Hunderttausende Frauen fordern Gleichstellung Lila und laut: Grösste Demo der jüngeren Geschichte

SDA/Red

15.6.2019 - 11:02

Der dezentral organisierte zweite Frauenstreik in der Schweiz vermochte landesweit stark zu mobilisieren. Die Organisatorinnen gehen von Hunderttausenden von Frauen aus, die Gleichberechtigung einforderten. Die Ereignisse des Tages im Überblick.

Bereits vor Beginn der Gross-Kundgebungen in den verschiedenen Landesteilen sei klar, dass sich am Frauenstreik 2019 Hunderttausende Frauen beteiligt haben, schrieb der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) am Freitagabend in einer ersten Einschätzung. Allein bei den Aktionen bis zum Mittag hätten schweizweit gegen 100'000 Personen an den Aktionen auf der Strasse und in den Betrieben teilgenommen.

In praktisch allen Städten sowie vielen grösseren Gemeinden fanden Aktionen und Kundgebungen mit einigen hundert bis mehreren tausend Teilnehmenden statt. In Basel brach der Verkehr in den Innenstadt gemäss dem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am späten Nachmittag zusammen. Mehrere tausend Frauen jeglichen Alters und einige Männer waren auf der Strasse.

In der Westschweiz wurden Dutzende Schulen und Kindertagesstätten bestreikt. Kristallisationspunkt des Kampftages war jedoch der Berner Bundesplatz. Dort verschafften sich um 11 Uhr tausende Frauen mit Pfannendeckeln, Hörnern, Trillerpfeifen, Rasseln und Rätschen Gehör. Bis Mittag beteiligten sich allein in Bern insgesamt rund 10'000 Frauen und Männer am Streik, wie die Veranstalterinnen mitteilten.

Um 11 Uhr war der Moment, in dem laut Streikaufruf im ganzen Land die Frauen ihre Arbeitsplätze verliessen und mit viel Lärm und Transparenten auf sich aufmerksam machten.

Politikerinnen baden in der Menge

Gestreikt wurde auch im Nationalrat. Präsidentin Marina Carobbio (SP/TI) unterbrach die Sitzung für eine Viertelstunde und der Ratssaal leerte sich rasch. Viele Vertreter der SVP blieben indes an ihren Plätzen sitzen. Auf dem Bundesplatz mischten sich Politikerinnen inklusive Bundesrätin Viola Amherd unter die Frauen. Sie wurden von der Menge lautstark begrüsst.

Aus Fenstern des Bundeshauses wurden vorübergehend violette Tücher geschwenkt. Dass die Parlamentarierinnen nur eine kurze Zeit an der Kundgebung auf dem Bundesplatz teilnahmen begründeten sie damit, dass sie die Männer im Bundeshaus nicht einfach abstimmen lassen wollten, wie Grünen-Präsidentin Regula Rytz sagte.

Auto fährt in Umzug

In Zürich blieben Zwischenfälle nicht aus. Am frühen Abend fuhr ein Mann mit seinem Auto aus unbekannten Grünen in die Umzugsroute. Verletzt wurde bei dem Vorfall in der Nähe des alten Botanischen Gartens laut Polizei niemand. Der Mann wurde festgenommen.

Einige Demonstrantinnen waren zudem nicht ganz friedlich gestimmt und griffen Fotografen an. Es kam entlang der Umzugsroute vereinzelt zu Sprayereien, und es wurden pyrotechnische Gegenstände gezündet. Die Stadtpolizei teilte zudem mit, dass die Blockade die Rettungsfahrzeuge behindere. Schliesslich beendeten die Demonstrantinnen die Blockade und zogen weiter. In Bern wurde eine Frau mit Kot beworfen.

Grösste Demo der jüngeren Geschichte

Die Organisatorinnen bezeichneten den zweiten Frauenstreik als grösste politische Demonstration der jüngeren Geschichte. Nach ihren Schätzungen dürften sich mehr Frauen beteiligt haben als 1991, wo es eine halbe Million waren. Besonders bemerkenswert waren die vielen jungen Frauen, wie das Streikkomitee mitteilte. Insgesamt dürften bei den verschiedenen Aktionen und Demonstrationen Hunderttausende von Frauen für ihre Anliegen eingetreten seien.

