Alain Berset«Ungeimpfte können sich jetzt nicht mehr auf Schutz durch Staat verlassen»
red
11.8.2021
Der Bundesrat behält die geltenden Corona-Massnahmen vorerst bei. Ab 1. Oktober sollen Selbsttests und Tests für Personen ohne Symptome nicht mehr gratis sein.
red
11.08.2021, 16:37
11.08.2021, 18:01
red
Das Wichtigste in Kürze
Die geltenden Corona-Massnahmen werden vorerst beibehalten. Der Bundesrat begründet dies mit der Schonung der Spitäler, und explizit nicht mehr mit dem Schutz von Ungeimpften.
Da alle Impfwilligen geimpft sind, tritt die Pandemie in eine neue Phase.
Ab dem 1. Oktober sollen Tests für asymptomatische Personen nicht mehr gratis sein. Auch für die fünf Selbsttests pro Monat sollen Ungeimpfte oder Genesene dann bezahlen müssen. Ausnahme sind vorgesehen für Kinder bis 12 Jahren und Personen, die sich nicht impfen lassen können.
Wer einen Test für den Besuch einer Veranstaltung braucht, soll diesen selber berappen müssen.
Der Bundesrat schickt diese Vorschläge in die Vernehmlassung und will am 25. August definitiv darüber entscheiden.
Vizekanzler André Simonazzi schliesst die Medienkonferenz ab. Auch wir beenden hier unseren Ticker und bedanken uns für die Aufmerksamkeit.
16.44 Uhr
Auf Antigen-Tests verzichten?
Studien hätten gezeigt, dass die Antigen-Schnelltests bei der Delta-Variante nicht sehr wirksam seien. Müsste man daher nicht nur noch auf PCR-Tests setzen? Mathys vom BAG erklärt, dass Antigen-Tests generell weniger sensitiv seien als PCR-Tests. Und: Sie würden laufend angepasst.
16.41 Uhr
Soll der Staat in die Impfstoffproduktion investieren?
Moderna verhandle derzeit mit verschiedenen Regierungen über die Beteiligung an der Impfstoffproduktion. Auch mit der Schweiz? «Wir stehen jederzeit mit Moderna in Kontakt», sagt Berset. Der Zugang zu Impfstoffen sei der Schweiz nicht so schlecht gelungen. Ziel sei es nun, das bis zum Ende der Pandemie zu sichern – hier sei man auf Kurs.
Eine neue Frage sei, ob die Schweiz direkt in die Pharma-Produktion investieren soll. Man wolle aber nicht Produzenten ersetzen oder konkurrenzieren, sondern jederzeit einen guten Zugang zu den besten Produkten für die Bevölkerung gewährleisten. «Wir sind dran», sagt Berset. Bis Ende Jahr werde man erste Resultate haben.
16.37 Uhr
Stichwort Selbsttests
Vor einigen Monaten seien die Gratis-Selbsttests noch als grossen Fortschritt in der Pandemiebekämpfung gepriesen worden. Nun dreht man das Rad zurück – wie erklärt sich das? Mit der Impfung, erklärt Berset. Damals habe man noch keine Impfung gehabt, wohingegen sich jetzt alle Impfwilligen hätten impfen lassen können. Das sei wieder eine neue Situation.
16.35 Uhr
Was, wenn jemand Symptome vortäuscht?
Wie gross ist die Gefahr, dass Symptome vorgetäuscht werden, um an einen Test zu kommen? Berset ist etwas überfordert. Patrick Mathys meint, die Gefahr bestehe, dass jemand trickst und Symptome vortäuscht. Wenn das ein Problem werde, müsse man es sich anschauen. Man werde in der Vernehmlassungsfrist anschauen, ob man das präzisieren könne, ergänzt Berset. Hier bestehe sicher noch Klärungsbedarf.
16.31 Uhr
Was ist mit privaten Treffen?
Für Treffen im privaten Rahmen bleibt es bei einer Limite von maximal 30 Personen: Was ist damit? Diese Massnahme sei nie als problematisch wahrgenommen worden, so Berset. Das gehe wohl im Alltag oft auch vergessen. Man müsse wohl nochmals über die Bücher.
16.29 Uhr
Fakten kennen
Es sei wichtig, die Fakten zu sehen – was man weiss und was man nicht weiss, sagt Berset mit Verweis auf den ausgeteilten Vergleich der Schweiz mit Nachbarländern.
16.27 Uhr
Woher der Sinneswandel?
Noch vor Kurzem habe Berset die Gratistests als matchentscheidend genannt. Was habe zum Umdenken geführt, haben ihn die bürgerlichen Bundesräte umgestimmt? Berset meint nur, man habe einen Konsens gefunden im Bundesrat. Ausserdem bleibe mit der Impfung ja ein wirksames Instrument gratis vorhanden.
16.24 Uhr
Pharma-Land Schweiz
Die Schweiz sollte zum Hub zur Produktion von mRNA-Impfstoffen werden – wurden in dieser Hinsicht schon Schritte unternommen? Berset verweist auf den Masterplan Pharma-Forschung, der seit 10 Jahren existiere. Man wolle sich als Land gut positionieren.
