Spritzen-Attacken an der Street Parade Needle-Spiking ist in der Schweiz angekommen

smi

15.8.2022

«Relativ gut ausgelastet»: Ausnüchterungsraum von Schutz und Rettung an Streetparade

«Relativ gut ausgelastet»: Ausnüchterungsraum von Schutz und Rettung an Streetparade

Schutz und Rettung der Stadt Zürich (SRZ) betreibt an der Streetparade sechs Sanitätsposten. Bis 18.00 Uhr wurden 160 Behandlungen durchgeführt, das sind mehr als im Jahr 2019 um diese Zeit, sagte Julia Graf, Mediensprecherin von SRZ gegenüber Keystone-SDA.

15.08.2022

Die neuste Gefahr an Partys heisst «Needle-Spiking». Mit Spritzen verabreichen Angreifer Feiernden im Gewühl chemische Substanzen. An der Street Parade gingen acht Meldungen solcher Attacken ein.

smi

15.8.2022

Viele lassen an Partys ihr Getränk nicht mehr unbeobachtet. Die Gefahr, dass ihnen K.o.-Tropfen verabreicht werden können, ist zu gross. Jetzt machen Berichte einer neuen Missbrauchsform die Runde: «Needle- Spiking», Spritzenattacken, bei denen Opfern eine Substanz injiziert wird. 

An der Street Parade suchten laut Schutz und Rettung Zürich acht Personen Hilfe, nachdem sie mit einer Nadel gestochen worden waren. Ob es sich bei allen um eine Spitze gehandelt hat, ist unklar. Es habe sich mehrheitlich um junge Frauen gehandelt, gibt Schutz und Rettung Zürich (SRZ) «20 Minuten» bekannt

Art und Zweck der Angriffe sind unklar. Sicher ist nur: Nadel-Angreifer verbreiten Angst und Unsicherheit. 
Art und Zweck der Angriffe sind unklar. Sicher ist nur: Nadel-Angreifer verbreiten Angst und Unsicherheit. 
Sophia Kembowski/dpa

Sie hätten den Nadelstich gespürt, die Wunde gesehen und sich aus Angst vor Ansteckungen mit übertragbaren Krankheiten wie Aids an Sanitäterinnen und Sanitäter gewendet, so SRZ-Sprecher Urs Eberle. Fünf Personen seien danach in ein Spital begleitet worden. Dort hätten sie Blut- und Urinproben abgegeben, sodass Substanzen hätten erkannt werden können, sollten solche injiziert worden sein.

Angst verbreiten, ob mit oder ohne Substanz

Der Nachweis dürfte allerdings schwierig werden, denn es seien auch Mittel im Umlauf, die noch gar nicht identifiziert seien, erklärt Psychologe Felix Hof, der das Phänomen international verfolgt.

Klar ist gemäss Sanitätsmitarbeitenden, welche die Betroffenen in Zürich betreuten, dass die Einstiche von Nadeln stammen und nicht etwa von Insekten. Gesundheitliche Beschwerden habe keines der Opfer davongetragen. Psychisch wirken die Einstiche auch, wenn keine Injektion erfolgte.

Nach zwei Corona-Sommern wird am Zürcher Seebecken wieder getanzt

Nach zwei Corona-Sommern wird am Zürcher Seebecken wieder getanzt

Die 29. Street Parade ist bei schönem Sommerwetter gestartet: Seit 13 Uhr legen DJs auf den acht Bühnen entlang der Umzugsroute auf. Und das erste von 26 Love-Mobiles hat sich um 14 Uhr laut wummernd auf den Weg rund um das Zürcher Seebecken aufgemacht. Die dröhnenden Tanz- und Musikwagen benötigen für die rund zwei Kilometer lange Strecke vom Seefeld über Bellevue, Quaibrücke und Bürkliplatz zum Hafendamm Enge rund vier Stunden. Wie bei früheren Ausgaben ist das Publikum an der Street Parade wieder bunt gemischt; zu den wummernden Beats bewegen sich Jugendliche, Familien mit Kindern und auch viele graumelierte Personen durch die grosse Masse.

13.08.2022

«Letztlich handelt es sich um Menschen, die anderen Menschen gezielt Angst machen, gezielt Schaden zufügen wollen», verdeutlicht Psychologe Hof, «Das kann sadistische Motive haben. Die Täter könnten sich am Schaden und am Schmerz anderer erfreuen.»

Weit über 1000 Fälle, kaum Festnahmen

Bislang gab es vor allem aus anderen europäischen Ländern Berichte von Spritzenattacken, zuerst aus England, später auch aus Deutschland,  Frankreich, Holland und zuletzt aus Spanien. Einzelne sollen die Erinnerung an die Partynacht verloren haben. 

«20 Minuten» hat mit einer 17-jährigen Thurgauerin gesprochen, die angibt, im April an einer Party im Kanton Solothurn gestochen worden zu sein. Den Piks habe sie nicht gespürt, jedoch später einen blauen Fleck am Bein entdeckt. Dieser habe ausgesehen wie jener nach einer Thrombosespritze, die sie vor einigen Jahren erhalten habe. Deshalb war sie sich sicher, dass der Bluterguss von einer Nadel stammen musste.

Grossbritannien registrierte schon weit über 1000 Fälle, in Frankreich sind es Hunderte. Eine spezielle Häufung stellten Behörden zuletzt in der spanischen Region Katalonien fest, in der Barcelona liegt.

Die dortigen Vorfälle konzentrieren sich laut Felix Hof auf Clubs in Touristenzentren. Dies führt ihn zu der Hypothese, «dass die Täter so viel Unsicherheit schaffen wollen, dass die Szenendichte abnimmt — und das schaffen die auch. Vor allem die Frauen sind verunsichert. Damit hätten die Täter auch ein Ziel erreicht.»

Um herauszufinden, was die Angreifenden mit ihren Nadelstichen oder Injektionen erreichen wollen, müsste eine*r von ihnen überführt werden. Zwar gab es im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden erste Festnahmen, jedoch gibt es keine Berichte, dass ein Täter überführt werden konnte.