Wie kann der Anstieg gebremst werden? Gesundheitskosten steigen rasant – Gewerkschaften warnen

pfi

20.5.2024

Die Kosten im Schweizer Gesundheitswesen steigen kräftig an..
Die Kosten im Schweizer Gesundheitswesen steigen kräftig an..
Bild: Keystone

In diesem Jahr steigen die Krankenkassenprämien um 8,7 Prozent, das ist die höchste Teuerung in den vergangenen 20 Jahren. Der Gewerkschaftsbund rechnet bis 2030 mit einem jährlich Anstieg um weitere 4 Prozent – und fordert Entlastungen.

pfi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Krankenkassenprämien sind im Jahr 2024 massiv gestiegen.
  • Auch für die kommenden Jahre ist keine Entspannung für die Beitragszahler in Sicht.
  • Der Gewerkschaftsbund rechnet bis 2030 mit einem jährlichen Anstieg der Prämien um 4 Prozent.

Markant gestiegene Gesundheitskosten treiben die Krankenkassenprämien auf ungeahnte Höhen. In diesem Jahr müssen die Bürger*innen einen Prämienschock von 8,7 Prozent verkraften. Die Durchschnittsprämie beträgt laut Angaben des Bundesamts für Gesundheit aktuell 359,50 Franken. Wobei es kantonale Unterschiede gibt. So müssen Versicherte im Kanton Genf 454,40 Franken berappen, im Kanton Basel-Stadt sind es 451,20 Franken. Einiges günstiger fällt der Tarif im Kanton Uri aus. Dort beläuft sich die monatliche Prämie auf 272 Franken, im Kanton Appenzell Innerrhoden fallen die Kosten mit 246,190 Franken am niedrigsten aus.

Eine Ende der Kostenspirale im Gesundheitswesen ist nicht abzusehen. Das bedingt alleine schon die demografischen Entwicklung. Laut Angaben des «Blick» rechnet die Konjunkturforschungsstelle der ETH mit einem Kostenanstieg auf gegen 100 Milliarden Franken im Jahr 2025.

Veränderung der mittleren Krankenkassenprämie je versicherte Person pro Jahr im Vergleich zum Vorjahr.
Veränderung der mittleren Krankenkassenprämie je versicherte Person pro Jahr im Vergleich zum Vorjahr.
Bild: BAG

Die Nachfrage beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) über die zukünftige Steigerung der Prämienlast bleibt unbeantwortet: «Das BAG hat keine Prognosen zur künftigen Prämienbelastung», erklärt Mediensprecherin Gabriela Giacometti gegenüber «Blick»

Mehrkosten steigen erheblich

Genauer fallen die Berechnungen des Gewerkschaftsbundes aus. Unter Berücksichtigung der Abstimmung über die Prämienentlastungs-Initiative vom 9. Juni und den Szenarien des Bundes zur Grundversicherung und zum Bruttoinlandprodukt erklärt SGB-Zentralsekretär Reto Wyss gegenüber «Blick»: «Bis 2030 werden die Prämien jährlich um 4 Prozent steigen.»

Für eine erwachsene Einzelperson würde demnach die Prämie von derzeit rund 430 auf 540 Franken steigen. Besonders dick kommt es für Familien. Während die Kosten für eine vierköpfige Familie mit einem minderjährigen sowie einem volljährigen Kind derzeit bei durchschnittlich 1265,80 Franken pro Monat liegen, würden die Ausgaben bis 2030 bei monatlich 1601,65 Franken ansteigen. Im Jahresvergleich wachsen die Ausgaben von derzeit über 15'000 Franken im Jahr auf über 19'000 Franken im Jahr 2030. «Das ist ein Sprung um 27 Prozent», so Wyss.

Nicht nur die Gewerkschaft, auch SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard (56, VD) beunruhigt diese Berechnung: «Die Krankenkassenprämie ist die einzige Steuer, die immer weiter erhöht wird. So kann es nicht weitergehen», sagt er zu «Blick».

Was bringt die Prämienentlastungs-Initiative?

Mit der Prämienentlastungs-Initiative sollen die Krankenkassenprämien gedeckelt werden und neu nicht mehr als 10 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen. Gemäss Initiativtext soll der Bund zwei Drittel der Gesamtausgaben übernehmen. Die Kantone sollen einen Drittel finanzieren.

Das Parlament hätte bei einer Annahme der Initiative drei Jahre Zeit, den neuen Verfassungsartikel auf Gesetzesstufe umzusetzen. Gelänge dies nicht, müsste der Bundesrat die Bestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg erlassen.

Heute bezahlt der Bund 7,5 Prozent der Bruttokosten für die Grundversicherung. Die Kantone bezahlen den Rest. Im Jahr 2022 wurden rund 5,4 Milliarden Franken an öffentlichen Geldern für Prämienverbilligungen aufgewendet. Der Bund hat mehr als die Hälfte davon bezahlt.

«Die Prämienentlastungs-Initiative ist somit auch ein Schutz vor zukünftigen Erhöhungen», so Maillard. Das Stimmvolk könnte mit der Annahme der Initiative die jährlich auf das Volk abgewälzten Prämienerhöhungen zu Teilen an den Bund und die Kantone abgeben. Dann müsste das Land mehr Prämienverbilligungen ausschütten.

Drohen Steuererhöhungen bei einem Ja zu Initiative?

Kritiker*innen bezweifen jedoch die Umverteilung der Prämienlast auf Bund und Kantone. Sie befürchen, dass bei einem Ja zur Initiative im Gegenzug die Steuern angehoben werden könnten.

Der Bund hat bereits Berechnungen für einen 10-Prozent-Prämiendeckel angestellt. Er rechnet mit Mehrkosten von gut 8 Milliarden Franken für die öffentliche Hand.