Rentenalter «Keine heilige Kuh»: Altbundesrätin plädiert für höheres Rentenalter

sda/sob

2.7.2019 - 04:00

Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ist seit 2017 Präsidentin der Organisation Pro Senectute. (Archivbild)
Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ist seit 2017 Präsidentin der Organisation Pro Senectute. (Archivbild)
Source: Keystone

«Ohne Reformen wird es mehr armutsgefährdete Rentner geben», sagt Pro-Senectute-Chefin und Ex-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Das Rentenalter müsse rauf. Egal ob 66 oder 67: Wichtig sei Flexibilität.

Die Präsidentin der bedeutendsten Schweizer Fachorganisation für Altersfragen – Pro Senectute – spricht sich für eine Erhöhung des Rentenalters aus. 

«Wir müssen die Erhöhung des Rentenalters ins Auge fassen, das Rentenalter darf keine heilige Kuh mehr sein», sagt die 63-jährige BDP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Das heutige System der Altersvorsorge sei bald nicht mehr finanzierbar. «Wir brauchen dringend Lösungen, die einen Zeithorizont von zehn oder mehr Jahren anvisieren.»

Die frühere Justiz- und Finanzministerin befürchtet, dass ohne Reformen immer weniger Leute von ihrer Rente leben können und sich Zusatzjobs suchen müssen.

«Damit fehlen diese Leute bei der Freiwilligenarbeit, denn diese wird heute zum grössten Teil von Personen zwischen 65 und 74 Jahren geleistet.» Falle aber diese Ressource weg, täten sich neue zusätzliche Probleme auf, etwa bei der Betreuung von Betagten.

Flexible Lösung gesucht

Auf ein bestimmtes AHV-Rentenalter will sich Widmer-Schlumpf nicht festlegen. «Ob man es bei 66 oder 67 Jahren festsetzt: Wichtig ist, dass mehr Flexibilisierungsmöglichkeiten geschaffen werden. Ein Bauarbeiter beispielsweise kann nicht gleich lange arbeiten wie eine Anwältin.»

Dringenden Reformbedarf ortet Widmer-Schlumpf auch bei der zweiten Säule und fordert eine Diskussion über die Senkung des Umwandlungssatzes beim Rentenkapital. «Heutige Rentnerinnen und Rentner erhalten, gemessen an ihren Beiträgen, zu hohe Leistungen aus den Pensionskassen.»

«Den Jungen geschieht Unrecht»

Den Jungen geschehe Unrecht: In der zweiten Säule würden pro Jahr rund acht Milliarden Franken von der jüngeren zur älteren Generation umgelagert, «obwohl das systemwidrig ist.»

Widmer-Schlumpf hält grundlegende Reformen bei der Altersvorsorge für möglich. «Aber zunächst muss ein grosser Verdrängungsmechanismus überwunden werden. Man spricht nicht gern übers Altern oder mögliche Probleme im Alter.» Politiker würden zudem kaum über eine Legislatur «hinausdenken».

Bilder des Tages

Zurück zur Startseite

sda/sob