16.23 Uhr
Wie viel spart der Bund?
Wie gross werden die Einsparungen sein, wenn die Gratistests nicht mehr durch den Staat bezahlt werden? Er könne keine genaue Zahl nennen, so Berset. Ab September bis zum kommenden Jahr seien es rund 200 Millionen Franken für Selbsttests. Die Kosten für Antigen-Selbstests für Symptomfreie seien 400 Millionen. «Das sind riesige Kosten, von denen wir sprechen.» Es seien aber nur grobe Schätzungen.
16.20 Uhr
Repetitive Tests bleiben wichtig
Repetitive Tests in Schulen und Unternehmen blieben wichtig, betont Berset. Das erlaube, auf die Quarantäne zu verzichten. Es gebe hier aber keinen Zwang, die Kantone müssten entscheiden, wie sie vorgehen wollen. Wichtig sei, dass es funktioniere.
16.19 Uhr
Kontrolle der Pandemie weiterhin möglich
Besteht das Risiko, dass man der Verlauf der Pandemie aus den Augen und damit die Kontrolle verliert, weil Tests nicht mehr gratis sind? Berset glaubt nicht. Das repetitive Testen werde beibehalten, ebenso seien Tests von Symptomatischen weiterhin kostenlos. Das sei wichtig für die Kontrolle der Pandemie. In den letzten sei die Testaktivität schon deutlich zurückgegangen, ergänzt Patrick Mathys vom BAG.
16.18 Uhr
Wie viele müssen sich impfen lassen?
Welche Impfquote sei denn das Ziel? Berset meint, er sei nach wie vor kein Epidemiologe, aber der aktuelle Wert von 50 Prozent der Bevölkerung sei sicherlich zu tief. Dann übergibt er Mathys das Wort. Der BAG-Experte meint, bei der Delta-Variante müsse der Anteil der Geimpften sicherlich 85 Prozent oder mehr betragen. Generell gelte aber: Je mehr Leute sich impfen lassen, desto besser.
16.14 Uhr
«Ja, Geimpfte können sich anstecken»
Die Impfung werde als Königsweg gepriesen – in anderen Ländern müssten aber trotz höherer Durchimpfung wieder Lockdowns erlassen werden. Wieso sollte man sich also impfen lassen, wenn es dennoch zu Infektionen kommt? Die Impfung sei keine Vollkaskoversicherung, so Berset, gerade mit der Deltavariante. Aber die Krankheitsverläufe seien milder. Patrick Mathys vom BAG ergänzt: «Ja, Geimpfte können sich anstecken, und ja, Geimpfte können das Virus weitergeben.» Bei beidem seien die Effekte aber reduziert. Das Risiko dafür, schwer zu erkranken und im Spital zu landen, sei daher viel geringer.
16.10 Uhr
Zögerliche zum Impfen bringen
Wenn alle Impfwilligen geimpft sind – an wen richtet sich der Aufruf, sich impfen zu lassen? Mit wie vielen zusätzlichen Personen rechnet der Bundesrat? Der Aufruf gehe an jene, die bisher gezögert haben oder wegen den Ferien gewartet haben. Einige würden das vielleicht nun in Betracht ziehen.
16.09 Uhr
Keine Auweitung des Zertifikats?
Das bedeutet: Eine Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht werde nicht kommen, sofern keine Überlastung der Spitäler gilt? Das sei etwas vereinfacht gesagt, so Berset. Die letzten bestehenden Massnahmen seien sehr wirksam. Die Journalistin hakt nach, Berset erklärt jedoch eher generell, dass die Infektionen nun zunehmen dürften und wie sich die Pandemie entwickeln könnte. Aber ein klares Ja oder Nein gibt es nicht.
16.04 Uhr
«Impfung ist individueller Beitrag zur Volksgesundheit»
Es gibt offenbar Regierungsräte in einigen Kantonen, die nicht geimpft sind, meint ein Journalist. Da müsse man aufpassen, findet Alain Berset. Vielleicht hätten diese gute Gründe dafür, dass sie sich nicht impfen lassen wollen oder können. «Die Impfung ist meiner Meinung nach ein individueller Beitrag zur Volksgesundheit», betont Berset. Man wolle aus der Pandemie rauskommen und man habe alle Instrumente dafür, die Impfung sei das beste davon.
16.03 Uhr
Und wer sich nicht impfen lassen kann?
Was ist mit Leuten, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können: Müssen auch sie für diese Kosten bezahlen? Nein, sagt Berset, diese seien ausgenommen. Dasselbe gelte für Kinder unter 12 Jahren.
16.01 Uhr
Verschärfungen?
Wurden Verschärfungen in Betracht gezogen? Nein, sagt Berset, das sei eine allgemeine Bemerkung gewesen. Die Kriterien seien in keiner Weise erfüllt.
16.01 Uhr
Die Ungeimpften im Visier?
