Landesverweis für Besko«Sie haben das Ihnen entgegengebrachte Vertrauen endgültig verspielt»
Von Jennifer Furer
20.8.2020
Vor dem Bezirksgericht Uster zeigte sich Rapper Besko reuig. Dennoch muss er nun ins Gefängnis – und länger als gefordert die Schweiz verlassen.
«Ich schäme mich», sagte Besko vor Gericht. Der heute 35-jährige Zürcher Rapper musste sich am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Uster verantworten. Ihm wird unter anderem die illegale Einreise in die Schweiz vorgeworfen. Besko wurde 2016 ausgeschafft, kehrte trotzdem wieder zurück.
Im Februar 2019 soll er zudem während eines bewilligten Aufenthaltes in der Schweiz – um seinen Sohn zu besuchen – einen Raub auf eine Postfiliale in Dübendorf ZH begangen haben.
Das Bezirksgericht Uster verurteilte den Zürcher Rapper deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 51 Monaten. Zudem wird Besko 10 Jahre des Landes verwiesen.
15 Jahre Landesverweis gefordert
«Sie haben eine kriminelle Energie an den Tag gelegt», sagte der Richter. Als besonders verwerflich erachtete er den Umstand, dass Besko den Raub in jenem Zeitraum begangen habe, in welchem ihm die Schweiz «aus humanitären Gründen» ein Besuchsrecht für seinen Sohn eingeräumt hatte. «Sie haben das Ihnen entgegengebrachte Vertrauen endgültig verspielt», so der Verteidiger.
Mit dem Urteil blieben die Richter unter der geforderten Strafe der Staatsanwaltschaft.
Die Anklage forderte eine Freiheitsstrafe von 57 Monaten und einen Landesverweis von 15 Jahren. Besko habe in der Schweiz beruflich nie Tritt gefasst, sei schlecht integriert. «Auch seine letzten Fürsprecher hat er jetzt enttäuscht», so der Staatsanwalt. Er habe mehrfach Chancen bekommen – «und diese nicht genutzt», sagte der Staatsanwalt.
Dass Besko, der einschlägig vorbestraft ist, nun wieder delinquent geworden ist, zeige in aller Deutlichkeit, dass er ein «unbelehrbarer und uneinsichtiger Krimineller» sei. «Der Beschuldigte lässt sich offenbar nicht davon abhalten, in der Schweiz straffällig zu werden», so der Staatsanwalt.
Der Staatsanwalt zeichnete ein Bild von Besko, das im Widerspruch stand zum liebenden Vater und Götti, das der Rapper selbst von sich zeichnete. Beim Raub auf die Postfiliale habe er «rücksichtslos und besonders egoistisch» gehandelt. «Er stellte seine eigenen Bedürfnisse über jene der Postangestellten, die er bedrohte.»
Streit mit kosovarischem Clan
«Ich habe grossen Mist gebaut», sagte der Beschuldigte, der mit schwarzem Blazer, schwarz-weissen Crocs und zu einem Dutt zusammengebundenen Haaren vor Gericht erschien.
Besko gab an, dass er den Raub begangen habe, weil er im Kosovo in einen Streit mit einem Clan verwickelt sei. Angeblich soll er sich mit einem Clanmitglied geprügelt haben. Die Familie habe ihm gesagt, dass er den Kosovo für zwei Jahre verlassen und ihr als Wiedergutmachung Geld überweisen müsse.
«Ich war an einem Punkt in meinem Leben, wo die Entscheidung, einen Raub zu begehen, leichter schien als alles andere», sagte Besko. Er habe sich gedacht, dass er lieber in einem Schweizer Gefängnis sässe als im Kosovo.
«Ich werde ihm sagen, dass Menschen Fehler machen»
Vor dem Bezirksgericht Uster zeigte sich Besko auch bezüglich seiner persönlichen Situation gesprächig. «Ich weiss nicht, ob mein Sohn weiss, dass ich im Gefängnis bin.» Auf die Frage des Richters, wie er dem 5-Jährigen erklären werde, was sein Vater getan habe, antwortete Besko: «Ich werde ihm aufzeigen, dass das Leben aus Hochs und Tiefs besteht.»
Er werde seinen Sohn lehren, dass er kämpfen und niemals aufgeben soll. «Ich werde ihm sagen, dass Menschen Fehler machen und dass er jene von mir nicht wiederholen darf», sagte Besko mit bebender Stimme.
Emotional wurde es auch, als Besko über seinen Göttibub sprach. Der 15-Jährige starb zusammen mit einer anderen 15-Jährigen am Sonntag in Zollikerberg ZH. Vermutlich waren Drogen im Spiel. Besko beantragte vor Gericht, an die Beerdigung gehen zu dürfen. «Ich war sein cooler Onkel», sagte er.
