«Jede Kilowattstunde zählt» Parmelin ruft zum Stromsparen auf – und zum Pulli-Tragen

SDA, gbi

28.8.2022 - 06:14

Bundesrat und Wirtschaftsminister Guy Parmelin macht sich bereits Gedanken zum kommenden Winter. 
Bundesrat und Wirtschaftsminister Guy Parmelin macht sich bereits Gedanken zum kommenden Winter. 
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Für Bundesrat Guy Parmelin ist es vertretbar, bei einem Strom- oder Gasmangel der Bevölkerung eine tiefere Raumtemperatur zu verordnen. Einschränkungen dürfe es aber nur im äussersten Notfall geben.

Die Schweiz sei derzeit noch weit weg davon, irgendwem den Gashahn zuzudrehen, sagte Bundesrat Guy Parmelin in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Das angestrebte Ziel der Landesregierung sei es, Abschaltungen im kommenden Winter ganz zu verhindern.

Um dieses Ziel zu erreichen, werde der Bundesrat nächste Woche die entsprechenden Verordnungsentwürfe für Massnahmen gegen einen Energie- oder Strommangel in eine Konsultation schicken. Je nach Situation müsste der Bundesrat sie der aktuellen Lage entsprechend anpassen. Ein Zeitplan werde daher nicht präsentiert.

Der Wirtschaftsminister richtet gleichzeitig einen Spar-Appell an die Bevölkerung: «Wir fordern alle auf, bereits jetzt Strom und Gas zu sparen. Jede Kilowattstunde zählt.» Jede und jeder solle nun analysieren, wo sie respektive er Energie sparen und effizienter werden könne.

«Einen Pullover mehr anziehen»

Vorschläge wie die Heizung runterzudrehen oder die Beleuchtung einzuschränken sind gemäss Parmelin vertretbar. «Wenn wir im Winter alle einen Pullover mehr anziehen, können grosse Mengen eingespart werden, ohne dass das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben beeinträchtigt wird.» Jedes Grad, das weniger geheizt werde, bringe einen mindestens 5 Prozent geringeren Energieverbrauch.

Als Beispiel für Einsparungen erwähnte der Wirtschaftsminister das Erdgas. Rund 40 Prozent davon werde in der Schweiz von den privaten Haushalten verbraucht. Diese Zahl zeige, dass sich eine substanzielle Reduktion des Erdgasverbrauchs ohne die privaten Haushalte nicht realisieren lasse. Klar sei aber auch, dass die Schweiz nicht ohne Not Einschränkungen oder Verbote einführen sollte.

Im besten Fall werde es aber gar nicht zu einem Energiemangel kommen, sagt Parmelin. Grundsätzlich gelte, dass sich das Land auf eine Krise vorbereiten könne. Die Energiekrise selbst lasse sich jedoch nicht planen, daher blieben auch so viele Fragen derzeit noch offen: Es gebe «noch zu viele unbekannte Faktoren».

Viele Ideen, wo man ansetzen kann

Wie sich Energie sparen lässt, findet in der gesamten Sonntagspresse aufgegriffen. So könnte etwa in städtischen Liegenschaften die Raumtemperatur um 1 bis 2 Grad gesenkt werden. Das Warmwasser könnte mit Ausnahme von Schulen und Turnhallen ganz abgestellt werden.

Auch die Städte wollen koordiniert ihren Beitrag leisten. So lasse sich etwa die Wassertemperatur in den Hallenbädern senken. In der Adventszeit und zu Weihnachten sollten weniger Lichter brennen.

Die SBB haben ihrerseits bereits die grosse Uhr am Hauptsitz in Bern abgestellt. FDP-Ständerat Damian Müller spricht sich für Anreize aus, um freiwillige Einsparungen zu belohnen – als Ergänzung zu Kontingentierungen.

Wirtschaftsverband ruft nach Kurzarbeits-Hilfe

Economiesuisse, der Spitzenverband der Schweizer Wirtschaft, fordert derweil wegen des drohenden Energiemangels im Winter für Unternehmen einen unkomplizierten Zugang zur Kurzarbeit. Es sei davon auszugehen, dass einzelne Firmen wegen der rapide gestiegenen Energiepreise ihre Produktion aussetzen müssten.

Wirtschaftsminister Parmelin zeigt sich offen für die Forderung, wie der «SonntagsBlick» schreibt. Die Kurzarbeit habe sich schon in früheren Krisen bewährt. Eine Arbeitsgruppe des Bundes überwache die Lage ständig und prüfe Optionen für den Fall, dass Handlungsbedarf bestehe. Der Bundesrat werde sich in seinen nächsten Sitzungen erneut mit diesem Thema befassen.

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