Naturgewalten in den Bergen Murgang, Bergsturz oder Rutsch? Verheerend sind sie alle

Redaktion blue News

2.7.2024

Auf den Bergsturz folgten bei diesem Ereignis mehrere Murgänge: Das zerstörte Dorf Bondo GR im Bergell 2017.
Auf den Bergsturz folgten bei diesem Ereignis mehrere Murgänge: Das zerstörte Dorf Bondo GR im Bergell 2017.
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Unwetter haben weite Teile der Alpensüdseite verwüstet: Was genau hat die Zerstörungen verursacht? Klar ist zum jetzigen Zeitpunkt: Es waren mehrere Ereignisse. Diese zu unterscheiden, ist nicht immer ganz einfach.

Redaktion blue News

2.7.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Unwetter haben ganze Talschaften auf der Alpensüdseite verwüstet und von der Umwelt abgeschnitten.
  • Nicht immer lässt sich sofort und abschliessend einschätzen, welches Ereignis genau hinter den Zerstörungen steht.
  • blue News hilft dir, die verschiedenen Naturgewalten zu verstehen.

Mehrere Menschen sind tot, wie viele noch vermisst werden, ist derzeit unklar: Die schweren Unwetter der vergangenen Tage haben auf der Alpensüdseite gewaltige Verwüstungen verursacht: Das Maggiatal ist grossteils von der Aussenwelt abgeschnitten, die Lage für die Einsatzkräfte unübersichtlich.

Auch unübersichtlich gestaltet sich die Ein- und Zuordnung der verschiedenen Ereignisse: Oft ist in den Medien von «Erdrutsch» oder «Rutsch» die Rede, wenn eigentlich ein Murgang gemeint wäre. Auch von «Bergsturz» oder «Felssturz» war schon zu lesen. blue News erklärt, was die verschiedenen Naturgewalten bedeuten – und was sie für Folgen haben.

Bergsturz

Blick auf den Piz Cengalo am Mittwoch, 13. September 2017, in Promontogno bei Bondo GR. Am 23. August war ein Bergsturz am Piz Cengalo mit anschliessenden Murgängen auf Bondo niedergegangen. Acht Wanderer gelten seither als vermisst.
Blick auf den Piz Cengalo am Mittwoch, 13. September 2017, in Promontogno bei Bondo GR. Am 23. August war ein Bergsturz am Piz Cengalo mit anschliessenden Murgängen auf Bondo niedergegangen. Acht Wanderer gelten seither als vermisst.
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Ein Bergsturz ist es dann, wenn ganze, riesige Teile eines Bergs ins Tal stürzen. Zuletzt in der Schweiz im Südbündner Tal Bergell 2018 am Piz Cengalo und vergangenen Sommer zuhinterst im schwyzerischen Bisistal geschehen. Die Gesteinsmassen landen vielfach als Geröll-Lawine in der Talsohle und stauen dann das Gewässer auf. Mit zunehmendem Druck des aufgestauten Wassers steigt die Gefahr von Murgängen: So geschehen 2017 im Bergell, wo das Dorf Bondo im Anschluss an den Bergsturz von mehreren Murgängen verwüstet worden war.

Felssturz

Am 2. Februar 2024 lösten sich Gesteinsmassen oberhalb von Vevey und verfehlten die Autobahn nur knapp: Aufgrund der Menge des Abbruchs noch ziemlich eindeutig als Felssturz einzuordnen.
Am 2. Februar 2024 lösten sich Gesteinsmassen oberhalb von Vevey und verfehlten die Autobahn nur knapp: Aufgrund der Menge des Abbruchs noch ziemlich eindeutig als Felssturz einzuordnen.
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Stürzen einzelne Felsblöcke und -brocken ins Tal, handelt es sich meistens um einen Felssturz: Die Abgrenzung zum Bergsturz ist nicht immer eindeutig und abhängig von den abgebrochenen Volumina und der zeitlichen Abfolge und Intensität. Viele Strassen in den Bergen sind felssturzgefährdet: Das betreffende Warnschild dürfte jedem und jeder Verkehrsteilnehmerin bekannt sein.

Murgang

Ein Murgang hat den Weiler Sorte GR im Misox in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 2023 schwer verwüstet.
Ein Murgang hat den Weiler Sorte GR im Misox in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni 2023 schwer verwüstet.
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Ein Murgang bezeichnet eine Geröll-Lawine, die durch immense Wassermassen ausgelöst wird. Murgänge ereignen sich oft während oder nach einem Starkregen-Ereignis und häufig an mehreren Stellen im selben Tal. Verschiedene Murgänge haben zuletzt das Maggiatal, das Misox und auch Seitentäler des Wallis verwüstet.

Erdrutsch

Am 29. August 2023 kam es in Schwanden GL zu einem grossen Erdrutsch. Zahlreiche Gebäude wurden beschädigt, Menschen evakuiert. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Am 29. August 2023 kam es in Schwanden GL zu einem grossen Erdrutsch. Zahlreiche Gebäude wurden beschädigt, Menschen evakuiert. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Ein Erdrutsch bezeichnet eine Hang-Rutschung von besonders viel Erdreich, meist nach Starkregen-Ereignissen: Die betroffenen Hänge sind mit Wasser derart gesättigt und schwer, dass das Erdreich ins Rutschen gerät und als Schlammlawine ins Tal stürzen kann. Der letzte grössere Erdrutsch in der Schweiz vor den jüngsten Ereignissen auf der Alpensüdseite war jener in Schwanden GL vergangenen Sommer.

Rutsch

Blick auf Brienz GR, am Montag, 3. Juni 2024. Am 15. Juni 2023 erreichte ein Schuttstrom beinahe das damals evakuierte Dorf. Mittlerweile rutscht das Dorf wieder schneller ins Tal.
Blick auf Brienz GR, am Montag, 3. Juni 2024. Am 15. Juni 2023 erreichte ein Schuttstrom beinahe das damals evakuierte Dorf. Mittlerweile rutscht das Dorf wieder schneller ins Tal.
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Womit wir noch beim sogenannten Rutsch (in manchen Gegenden der Schweiz auch Rüfe genannt) wären: Rutschgebiete betreffen in ihrem Aufbau bereits lose Berghänge, die als Ganzes ins Tal rutschen und sich oft über längere Zeit nur langsam bewegen, bis sie auf einmal sehr schnell in Bewegung kommen.

Letztes grosses Ereignis in der Schweiz: Der Rutsch von Brienz GR Mitte Juni 2023. Rutschgebiete sind in den Alpen verbreitet: Es sind Zonen, die sich aus losen Materialien wie Sedimenten, Geröll oder instablien Gesteinsschichten wie etwa Schiefer zusammensetzen. Diese Gebiete werden häufig engmaschig überwacht. Kommt es zu einem katastrophalen Ereignis, war dieses in der Regel lange vorhersehbar.