Fragen und Antworten Was will Berset jetzt alles lockern – und wie schnell?

Von Gil Bieler

28.1.2022

Geht's ab jetzt nur noch aufwärts? Bundesrat Alain Berset auf dem Weg zu einer Medienkonferenz in Aarau. 
Geht's ab jetzt nur noch aufwärts? Bundesrat Alain Berset auf dem Weg zu einer Medienkonferenz in Aarau. 
Bild: Keystone/Anthony Anex

Plötzlich soll es schnell gehen mit der Rückkehr zur Normalität: Bundesrat Alain Berset hat am Freitag grosse Lockerungsschritte und einen zügigen Fahrplan aufs Tapet gebracht. Die wichtigsten Eckpunkte, worum es geht.

Von Gil Bieler

Was hat Berset konkret in Aussicht gestellt?

Ziemlich weitreichende Lockerungsschritte: Die Kontaktquarantäne könnte sehr bald wegfallen und die Homeoffice-Pflicht wieder in eine -Empfehlung umgewandelt werden. «Ich sage das zum ersten Mal seit zwei Jahren: Die Perspektiven sind gut», begründete der Gesundheitsminister am Freitag bei seinem Besuch im Aargau.

Und wann soll gelockert werden?

Womöglich schon an der Bundesratssitzung von kommender Woche. Der 2. Februar werde ein wichtiger Tag sein, sagte Berset vielversprechend.

Nanu, geht das jetzt alles schneller?

Ja. Erst am vergangenen Mittwoch hatte der Bundesrat beschlossen, Quarantäne und Homeoffice-Pflicht bis Ende Februar zu verlängern. Wenn Bersets Ankündigung eintritt, hätte die Regierung diesen Fahrplan also um fast einen Monat gekürzt.

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Was ist mit anderen Massnahmen?

Andere Massnahmen hat der Bundesrat gerade erst bis Ende März verlängert. Dazu zählen 2G und 2G+ für Innenräume der Gastronomie oder von Freizeitbetrieben sowie die Einschränkung privater Treffen. Nach Bersets Worten stehen diese nun ebenfalls zur Diskussion. Es werde in den nächsten Wochen «viel Bewegung» in der Pandemie geben, sagte er.

Heisst das: Wir können bald ohne Zertifikat in die Beiz?

Das scheint nicht ausgeschlossen. Im Inland habe die Zertifikatspflicht vor allem dem Schutz vor der Delta-Variante gegolten, mit Omikron sei man jetzt in einer anderen Situation. Für das Reisen brauche es aber natürlich weiterhin ein Zertifikat, und auch im Inland sei es für die Sicherheit unter anderem bei Veranstaltungen nützlich.

Woher kommt dieser Optimismus?

Berset ist der Überzeugung, dass den Spitälern jetzt, da die Omikron-Variante dominant ist, kein Kollaps mehr drohe. Davon habe er sich bei seinem Besuch im Kantonsspital Aarau nochmals überzeugen können. Zwar hätten die Spitäler viel Arbeit, aber der Trend bei den Einweisungen auf den Intensivstationen zeige kontinuierlich nach unten. Zudem gebe es in fast allen Altersgruppen – mit Ausnahme der Kinder unter zehn Jahren – eine hohe Immunisierung. Man müsse daher zur Diskussion stellen, ob all diese Einschränkungen für den Alltag noch gerechtfertigt seien.

Die Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) stützen diese Aussagen des SP-Bundesrats. Demnach lag der 7-Tage-Schnitt bei den Hospitalisationen zuletzt am 22. Januar bei 98 – zwei Wochen davor hatte der Wert 107 betragen. Auch die Auslastung der Intensivstationen bleibt stabil, trotz explodierender Fallzahlen. Per 27. Januar waren 24 Prozent der Betten frei.

Die Zahl der Spitaleinlieferungen wegen einer Corona-Infektion sind stabil.
Die Zahl der Spitaleinlieferungen wegen einer Corona-Infektion sind stabil.
Grafik: BAG

Wobei ergänzend gesagt werden muss: Die wissenschaftliche Taskforce zweifelt die Aussagekraft der Hospitaliationszahlen stark an: «Die Zahl der neuen Covid-19 Hospitalisationen pro Tag lässt sich im Moment nicht gut abschätzen, weil die Meldungen verzögert eintreffen. Es lässt sich momentan deshalb nicht bestimmen, ob die Zahl der neuen Hospitalisationen pro Tag aktuell zu- oder abnimmt», schreibt sie in ihrem neuesten Lagebericht. Kommt hinzu: Nicht die Zahl der freien Betten, sondern das Personal auf den Intensivstationen gilt als der kritische Faktor – das hatte auch Berset im Verlauf der Pandemie genug oft betont.

Ist die Pandemie bald vorbei?

Vertreter*innen aus Gewerbe und von bürgerlichen Parteien hatten diese Woche einen Freedom Day nach britischem Vorbild gefordert. Berset mag diesen Begriff nicht – wenn schon, würde er eher von einem «Freudentag» sprechen. Generell sei es aber zu früh für solche Ausdrücke, es könne immer etwas geschehen und die Pandemie sei auch nicht vorbei. Lediglich die akute Phase neige sich dem Ende zu.