Bereits am Mittag hatte sich die Gewerkschaft Unia begeistert geäussert über den Verlauf des Frauenstreiks: Die grosse Resonanz und Mobilisierung zeige, dass die Verbesserung der Lebens und Arbeitsbedingungen «überfällig und bitter notwendig ist». Der Tag zeige überdeutlich, dass die Gleichstellung der Geschlechter eine der sozial drängendsten Fragen der Schweiz sei.

Einen handfesten Erfolg gab es aus Luzern zu vermelden: nach drei Stunden Streik hat der Arbeitgeber einer Reinigungsfirma gemäss SGB den Mitarbeiterinnen zugesichert, dass Vor- und Nachbearbeitungsarbeiten sowie die Reisezeit ab sofort bezahlt werden.

Solidarität gab es auch aus den USA: Mitarbeiterinnen von McDonalds, die sich derzeit in den USA wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Streik befinden, sind am Freitag nach Zürich gereist, um sich ihren Schweizer Kolleginnen am Frauenstreiktag anzuschliessen.

Auch am Jahreskongress der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf war der Frauenstreik ein Thema. Mit dem Kampf gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt sowie gegen Ungleichheit standen zwei zentrale Themen des Frauenstreiks im Zentrum der Debatten.

Turmwächterablösung in Lausanne

Begonnen hatten die Aktionen in Lausanne. Dort trafen sich in den frühen Morgenstunden zum Auftakt rund 500 Frauen, die auf die Anliegen des weiblichen Geschlechts mit Transparenten aufmerksam machten. Auch lösten Frauen den Turmwächter von Lausanne ab und schrien die Uhrzeit ins Dunkel hinaus.

Bereits am frühen Morgen war auch in Zürich bei der Hardbrücke die «Klitoris-Wanderung» gestartet . Das Ziel das Ziel der Aktivistinnen ist, dass aufgeklärt wird ohne Sexismus. In Basel wurde das höchste Haus der Schweiz, der Roche-Turm, mit dem Logo des Streiktages angestrahlt.

Dem Eidgenössischen Parlament wurde am Morgen eine Bittschrift übergeben, in der ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent für Damen-Hygieneprodukte gefordert wird. Diese Petition für eine tiefere Tamponsteuer haben mehr als 11'000 Personen unterschrieben.

Und Zeitungen zogen mit besonderen Aktionen mit. So erschien etwa der «Bote der Urschweiz» am Freitag als «Botin der Urschweiz».

Der 14. Juni ist ein Schlüsseldatum für die Gleichstellung von Mann und Frau in der Schweiz. 1981 hiess das Volk den entsprechenden Verfassungsartikel gut. 1991, zehn Jahre später, legten eine halbe Million Frauen in der Schweiz die Arbeit nieder, angeführt von den Gewerkschaften.

Der Ticker des Tages im Überblick:

18.49 Uhr: Breites Bündnis auch in St. Gallen

Zum zweiten Frauenstreik in der Geschichte der Schweiz reisten am Freitag viele Ostschweizerinnen nach St. Gallen, wo ein breit abgestütztes Komitee den Streiktag vorbereitet hatte. Herzstück war die Kundgebung durch die Innenstadt, an welcher sich laut der St. Galler Stadtpolizei rund 4000 Personen beteiligten.

Der lilafarbene Zug, in dem hauptsächlich Frauen mitmarschierten, führte vom Streikplatz in der Marktgasse durch den Klosterbezirk zum Bahnhof und wieder zurück. Mit dabei waren neben Frauen aller Altersgruppen auch Gewerkschaften, Familien, Männer, Politikerinnen und Politiker, Schauspielerinnen und Schauspieler.

