gibt es keine zuverlässigen Tests, um das Rückfallrisiko abzuschätzen. Das wollen Forschende des Universitätsspitals und der ETH Zürich ändern. Das Team um Isabel Berwian und Quentin Huys testete gemeinsam mit Kollegen die Entscheidungsfreudigkeit von Betroffenen und konnte Rückfälle damit zu einem gewissen Grad vorhersagen, wie sie im Fachblatt «JAMA Psychiatry» berichten.
Für ihre Studie, die vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wurde, unterzogen sie 123 Patienten und 66 gesunde Kontrollpersonen Entscheidungstests. Die Patienten hatten keine oder fast keine Symptome mehr, hatten aber unabhängig von der Studie beschlossen, die Antidepressiva abzusetzen.
Rückfall-Gefährdete brauchen länger
Bei den Tests ging es darum, zwischen einer kleinen Anstrengung für eine kleine Belohnung und einer grossen Anstrengung für eine grosse Belohnung zu entscheiden, wie der SNF am Donnerstag mitteilte. Dabei massen die Forschenden unter anderem die Zeit, die die Studienteilnehmenden für die Entscheidung brauchten.
Die Patienten absolvierten den Test zweimal: Einmal vor dem Absetzen der Medikamente, das zweite Mal entweder vor oder nach Absetzen der Medikamente. Anschliessend verfolgten die Forschenden während sechs Monaten, ob sie einen Rückfall erlitten.
Wie sich herausstellte, brauchten die Patienten etwas länger für die Entscheidung als die gesunden Kontrollpersonen, nämlich durchschnittlich 1,77 statt 1,61 Sekunden. Noch länger benötigten die Patienten, die später einen Rückfall erlitten, nämlich durchschnittlich 1,95 Sekunden. Aufgrund der Entscheidungszeit konnten die Forschenden bei zwei von drei Personen richtig voraussagen, ob sie einen Rückfall erleiden würden.
Depression bleibt womöglich vorhanden
Ein weiterer Unterschied fiel den Forschenden im Vergleich der ehemals depressiven Patienten mit den Kontrollpersonen ins Auge. Die Patienten wählten häufiger die geringe Anstrengung für eine kleinere Belohnung. Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass die Depression auch nach dem Verschwinden der Symptome im Hintergrund vorhanden bleibt.
Allerdings sind die Ergebnisse der Studie noch mit Vorsicht zu geniessen, da die Anzahl Teilnehmender relativ gering war. Die Ergebnisse müssten mit einer grösseren Stichprobe validiert werden, hält Berwian gemäss der Mitteilung fest. Probanden für solche Studien zu finden sei eine Herausforderung.
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