5 Kilometer Schuttstrom Gewaltiger Bergsturz hat Tschierva-Gletscher abrasiert

dmu

18.4.2024

Der Schuttstrom nach dem Bergsturz am Piz Scerscen erstreckt sich über 5 Kilometer.
Der Schuttstrom nach dem Bergsturz am Piz Scerscen erstreckt sich über 5 Kilometer.
SAC Bernina

In der Bernina-Gruppe hat sich ein gewaltiger Bergsturz ereignet. Die Gesteinsmassen haben auch den Tschierva-Gletscher beeinträchtigt. Laut einem Glaziologen hat er seine Schutzschicht verloren. 

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  • Am Piz Scerscen im Kanton Graubünden hat sich ein Bergsturz ereignet.
  • Der Schuttstrom ist über fünf Kilometer lang.
  • Die Zugänge zu mehreren SAC-Hütten sind derzeit verschüttet.
  • Der Bergsturz hat auch den Tschierva-Gletscher geschädigt.

Der gewaltige Bergsturz am Piz Scerscen hat die Landschaft verändert. Auch der Tschierva-Gletscher ist nicht mehr derselbe. Glaziologe Matthias Huss hat «Watson» erklärt, wie der Gletscher den Verlauf des Schuttstroms beeinflusst hat und was die Folgen für die Eismassen sind.

Der Schuttstrom vom Piz Scerscen ist auf den Tschierva-Gletscher gelaufen und über diesen weiter geglitten. Huss erklärt, dass es zu Reibungswärme führe, wenn einen Million Kubikmeter Gestein in so kurzer Zeit von 3500 Meter auf 2000 Meter über Meer abrutsche. Dadurch seien auch Schnee und Eis auf dem Tschierva Gletscher geschmolzen, was die Gesteinsmasse noch besser habe gleiten lassen.

Wäre das Gestein am Piz Scerscen im Sommer abgebrochen, wäre es nicht so weit ins Tal gerutscht, der Bergsturz hätte nicht die Dimension erreicht, die er am 14. April hatte, erklärt Glaziologe Huss.

Der Bergsturz hat auch Folgen für den Gletscher: Er hat er dessen Oberfläche abgeschliffen und den Schnee, der auf ihm lag «abrasiert», wie sich Huss ausdrückt. Ein Teil des Gletschers habe seine Schutzschicht verloren, die ihn vor dem noch schnelleren Abschmelzen bewahrt.

Zwar liege jetzt ein Teil des Gletschers unter Schutt, der ihn vor dem Abschmelzen bewahrt. Jedoch werde dieses Eis nicht mehr erneuert, wie das bei einem «lebendigen» Gletscher der Fall sei. Darum werde diese Art des Gletschereises «Toteis» genannt.

So gross wie der Bergsturz von Bondo im Bergell

Im Kanton Graubünden hat sich am Sonntagmorgen des 14. April ein Bergsturz am Piz Scerscen in der Berninagruppe ereignet. Der Schuttstrom erstreckt sich über fünf Kilometer und blockiert einen Teil der Zugänge zu mehreren Hütten des Schweizer Alpen Clubs (SAC).

Betroffen sind die Zustiege zur Coazhütte und zur Tschiervahütte, die SAC-Sektion Bernina ihrer Webseite schreibt. Zudem seien sämtliche Querungen des Vadret da Tschierva zum Piz Roseg, Piz Scerscen und Piz Aguaglios verschüttet.

Der Bergsturz habe sich am knapp 4000 Meter hohen Piz Scerscen am Sonntag um 6.56 Uhr ereignet, sagte der Gemeindepräsident von Samedan, Gian Peter Niggli, auf Anfrage zu verschieden Medienberichten. Das Bergsturzgebiet oberhalb des Ferienortes Pontresina befinde sich auf Samedaner Gemeindegebiet.

Das Volumen des Bergsturzes werde auf über eine Million Kubikmeter geschätzt, womit dieser die Grössenordnung des Bergsturzes von Bondo im Bergell im Jahr 2017 erreiche. Das Gestein türme sich im bekannten Val Roseg meterhoch, erklärte Niggli. Die Dimension des Bergsturzes sei «sehr selten».

Keine Hinweise auf Vermisste

«Suchflüge haben am Sonntag keine Hinweise auf verschüttete Menschen gebracht», sagte Anita Senti, Medienverantwortliche der Bündner Kantonspolizei, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es seien keine Spuren entdeckt worden und es lägen auch keine Vermisstmeldungen vor.

Tourengänger, die im Bergsturzgebiet im Winterraum der geschlossenen SAC-Hütte Tschierva übernachtet hätten, seien in Sicherheit. «Man darf annehmen, dass zu dieser Morgenzeit niemand im Gebiet unterwegs war», sagte dazu Gemeindepräsident Niggli.

Die Behörden rieten von einer Begehung des Rosegtals und des Bergsturzgebietes ab. Gesperrt war das Gebiet laut Niggli aber nicht. «Dazu ist das Gebiet viel zu gross», sagte er.

Lage wird analysiert

Die Gemeinde Samedan analysiere zusammen mit dem kantonalen Amt für Wald und Naturgefahren die Situation und werde danach etwaige Massnahmen treffen, erklärte der Gemeindepräsident.

Angeschaut werde die Gefahr einer allfälligen Seebildung im Tal durch eine stauende Wirkung der Bergsturzmasse. Es gehe aber vor allem um den Umgang mit verschütteten Wanderwegen.