«Vorwärts mit dem gleichen Lohn, alles andere ist ein Hohn!» oder «Ufe mit de Frauelöhn, abe mit de Boni!» skandierten die Frauen auf dem mehrere hundert Meter langen Demonstrationszug durch die Gassen der Altstadt.

18.16 Uhr: Tausende fordern in Luzern Gleichstellung

Auch Tausende Luzernerinnen haben am Freitag lautstark Gleichstellung mit den Männern in allen gesellschaftlichen Belangen gefordert. Am späten Nachmittag zogen sie in einem langen und lauten Demonstrationszug durch die Stadt. 

Die Luzerner Polizei schätzte am Nachmittag die Zahl der Frauenstreikteilnehmerinnen auf rund tausend, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Am späteren Nachmittag strömten aber noch hunderte weitere Frauen zum Theaterplatz, um an der Kundgebung teilzunehmen. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmerinnen auf rund 3000.

Der lautstarke Zug zog vom Theaterplatz über die Reussbrücke in die Altstadt, von dort zum Schwanenplatz und von dort weiter zum Bahnhof. «Gleichstellung: Taten statt Worte» forderten die Frauen. In Reden wurde dabei auch die Politik des Luzerner Regierungsrates, ein reines Männergremium, kritisiert.

17.46 Uhr: Zenntausende demonstrieren in Zürich

Nachdem der Frauenstreik in Zürich den ganzen Tag über in verschiedenen Stadtkreisen stattfand, wurde die grosse Zahl der Teilnehmerinnen bei der Schlussdemo offensichtlich: Mehrere zehntausend Frauen – und auch einige Männer – zogen durch die Innenstadt.

Das Gebiet rund um den Hauptbahnhof war für den Verkehr nicht mehr passierbar. Aus allen Richtungen und Quartieren strömten die Demonstrantinnen an den Limmatquai. Mit Trillerpfeifen und Transparenten forderten die Frauen auch hier mehr Gleichberechtigung, mehr Frauen in Spitzenpositionen, kostenlose Kinderbetreuung und ein Ende von sexueller Belästigung. 

Der Protest zeigte sich bunt und vielfältig.
Der Protest zeigte sich bunt und vielfältig.
Keystone

16.52 Uhr: Massenauflauf in Chur

Bei einer der grössten Manifestationen der letzten Jahre in Chur haben deutlich über 1000 Teilnehmerinnen auf die Forderungen der Frauen aufmerksam gemacht. Respekt, mehr Lohn und mehr Zeit verlangten die Demonstrantinnen am nationalen Streiktag.

Der laute und bunte Frauen-Power-Marsch durch die Churer Altstadt und die City wie auch der Frauenstreik generell in Graubünden standen unter dem dreisprachigen Aushang: «Rispetto. Dapli temp. Mehr Lohn». Aktionen wurden durchgeführt in allen drei Sprachregionen des Kantons.

16.49 Uhr: Bundesplatz ist voll

Der Frauenstreik sorgt in Bern für einen Grossaufmarsch: Bereits am Nachmittag platzte der Bundesplatz aus allen Nähten. Von überall her stiessen weitere Gruppen von Demonstranten zu den Frauen vor dem Bundeshaus.

Geschninkte Lippen und Fahne: Eine der Statuen am Bundeshaut im Frauenstreik-Look.
Geschninkte Lippen und Fahne: Eine der Statuen am Bundeshaut im Frauenstreik-Look.
Bild: Keystone/Peter Klauenzer

Bereits am Mittag war der Platz vor dem Bundeshaus gut gefüllt. Am Nachmittag quoll die Menge auf die den Platz umgebende Strasse. Der Bundesplatz fasst laut offiziellen Angaben 10'000 Personen. Diese Grenze dürfte bis am Abend weit überschritten sein.

Demonstrationsumzug zum Frauenstreik in Zürich

Demonstrationsumzug zum Frauenstreik in Zürich

Auf dem Zürcher Helvetiaplatz haben sich am Nachmittag Hunderte Frauen zu einem Demonstrationsumzug zusammengefunden.

