Räumung von Mitholz «Wir hätten sonst gleich ins Altersheim gekonnt»

Von Uz Rieger

10.3.2022

Munitionslager: 87 Bewohner müssen Mitholz nicht zwingend verlassen

Munitionslager: 87 Bewohner müssen Mitholz nicht zwingend verlassen

Die Räumung des Armee-Munitionslagers in Mitholz BE stellt 87 Bewohner des Dorfs vor eine schwierige Entscheidung. Entgegen der ursprünglichen Planung dürfen sie nun doch im Dorf bleiben, wenn sie dies wollen.

10.03.2022

Für die Räumung des Munitionslagers müssen nun bedeutend weniger Menschen Mitholz verlassen. Allerdings dürften auch auf sie harte Zeiten zukommen. blue News hat im Dorf nachgefragt.

Von Uz Rieger

Ursprünglich ging man davon aus, dass zur Räumung des Armee-Munitionslagers im Ortsteil Mitholz der Berner Gemeinde Kandergrund alle Einwohner den Ort verlassen müssen. Gestern teilte das Verteidigungsdepartement (VBS) mit, dass 87 Bewohner des Dorfs nun doch bleiben können, so sie denn wollen.

Doch auch diese Bewohner werden nun ebenfalls vor schwierige Entscheidungen gestellt. Die Lebensqualität dürfte jahrelang eingeschränkt sein, denn Lärm, Staub und Erschütterungen sind laut dem VBS zu erwarten. Das Departement zeigt sich deshalb weiterhin bereit, sämtliche Liegenschaften im Berner Oberländer Dorf zu kaufen und die Menschen beim Wegzug zu unterstützen.

Wie die Nachricht im Dorf ankam, hat blue News per Telefon erfragt und bekam dabei geteilte Meinungen zu hören. Nur wenig Zeit für Antworten hatte die 75-jährige Susanna Abgottspon. Sie wohnt in jenem Bereich von Mitholz, in dem die Bewohner nun doch nicht wegziehen müssen und zeigt sich deutlich erleichtert: «Wir sehen das natürlich sehr positiv», sagt Abgottspon. Wenn wir hier hätten wegmüssen, hätten mein Mann und ich gleich ins Altersheim gekonnt.»

Auch während der Räumung dürfen in Mitholz nun weitere 87 Bewohnerinnen und Bewohner bleiben. (Archiv)
Auch während der Räumung dürfen in Mitholz nun weitere 87 Bewohnerinnen und Bewohner bleiben. (Archiv)

Ganz anders sieht die Stimmungslage bei der 83-jährigen Regina Trachsel aus. «Ich habe nicht gut geschlafen diese Nacht, denn wir können nicht bleiben», sagt sie. Es ziehe ihr nun fast «den Boden unter den Füssen weg», denn sie und ihr Mann hätten noch die Hoffnung gehegt, dass das VBS womöglich einen anderen Plan in Betracht zieht, um die Munitionsrückstände räumen.

Nun soll direkt vor ihrem Haus eine Mauer entstehen und die Kehre der Bahnlinie. Dafür müssten Obstbäume und ein Garten weichen, sagt Trachsel. Das werde bedrohlich. «Wird der Plan so ausgeführt, ist es hier ohnehin kein Bleiben mehr, kein Zustand». Das Licht werde fehlen und es wird viel Lärm und Staub geben, meint Trachsel.

Das Haus soll trotzdem erhalten werden

Trachsel meint aber auch: «Ich hoffe immer noch, dass wir nicht schon in vier Jahren ausziehen müssen und sich die Sache vielleicht noch in die Länge zieht.» Sie seien alte Leute und hätten schon immer gesagt: «Wir gehen nicht aus diesem Haus. Oder man muss uns raustragen, ob lebendig oder tot.»

Für den Fall, dass sie Mitholz dann verlassen müssten, hätten sie zwar noch keine konkreten Pläne gefasst, so Trachsel, allerdings hätten sie zwei Töchter und eine Grosstochter: «Da wird wohl schon ein Plätzchen für uns frei werden». In der verbleibenden Zeit würden sie nun anfangen, «verschiedene Sachen auszusortieren und zu räumen», denn die Tochter wolle das Haus unbedingt erhalten – «Mauer hin oder her».