Guanziroli am GerichtIm Drogenrausch getötet: Kommt heute der Galeristensohn frei?
Von Silvana Guanziroli
27.11.2019
Heute wird das zweitinstanzliche Urteil gegen den Sohn eines wohlhabenden Zürcher Galeristen erwartet. Der 34-jährige Deutsche tötete im Dezember 2014 seinen besten Freund im Drogenrausch.
Die Tat erschreckt bis heute durch die rohe Gewalteinwirkung. Nüchtern beschreibt die Zürcher Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift, wie der Galeristensohn seinen Freund angreift, ihn misshandelt und schliesslich tötet. Und es ist gerade diese Nüchternheit, die aufzeigt, welches Martyrium das Opfer in seinen letzten Minuten durchleben musste.
Der damals 29-jährige Täter schlägt mit Fäusten auf den Kopf seines Freundes ein, er wirft ihn in einen Glastisch, bricht ihm mit einem sechs Kilogramm schweren Kerzenständer den Schädel. Als er merkt, dass der Freund noch immer atmet, rammt er ihm eine Kerze in den Rachen und würgt ihn schliesslich, bis er sich nicht mehr regt.
Dass der Galeristensohn diese Tat begangen hat, ist unbestritten. In einem ersten Prozess vor dem Zürcher Bezirksgericht 2017 ist der 34-Jährige zu einer Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren verurteilt worden. Schuldig gesprochen wurde er neben der vorsätzlichen Tötung auch für die Vergewaltigung seiner Ex-Verlobten in London.
Jetsetter mit monatlich 5'000 Franken Sackgeld
Seit letzten Montag läuft der Berufungsprozess vor dem Zürcher Obergericht. Die Verteidiger hatten den Fall an die nächste Instanz weitergezogen. Die Forderung: sofortige Haftentlassung für ihren Mandanten. Dieser habe sich zum Tatzeitpunkt in einem psychotischen Rausch befunden – ausgelöst durch die Einnahme von Ketamin und Kokain. Er könne deshalb für die Tat nicht zur Rechenschaft gezogen werden, so lautet ihre Bilanz.
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie fordert gar eine Erhöhung der Freiheitsstrafe auf 16 Jahre. Mit dem Entscheid, weiter Drogen zu konsumieren, habe der Beschuldigte die Eskalation in Kauf genommen.
Der Galeristensohn lebt in den Jahren vor der Tat das Leben eines unbekümmerten Goldküsten-Sprosses. Für Partys jettet er nach London, New York und Ibiza. Sein Vater bezahlt ihm eine Luxus-Wohnung mitten in Zürich, dazu bekommt er Sackgeld in der Höhe von 5'000 Franken monatlich. Einer geregelten Arbeit geht der junge Mann nicht nach. Es bleibt viel Zeit und Raum, um auf dumme Gedanken zu kommen.
Hexen, Geister und das Fegefeuer
Der Beschuldigte fängt mit dem Konsum von Drogen an, zuerst mit Cannabis, dann mit Ketamin und Kokain. Am Schluss schnupft er bis zu zwei Gramm pro Tag. Und die Drogen hinterlassen ihre Spuren.
Im Februar 2011, damals 26-jährig, attackiert er im Rausch seinen Vater mit einem Gehstock. Diesem bleibt nichts anderes übrig, als zu den Nachbarn zu flüchten und die Polizei zu alarmieren. Wegen Selbst- und Fremdgefährdung wird der Sohn per fürsorgerischem Freiheitsentzug in die psychiatrische Klinik eingewiesen. Während der Behandlung gibt der Beschuldigte zu, Wahnvorstellungen zu haben. So seien seine Angehörigen Hexen und sein Vater ein Zauberer, die ihm Schlechtes wollen.
Im Rahmen dieser Behandlung warnen die Ärzte den Galeristensohn eindringlich vor weiterem Drogenkonsum. Sonst könne es erneut zu «paranoiden Schüben oder Verfolgungsideen» kommen.
Doch der Galeristensohn macht weiter, weiter mit den Partys und weiter mit den Drogen. Auch ein weiterer Vorfall, bei dem er fast seine Ex-Verlobte aus dem mit 80 Stundenkilometer fahrenden Taxi wirft, bringen ihn nicht zur Besinnung. Wie er später aussagt, habe er in diesem Moment geglaubt, sie sei ein Geist, der ihn ins Fegefeuer werfen wolle.
Und auch seinen besten Freund will der Beschuldigte kurz vor der Tat in einer anderen Gestalt gesehen haben. Nach seinen Aussagen erschien er ihm als Alien mit grünem Gesicht und langen Ohren.
Weitere Zeugenbefragung?
Im Gefängnis ist der Beschuldigte mittlerweile drogenfrei. Er denke jeden Tag an sein Opfer und das begangene Tötungsdelikt. Und er bereue die Tat zutiefst, wie er vor Gericht aussagt. Denn er habe seinen besten Freund wie einen Bruder geliebt. Nach eigenen Angaben arbeitet der Beschuldigte im Gefängnis in der Kartonage und der Buchbinderei und spielt in der Freizeit Schach und lerne für ein Fernstudium in Immobilien-Management. Und er wolle, sollte er in Freiheit kommen, alles dafür tun, um keine Drogen mehr zu konsumieren.
Ursprünglich war das Urteil des Obergerichts für den 18. November geplant. Doch das Gericht vertagte die Verhandlung. Ob es heute allerdings wirklich zu einem Entscheid kommt, ist unklar. Ein weiteres Szenario ist: Das Gericht forderte weitere Zeugenbefragungen für die Urteilsfindung.
Am Stadtrand von Damaskus haben die Kämpfer eine Drogenfabrik des Assad-Regimes entdeckt. Fachleute beschuldigen Syrien seit Jahren, ein grosser Akteur im internationalen Rauschgifthandel zu sein.