14.06.2019

16.15 Uhr: Bundesrat will die Gleichstellung

Die Umsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen ist für den Bundesrat eine politische Priorität. Das schreibt er in seiner Stellungnahme zu einer dringlichen Anfrage aus dem Parlament. Neue Massnahmen kündigt er indes nicht an.

Auskunft verlangt hat die Grüne Fraktion. Sie wollte vom Bundesrat wissen, wie er sich zu 15 Forderungen des Frauenstreiks stelle. Die schleppende Umsetzung der Gleichstellung der Frau in allen Lebensbereichen sei nicht nur diskriminierend, sondern auch volkswirtschaftlich Unsinn, kritisieren die Grünen.

15.53 Uhr: Mehr Beachtung für Pflegende

Etwas Abseits des bereits seit dem Mittag prall gefüllten Bundesplatzes haben Seniorinnen auf der kleinen Schanze ihren Anliegen zum Frauenstreik Ausdruck verliehen – mit einer Staubsaueraktion.

Gut ein Dutzend Rentnerinnen, mit Besen und Staubsaugern bewehrt, wischten das Pavillon auf der Kleinen Schanze. Dann legten sie ihre Arbeitsgeräte nieder und verlasen Statements: Alterspolitik sei eine öffentliche Aufgabe, für die es mehr Mittel brauche, betonten die Frauen. Sie wiesen ebenfalls darauf in, dass Hausarbeit nicht anerkannt werde. «Frauen erledigen zwei Drittel davon».

15.28 Uhr: Blockade in Zürich beendet

Der Verkehr rund um den Zürcher Hauptbahnhof fliesst wieder: Die mehreren hundert Demonstrantinnen des Frauenstreiks haben ihre Blockade beendet und sind weiter gezogen. Zuvor kam es zu hitzigen Szenen, weil einige Demonstrantinnen verhindern wollten, dass Fotografen die Aktion festhielten.

15.24 Uhr: Ab jetzt «gratis»

Um 15:24 Uhr erklang ein lautes «Jetzt» auf dem Berner Bundesplatz. Gemäss Berechnungen der Initiantinnen des Frauenstreiks arbeiten Frauen ab diesem Zeitpunkt «gratis». Die Aktion soll auf den nach wie vor bestehenden Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen.

Zur selben Zeit verliessen auch viele Mitarbeiterinnen des Universitätsspitals Zürich ihren Arbeitsplatz. Laut Lohnstudien arbeiten Frauen in der Schweiz aufgrund der Lohnunterschiede zu ihrem männlichen Arbeitskollegen bei einer acht Stunden-Schicht 1 Stunde und 36 Minuten gratis. 

14.16 Uhr: Bischof solidarisiert sich

Der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, hat sich hinter die Forderungen des Frauenstreiktags gestellt. In einer Mitteilung schreibt die Diözese, die Arbeit von Frauen und Männern müsse sich gegenseitig ergänzen.

Ein BH statt Liebesschlösser hängt am Basler Kappelijoch.
Ein BH statt Liebesschlösser hängt am Basler Kappelijoch.
Bild: Keystone/Georgios Kefalas

In vielen Fällen trage eine gleichzeitige Präsenz von Frauen und Männern zu einem besseren Verständnis von Situationen bei. Im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg seien 70 Prozent der Angestellten weiblich, heisst es in der Mitteilung weiter. Lohnunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Angestellten gebe es im Bistum nicht. Priester und Bischöfe verdienten weniger als eine Pastoralassistentin.

14.03 Uhr: Performance gegen Kostensenkungen

Mitarbeiterinnen aus dem Care-Sektor, Pflegerinnen, Sozialarbeiterinnen oder Lehrerinnen demonstrierten am Frauenstreiktag in Zürich mit einer Performance gegen Manager, die mit Kostensenkungsmassnahmen ihre Arbeit erschweren. Zu ihren Forderungen gehören die Abschaffung der Fallpauschale und ein Ende der Restrukturierungen, die aus einer Wettbewerbslogik heraus entstehen. Ihre Performance führten sie in mehreren Spitälern und Bildungseinrichtungen auf, wie im Video vor dem Careum, dem Bildungszentrum für Gesundheitsberufe.

