Prozess in Kreuzlingen TG Rentnerpaar wird Wohnung gekündigt, weil es Tiere füttert

phi

3.4.2024

Möwen am Bodenseeufer bei Kreuzlingen TG: Das Ehepaar M. bestreitet, Vögel von ihrem Balkon aus gefüttert zu haben.
Möwen am Bodenseeufer bei Kreuzlingen TG: Das Ehepaar M. bestreitet, Vögel von ihrem Balkon aus gefüttert zu haben.
Archivbild: Keystone

Er ist 75 und todkrank, sie ist 68: Eine Zürcher Stiftung wollte das Ehepaar in Kreuzlingen TG aus der Wohnung werfen, weil sie die Ruhe gestört sowie Vögel und Katzen angefüttert haben sollen.

phi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Ehepaar M. klagt vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen gegen die Kündigung ihrer Wohnung durch eine Zürcher Stiftung.
  • Der Grund: Ruhestörung sowie das Füttern von Vögeln vom Balkon aus und von Katzen im Eingangsbereich.
  • Frau M. ist 68 und nimmt wegen Krankheit nicht an der Verhandlung teil. Herr M. ist 75, todkrank und hat laut der Anwältin nur noch zwei Jahre zu leben.
  • Das aus den USA stammende, eingebürgerte Paar bestreitet die Vorwürfe und spricht dagegen von einem persönlichen Rachefeldzug des Hausmeisters und einiger Mieter.
  • Die Anwältin der Stiftung hält die Kündigung trotz Alters und Gesundheit der Kläger und trotz der Lage auf dem Wohnungsmarkt für zumutbar.
  • Das Gericht muss die Klage wegen eines Formfehlers im vorausgegangenen Schlichtungsprozess abweisen. Die Parteien einigen sich anschliessend aber aussergerichtlich.

Zwei Senioren wehren sich vor Gericht gegen den Rauswurf aus ihrer Wohnung: Eine Stiftung mit Sitz in Zürich hat als Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Kreuzlingen TG dem Ehepaar M. gekündigt, weil es sich nicht an die Hausordnung halte.

Sie hätten die Nacht- und Mittagsruhe gestört durch laute Haushaltsgeräte und durch Türenschlagen. Vor allem aber sollen sie Vögel wie Raben und Möwen vom Balkon aus gefüttert haben. Auch Katzen seien im Eingangsbereich des Gebäudes mit Fressen versorgt worden sein.

Nicht schön: Vogelkot.
Nicht schön: Vogelkot.
Symbolbild: Keystone

Die Exkremente der Tiere seien ein Problem, stellt es laut «St. Galler Tagblatt» die Anwältin der Stiftung dar. Diese Umstände hätten mehrere Mietende moniert. Doch dieser Darstellung widerspricht Herr M., der «zitternd und sichtlich betroffen mit einem Rollator» zur Verhandlung im Bezirksgericht Kreuzlingen erscheint, beschreibt die Zeitung die Szene.

Seine 68-jährige Ehefrau ist wegen Krankheit nicht dabei. Doch auch ihr Mann hat einen Rucksack zu tragen: Der 75-Jährige ist todkrank und hat laut seiner Anwältin nur noch zwei Jahre zu leben.

«Ein grosser Schock»

Herr M. bestreitet die Vorwürfe: Ihr Balkon habe ein Katzennetz, niemand füttere von dort aus Vögel. Das Paar sei dafür 200 bis 500 Meter vom Haus weggelaufen. Auch die Ruhestörung bestritt er.

«Die Kündigung ist für das Ehepaar ein grosser Schock, ein Umzug angesichts der gesundheitlichen Probleme und aufgrund der damit verbundenen Kosten nicht zumutbar», zitiert das «St. Galler Tagblatt» die Anwältin der Kläger.

Sie kontert weiter, der Hausmeister habe zusammen mit anderen Mietenden gegen das Ehepaar agitiert, das aus den USA stammt und eingebürgert worden ist. Diese Gruppe hätte ihre Lebensart abgelehnt, die Kündigung sei das Ergebnis eines persönlichen Rachefeldzugs.

Fotos sollen das Gegenteil beweisen

Die Anwältin der Stiftung verneint diese Darstellung. Sie wehrt sich mit Fotos, die die Vogelkot-Verschmutzung belegen sollen, und verweist auf die Masse der Beschwerden. Sie betont laut «St. Galler Tagblatt» auch, dass es sehr wohl günstige Wohnungen in Kreuzlingen gebe. Das Paar könne sich zudem von Freunden oder dem Sozialamt helfen lassen: Ein Härtefall liege deshalb nicht vor.

Ein vorheriger Schlichtungstermin, der – offensichtlich – gescheitert war, entpuppt sich im Laufe der Verhandlung dann auch noch als nichtig – wegen eines Formfehlers. Daher muss der Richter in diesem Fall dann auch die Klage des Ehepaares abweisen.

Doch zu einem erneuten Schlichtungsverfahren und einer etwaigen zweiten Verhandlung wird es nicht kommen: Die streitenden Parteien einigen sich eine Woche nach der Verhandlung aussergerichtlich, weiss das «St. Galler Tagblatt».