VolksbegehrenKriegsgeschäfte-Initiative: Pensionskassen und Bundesrat fürchten um Rendite
tsha/SDA
9.10.2020
Viele Schweizer Pensionskassen investieren auch in Unternehmen, die ihr Geld mit Rüstungsgütern machen. Die Kriegsgeschäfte-Initiative will dem ein Ende setzen. Gegenwind kommt vom Bundesrat.
Am 29. November entscheiden Volk und Stände über die Kriegsgeschäfte-Initiative. Das Volksbegehren verlangt, dass der Schweizerischen Nationalbank, Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge die Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten verboten wird. Nehmen Volk und Stände die Initiative an, müssten bestehende Finanzierungen innerhalb von vier Jahren abgestossen werden.
Kritik an der Initiative wird nun von den Pensionskassen laut. Deren Vorgaben seien «absurd», zitiert «Blick» aus einer Mitteilung des Pensionskassenverbands. Laut Volksbegehren dürfen die Kassen, ebenso wie AHV und Nationalbank, nicht mehr in Unternehmen investieren, die mit der Herstellung von Kriegsgütern mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes machen.
«Es würden Firmen darunter fallen, die mehrheitlich gar keine Waffen produzieren, sondern andere wichtige Produkte wie Passagiertransport-Flugzeuge oder Navigationsgeräte», so der Pensionskassenverband. «Nicht einmal mehr in Unternehmen wie Airbus oder Boeing» könne man dann noch investieren. Beide Unternehmen machen allerdings deutlich mehr als nur fünf Prozent ihres Umsatzes mit dem Kriegsgütergeschäft. Bei Boeing sind es etwa ein Drittel, bei Airbus immerhin noch 15 Prozent, die mit Rüstung erwirtschaftet werden. Beide Unternehmen produzieren ausserdem Atomwaffen.
«Nulltoleranz-Ansatz»
Auch deshalb sind Boeing und Airbus schon heute ein rotes Tuch für diverse Schweizer Pensionskassen. «Wir verfolgen hier einen Nulltoleranz-Ansatz», heisst es etwa von der Pensionskasse der Stadt Zürich. Beim Pensionskassenverband betont man hingegen, dass etwa Airbus auch in Zukunftstechnologien investiere, etwa in ein CO2-neutrales Passagierflugzeug. «Investitionen in solche Technologien dienen den Interessen der Versicherten und sind gut für die Gesellschaft», so der Verband.
Lanciert wurde die Kriegsgeschäfte-Initiative von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) und den Jungen Grünen. Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit des Parlaments empfehlen die Initiative zur Ablehnung. Am Freitag erklärte der Bundesrat, das von der Initiative geforderte weitgehende Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten würde die Investitionsmöglichkeiten der Pensionskassen und der AHV/IV stark einschränken. Es seien höhere Verwaltungskosten und Anlagerisiken zu erwarten sowie längerfristige negative Folgen auf die Renditeaussichten. Alle diese Folgen würden sich schliesslich negativ auf die Altersrente auswirken.
Wirtschaftliche Folgen befürchtet
Der Bundesrat lehnt die Initiative aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ab. In der Schweiz sind zahlreiche Unternehmen in die Wertschöpfungskette zur Herstellung von Kriegsmaterial eingebunden. Die Umsetzung der Initiative könne deshalb auch die KMU der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) treffen, die teilweise als Zulieferer von Rüstungsunternehmen tätig sind. Wenn die Banken ihnen keine Kredite mehr geben könnten, könnten sie auch weniger investieren. Dadurch würden sie an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Auch könnten so Knowhow und Arbeitsplätze verloren gehen.
Für den Bundesrat geht die Initiative zudem im internationalen Vergleich viel zu weit. Kein einziges Land habe heute ein so weitreichendes Finanzierungsverbot, wie dies mit der Initiative verlangt werde. Mit dem bestehenden Finanzierungsverbot für international geächtete Waffen besteht laut dem Bundesrat eine gute Lösung. In atomare, biologische und chemische Waffen sowie Streumunition und Personenminen darf bereits heute nicht investiert werden. Das geltende Verbot lasse im Gegensatz zur Initiative den Vorsorgewerken und dem Finanzplatz Schweiz genügend Spielraum bei den Investitionen.