13.29 Uhr: Ostschweizerinnen treffen sich in St. Gallen

Rund 800 Frauen aus der Ostschweiz haben sich am Freitagvormittag zum Frauenstreik in St. Gallen getroffen. Mit bunten und lauten Aktionen auf dem Streikplatz bereiteten sie sich auf die Kundgebung vom Nachmittag vor.

13.20 Uhr: Sommaruga diskutiert mit Gymnasiasten

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat anlässlich des Frauenstreiks mit Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in Lausanne über die Ungleichheit der Geschlechter diskutiert. Die SP-Bundesrätin zeigte sich tief beeindruckt von einem Film, für den eine der Klassen ausgezeichnet worden ist. In dem kurzen Video fordern die Schülerinnen und Schüler vor allem «Respekt». 

«Diese Klasse hat viel diskutiert und sich sehr sensibel für Geschlechterfragen gezeigt», stellte Sommaruga erfreut fest und fügte hinzu: «Es ist ein Skandal, dass die Lohngleichheit noch immer nicht realisiert ist.» Es sei aber befriedigend zu sehen, dass sich junge Frauen heute stärker, als das in ihrer eigenen Jugend der Fall gewesen sei, einbrächten und äusserten.

13.14 Uhr: Frauen blockieren Zürcher Central  

Nichts geht mehr rund um den Zürcher Hauptbahnhof: Mehrere hundert Demonstrantinnen des Frauenstreiks haben sich am Freitagmittag auf die Tramgeleise gesetzt und den Verkehrsknotenpunkt mit Bändern abgesperrt. Der Trambetrieb ist vorübergehend eingestellt.

12.52 Uhr: Der Streik kristallisiert in Bern

Der Frauenstreik ist dezentral organisiert, der Berner Bundesplatz ist jedoch ein Kristallisationspunkt: Dort verschafften sich um 11 Uhr tausende Frauen mit Pfannendeckeln, Hörnern, Trillerpfeifen, Rasseln und Rätschen Gehör. Bis Mittag beteiligten sich in Bern laut den Veranstalterinnen insgesamt rund 10'000 Frauen und Männer am Streik.

Demonstrantinnen und Demonstranten versammeln sich vor dem Mittag auf dem Berner Waisenhausplatz.
Demonstrantinnen und Demonstranten versammeln sich vor dem Mittag auf dem Berner Waisenhausplatz.
Bild Bluewin/Valérie Zaslavski

12.08 Uhr: US-Delegation in Zürich

Solidarität aus den USA: Mitarbeiterinnen von McDonald's, die sich derzeit in den USA wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz im Streik befinden, sind eigens zum Frauenstreik nach Zürich gereist. Sie schliessen sich ihren Schweizer Kolleginnen an.

«Grève» – auch am Waadtländer Kantonspital wird gestreikt.
«Grève» – auch am Waadtländer Kantonspital wird gestreikt.
Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott

Eine Delegation aus den USA hat sich mit der Gewerkschaft Unia getroffen, wie es in einer Mitteilung der Kampagne «Fight for 15 $» heisst. Dabei seien untereinander Berichte ausgetauscht worden, die unter anderem sexuelle Ausbeutung oder lüsterne Anmerkungen dokumentierten. Hintergrund des Streiks in den USA sind mehrere Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz beim Grosskonzern McDonalds.

11.55 Uhr: Tausende auf dem Bundesplatz

Mehrere tausend Frauen folgten um elf Uhr dem Aufruf zum Frauenstreik und legten mindestens eine verlängerte Pause ein. Auf dem Bundesplatz mischten sich Politikerinnen unter die Frauen. Sie wurden von der Menge lautstark begrüsst.

