Die Reichsten sollen mehr Steuern zahlen. Das fordert die Juso Schweiz. Sie hat am Dienstag die Unterschriften für die 99-Prozent-Initiative eingereicht.
«Wir sind die 99 Prozent, und wir haben genug», sagte Juso-Chefin Tamara Funiciello bei der Übergabe der Unterschriften in Bern. «Zieht euch warm an, ihr Abzocker.»
Die Juso hat nach eigenen Angaben 134'000 Unterschriften gesammelt für die Initiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99%-Initiative). Diese hat zum Ziel, dass das reichste Prozent stärker besteuert wird. Die anderen 99 Prozent der Bevölkerung sollen entlastet werden.
Kapitaleinkommen stärker besteuern
Konkret sollen Kapitaleinkommen wie Zinsen und Dividenden 1,5 mal so stark besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Dabei würde ein Freibetrag gelten. Wie viel das wäre, lässt der Initiativtext offen. Die Juso stellt sich eine Grenze von etwa 100'000 Franken pro Jahr vor.
Die Mehreinnahmen sollen für Steuersenkungen zugunsten tiefer und mittlerer Arbeitseinkommen oder für soziale Leistungen wie Kinderkrippen, Prämienverbilligung, Klimaschutz und Bildung verwendet werden.
Reiche immer reicher
Von der Initiative wäre das reichste Prozent betroffen, sagte die Juso-Chefin. «Alle anderen profitieren». Das reichste Prozent der Bevölkerung lasse einfach die anderen 99 Prozent für sich arbeiten. Sie erhielten Geld, weil sie schon Geld besässen – nach dem Motto «wer hat, dem wird gegeben».
Funiciello erinnerte an die jüngsten Zahlen dazu: 2017 hat das Vermögen der 300 Reichsten in der Schweiz um 60 Milliarden Franken zugenommen, was beinahe dem Bundesbudget für ein Jahr entspricht. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» besitzen sie zusammen über 670 Milliarden Franken.
In die Offensive gehen
Gleichzeitig wüssten viele Menschen nicht, «wie zur Hölle» sie am Ende des Monats ihre Rechnungen für Krankenkassenprämien, Mieten oder Zahnarzt bezahlen sollten, sagte Funiciello. Über eine Million Menschen seien armutsgefährdet. Es sei an der Zeit für die Linke, in die Offensive zu gehen – «gegen die Abzockerei, gegen die Umverteilung von unten nach oben».
Die heutige Dividendenbesteuerung begünstige nämlich diese Umverteilung. Wer 100'000 Franken Dividenden erhalte, müsse nur 60'000 Franken versteuern. Wer dagegen 50'000 Franken mit Arbeit verdiene, müsse auf dem gesamten Lohn Steuern zahlen.
Trauriger Rekord
SP-Nationalrat Samuel Bendahan (VD) stellte fest, es dürfe nicht sein, dass jemand, der arbeite, steuerlich stärker belastet werde als jemand, der vom Vermögen lebe. Das Vermögen sei nirgendwo so ungleich verteilt wie in der Schweiz, gab er zu bedenken. «Ein trauriger Rekord.» Die 99-Prozent-Initiative sei die richtige Antwort darauf.
SP-Nationalrätin Mattea Meyer (ZH) brachte die Boni für die Chefs der Grossbanken und die jüngsten Berichte über Pauschalbesteuerte ins Spiel, die kaum Steuern zahlen. Das Parlament beschliesse laufend weitere Steuererleichterungen für Reiche und für Unternehmen, kritisierte sie.
Den Mächtigen auf die Finger klopfen
Die heutige Dividendenbesteuerung bezeichnete Meyer als Witz. Kapitaleinkommen habe nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Glück und einem riesigen Vermögen. Es gelte, den Mächtigen «endlich auf die Finger zu klopfen».
An der Unterschriftensammlung hat sich auch die SP beteiligt. Nach der 1:12-Initiative und der Spekulationsstopp-Initiative handelt es sich um das dritte eingereichte Volksbegehren der Juso Schweiz. Die ersten beiden sind an der Urne abgelehnt worden.
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