Der Verteidiger von Besko betonte in seinem Plädoyer, dass heute der «ausgeschaffte Rapper Besko» stehe. «Der, der seine Chance endgültig verspielt hat. Das Medieninteresse ist gross. Allenthalben wird gefordert, nun ein Exempel zu statuieren», sagte der Verteidiger.
Diese Umstände würden die Gefahr mit sich bringen, dass Besko nicht wie jeder andere behandelt und beurteilt wird. «Dass er 10 Jahre nicht delinquiert hat, ist zu sehen, dass mein Mandant nicht unbelehrbar ist», so der Verteidiger.
Der Verteidiger von Besko forderte eine Freiheitsstrafe von 32 Monaten. «Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei bei einer Probezeit von 4 Jahren teilweise aufzuschieben, wobei der zu vollziehende Teil auf maximal 16 Monate festzusetzen sei», so der Verteidiger. Zudem beantragte der Verteidiger von Besko eine Landesverweisung von 5 Jahren.
«Keine besondere kriminelle Energie»
Die Tat sei weder von langer Hand noch besonders raffiniert geplant, sagte der Verteidiger von Besko in seinem Plädoyer. «Die Planung der Tat und die eingesetzten Tatmittel lassen keine besonders ausgeprägte kriminelle Energie erkennen.»
«Verhandelt wird heute an sich ein nicht allzu aufregender Fall. Der 35-jährige Besko überfällt eine Post mit einer Imitationswaffe und erbeutet weniger als 4'000 Franken», begann der Verteidiger von Besko sein Plädoyer. «Nur wenige Stunden später wird er verhaftet.» Das Deliktsgut findet die Polizei offen herumliegend vor. Besko gesteht sofort.
«Er gab nicht auf»
Besko sei spiel- und drogensüchtig gewesen – und ihm wurde eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. «Er machte immer weiter trotz seiner schwierigen Situation. Er gab nicht auf», plädierte der Verteidiger. Das zeige, dass Besko sich positiv verändern kann.
«Ich halte es für wahrscheinlich, dass er keine Straftaten mehr begangen hätte, wäre er nicht ausgeschafft worden», sagte der Verteidiger.
Emotionales Schlusswort
Das betonte Besko auch in seinem emotionalen Schlusswort. In diesem rechnete er mit den Menschen ab, die für seine Ausschaffung verantwortlich waren. Diese habe ihn aus dem Leben gerissen, weil sie unerwartet und nachdem er die Chance, sich zu verbessern, bereits wahrgenommen habe. «Ohne Ausschaffung wäre das alles nie passiert.»
Er habe nicht mehr an die Menschlichkeit geglaubt, sagte Besko. Er wolle aber nicht rumheulen, so der Rapper. «Ich bin genug Mann, um die Konsequenzen für mein Handeln zu tragen und zu akzeptieren.»
«Wieso habe ich so viele Menschen enttäuscht?»
«Fakt ist, dass es passiert ist und ich kann es nicht mehr rückgängig machen.» Es sei schwer für ihn gewesen, als er hörte, dass eine der Postangestellten, die er bedroht hat, sagte, dass sie beim Raubüberfall an ihre Enkel denken musste.
«Wieso habe ich so viele Menschen enttäuscht, obwohl ich so viel Gutes hätte tun können», so Besko. «Ich entschuldige mich und bei allen, die an mich geglaubt haben und ich entschuldigte mich bei den 1’000 Jugendlichen, die ihn zum Vorbild genommen haben.» Er entschuldige sich auch bei seinem Sohn, der seit 18 Monaten auf einen Videoanruf seines Vaters wartet.
Zum Schluss meinte Besko: «Ich kann nicht rückgängig machen, was ich getan habe, aber ich will es wiedergutmachen.» Für sein Schlusswort erntete Besko von zwei Prozessbeobachtern im Saal Applaus.
Verteidiger meldet Berufung an
«Er ist einer von uns», sagte ein bekannter Gastronom, der dem Prozess als Beobachter beiwohnte, nach dem Urteil zu «Bluewin». Besko habe keinen Bezug zum Kosovo, keine Familie dort, nichts. «Ich kann nicht verstehen, wieso er überhaupt ausgeschafft wurde.»
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Der Verteidiger von Besko sagte nach der Verhandlung, dass Besko nicht überrascht, aber enttäuscht sei vom Urteil. Er glaube, dass das Gericht ein Exempel an ihm habe statuieren wollen. Positiv sei aber, dass die Richter der Argumente der Verteidigung teilweise gefolgt seien.
Noch ist nicht klar, ob Besko das Urteil weiterziehen will. «Wir melden sicher Berufung an, schauen die Urteilsbegründung an und entscheiden dann», so der Verteidiger.