Sibel Arslan, GP-BS, rechts, macht auf dem Bundesplatz ein Selfie mit Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti, Bundesrätin Viola Amherd und Nationalrätin Isabelle Moret (von rechts)
Sibel Arslan, GP-BS, rechts, macht auf dem Bundesplatz ein Selfie mit Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti, Bundesrätin Viola Amherd und Nationalrätin Isabelle Moret (von rechts)
Bild: Keystone/Peter Klaunzer

Mit Pfannendeckeln, Hörnern, Trillerpfeifen, Rasseln und Rätschen verschafften sich die geschätzten rund vier bis fünftausend Frauen Gehör. «Frauen verändern die Gesellschaft – jetzt» prangte auf einem grossen Plakat über der auf dem Bundesplatz für den Abend aufgebauten Bühne.

Auch aus Fenstern des Bundeshauses wurden vorübergehend violette Tücher geschwenkt. Dass die Parlamentarierinnen nur eine kurze Zeit an der Kundgebung auf dem Bundesplatz teilnahmen, begründeten sie damit, dass sie die Männer im Bundeshaus nicht einfach abstimmen lassen wollten, wie Grünen-Präsidentin Regula Rytz sagte.

11.32 Uhr: Redaktionen färben Portal violett

Rund 30 Medientitel haben um 11 Uhr im Rahmen der «Aktion Purple Screen» ihre Webseiten teilweise in violett getaucht und einen Artikel über die Ungleichheit von Mann und Frau dazugestellt.

Auf dem Kanzleiareal in Zürich trudeln allmählich die Streikenden ein.
Auf dem Kanzleiareal in Zürich trudeln allmählich die Streikenden ein.
Bild: Bluewin/Anna Kappeler

Bei «Bluewin» zeigen wir in einem Artikel auf, wo unsere Redaktion steht im Bezug auf die Forderungen des Frauenstreiks. «Hier könnte der Artikel einer Frau stehen ..., ... aber sie streikt heute», las man violett hinterlegt zuoberst auf der Onlineausgabe des «Blick», der «Aargauer Zeitung» oder des «Tages-Anzeigers». Letzterer lieferte um 11 Uhr gleich noch einen Livetalk aus dem Bundeshaus und befragte die protestierenden Frauen vor dem Bundeshaus live.

Nationalrätin Margret Kiener Nellen bei einer Kundgebung zum Frauenstreik auf dem Bundesplatz in Bern.
Nationalrätin Margret Kiener Nellen bei einer Kundgebung zum Frauenstreik auf dem Bundesplatz in Bern.
Bild: Keystone/Peter Klaunzer

Etwas weiter unten auf der Seite platzierte die Onlineplattform nau.ch die Aktion. Bei watson.ch war gleich die gesamte Onlineplattform violett umkränzt. Die grosse Mehrheit der Redaktionen, die sich an der Aktion beteiligten, waren in der Deutschschweiz. Es handelte sich namentlich um Titel aus den Medienhäusern CH Media, Tamedia (Bund, Berner Zeitung), Ringier (Blick online) oder der Republik. 

11.00 Uhr: Streik!

Um 11 Uhr legen Frauen in der ganzen Schweiz die Arbeit nieder. Selbst der Nationalrat legt eine Streikpause ein: Nationalratspräsidentin Marina Carobbio (SP/TI) hat die Sitzung um 11 Uhr für eine Viertelstunde unterbrochen, damit die Ratsmitglieder aus Solidarität mit den Frauen an einer der verschiedenen Aktivitäten teilnehmen können. Der Ratssaal leerte sich in der Folge rasch.

10.05 Uhr: Plakat erzürnt Erich Hess

Im Berner Stadtparlament gibt es Wirbel um ein Frauenstreik-Plakat. Dieses war am Rednerpult angebracht und brachte den SVP-Nationalrat und Stadtparlamentarier Erich Hess derart in Rage, dass er es abnahm.

Sieben der acht Fraktionen wollten mit dem Plakat und weiteren Aktionen auf den nationalen Frauenstreik aufmerksam machen. Die SVP-Fraktion – die ausschliesslich aus Männern besteht –, hatte im Vorfeld einstimmig beschlossen, das Plakat zu tolerieren. «Es werden keine Störaktionen veranstaltet», heisst es in einem partei-internen Dokument , das der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt.

Erich Hess hat kein Verständnis für die Plakataktion im Berner Stadtparlament. 
Erich Hess hat kein Verständnis für die Plakataktion im Berner Stadtparlament. 
Bild: Keystone/Alessandro della Valle

9.50 Uhr: Petition gegen «Pink Tax»

«Bloody Unfair – Runter mit der Tampon-Steuer»: Mehr als 11'000 Personen haben eine Petition mit dieser Forderung unterschrieben. Am Freitag, dem Tag des zweiten Frauenstreiks in der Schweiz, ist die Bittschrift dem Parlament übergeben worden.

Die Petition war am Welt-Frauentag am 8. März lanciert worden. Sie fordert den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent für Damen-Hygieneprodukte. Campax, die Organisation hinter der Petition, hat die sogenannte Pink Tax im Visier. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent gilt für Güter des täglichen Bedarfs. Tampons und Binden werden indes zum Normalsatz von 7,7 Prozent besteuert.

9.45 Uhr: Demonstration in Bern

5.00 Uhr: Erste Aktionen 

In der Nacht auf Freitag gab es bereits erste Aktionen. So teilte die Unia in einer Medieninformation mit, als Auftakt das höchste Haus der Schweiz, den Roche-Turm in Basel, mit dem Logo des Streiktages angestrahlt zu haben. Die Aktion war weitherum sichtbar.

In Zürich wurde der Aktionstag mit einem Frauen-Corso pünktlich um Mitternacht eingeleitet. Der Umzug bewegte sich entlang der Langstrasse in Zürich vom Kreis 4 in den Kreis 5, die Teilnehmerinnen machten sich mit einem Hupkonzert bemerkbar.

In Lausanne trafen sich in den frühen Morgenstunden zum Auftakt rund 500 Frauen, die auf die Anliegen des weiblichen Geschlechts mit Transparenten aufmerksam machten. Und auch einige Zeitungen zogen mit besonderen Aktionen mit. So erschien etwa der «Bote der Urschweiz» am heutigen Freitag als «Botin der Urschweiz».

In Basel wird das Frauenstreik-Logo an den Roche-Turm projiziert.
In Basel wird das Frauenstreik-Logo an den Roche-Turm projiziert.
Bild: Keystone/Georgios Kefalas

Die Hintergründe

Heute findet in der Schweiz der Frauenstreik statt. Der Kampftag für die Gleichstellung der Geschlechter ist dezentral organisiert und geht an vielen Orten mit mannigfaltigen Aktionen über die Bühne. 

Landauf, landab hatten sich in den vergangenen Tagen und Wochen zahllose Frauen auf den zweiten nationalen Frauentag nach 1991 vorbereitet. Sie mobilisierten ihre Kräfte und malten Plakate sowie Transparente. Und auch das Wetter dürfte den Frauen in die Hände spielen, sind doch für Freitag sommerliche Temperaturen und nur wenig Regen angesagt.

Im Gegensatz zum ersten Streik vor 28 Jahren wird der Frauenstreik am 14. Juni diesmal von regionalen Kollektiven und nicht zentral von den Gewerkschaften angeführt. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat daher diesmal auch keinen richtigen Überblick, was am Freitag alles passieren wird. Aber er war im Vorfeld guter Dinge. Man habe viel Streikmaterial verschickt, und die Fahnen seien auch ausverkauft.

Bezüglich der zahlenmässigen Beteiligung will sich der SGB im Vorfeld des Grossanlasses nicht festlegen. 1991 machte eine halbe Million Frauen mit. Das Motto damals lautete: «Wenn Frau will, steht alles still.» 2019 heisst das Motto: «Lohn. Zeit. Respekt.»

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