Zielt das Ende der Gratistests auf die Ungeimpften – und insbesondere die ungeimpften Jungen – ab? Nein, meint Berset. Aber man habe die Frage, wie lange eine Person, die sich regelmässig testen lässt, die Kosten dafür der Gesellschaft überwälzen könne. Es gebe schliesslich die Möglichkeit, sich impfen zu lassen.
15.59 Uhr
Getestete beim Covid-Zertifikat rausnehmen?
Die Taskforce schlägt vor, die Getesteten beim Covid-Zertifikat rauszunehmen, etwa bei Club-Besuchen. Was hält der Bundesrat davon? Das werde momentan nicht diskutiert, sagt Berset, aber er könne sich gut vorstellen, dass das noch komme.
15.57 Uhr
Was heisst eine «Überlastung der Spitäler»?
Gibt es einen fixen Wert, ab wann eine Überlastung der Spitäler droht? Man habe in den letzten 18 Jahren gelernt, vorsichtig mit solchen Werten zu sein. Eine Überlastung wäre aber sicher gegeben, wenn Patientinnen und Patienten nicht mehr eine gute Versorgung erhielten. Man habe das nie erreicht, aber sei in einigen Kantonen bereits nahe dran gewesen. Es könne auch nicht sein, dass die Intensivstationen nur noch mit Covid-Patient*innen belegt seien.
15.55 Uhr
Änderungen werden im Alltag spürbar
Im Alltag ändere sich nun ziemlich viel mit der Normalisierungsphase, sagt Berset. Es gehe nun nicht mehr in erster Linie darum, Infektionen zu verhindern, sondern darum, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Die meisten vulnerablen Personen seien geimpft, und 2000 Ansteckungen bedeute etwas anderes als zum Beispiel im Herbst vor einem Jahr.
15.54 Uhr
Was braucht es für den letzten Lockerungsschritt?
Der Bundesrat will im September nochmals die Lage beurteilen. Welche Voraussetzungen braucht es für die Aufhebung der letzten Massnahmen, will ein Journalist wissen? Es müsse sicher sein, dass keine Überlastung der Spitäler drohe, so Berset. Und er beharrt darauf: Man habe die Normalisierungsphase nicht aufgeschoben, sondern diese bereits eingeläutet.
15.50 Uhr
Repetitive Tests für Personal
Die Fragerunde beginnt. Beim Pflegepersonal wird es repetitive Tests geben, sagt Alain Berset. Wenn Altersheime Tests für Besucher verlangen, müsste diese die Tests selber bezahlen.
15.48 Uhr
Ungeimpfte können nicht mehr auf den Staat zählen
Der Bund werde nur noch eingreifen, wenn eine Überlastung der Spitäler drohe. Nicht geimpfte Personen könnten sich zum jetzigen Zeitpunkt «nicht mehr auf einen Schutz durch die staatlichen Institutionen verlassen». Sollte der Bund nochmals breitflächige Massnahmen ergreifen lassen, würden diese aber nicht mehr gleich schnell greifen, mahnt Berset.
15.44 Uhr
Kantone entscheiden über Zertifikatspflicht
Über die Frage, ob das Covid-Zertifikat auch für den Besuch von Gesundheits- und Pflegeinstitutionen gelten soll, müssten die Kantone entscheiden. Der Bund habe aber entsprechende Empfehlungen abgegeben.
15.42 Uhr
Neue Regeln ab 1. Oktober
Bis zum Herbst würden die Kosten für Tests weiterhin durch den Bund übernommen. Ab 1. Oktober soll das sich ändern: nicht symptomatische Personen sollen dann selber für Test bezahlen müssen. Auch die fünf Selbsttests, die man in den Apotheken erhält, sollen dann nicht mehr gratis sein. Für Personen mit Symptomen sollen Tests aber auch nach dem 1. Oktober gratis bleiben. Ebenso solle der Bund weiterhin Tests in Schulen weiterhin finanzieren. Dies Vorschläge hat der Bundesrat heute in die Vernehmlassung geschickt.
15.39 Uhr
«Alle Impfwilligen sind geimpft»
Die Pandemie trete jetzt in eine neue Phase: «Alle, die wollten, sind jetzt geimpft.» Die Anstrengungen konzentrierten sich deshalb darauf, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Unter den nicht immunisierten Personen dagegen werde das Virus weiter zirkulieren, das sei nun Realität.
15.37 Uhr
Schon früher viel gelockert
Dass ein grosser Lockerungsschritt ausbleibt, erklärt Berset wie folgt: Man habe Ende Juni bereits sehr weit gelockert, weshalb nun nicht mehr viele Massnahmen bestehen blieben. Wegen der unsicheren Dynamik könne man nun aber Maskenpflicht und die anderen Massnahmen nicht streichen.
15.36 Uhr
Impfen, impfen, impfen
Gleichzeitig appelliert Berset an die Kantone, die Anstrengungen für die Impfkampagne aufrecht zu erhalten. Auch Branchen wie Kultur, Sport oder Gastronomie hätten ein Interesse daran, dass die Durchimpfungsrate weiter ansteige.
15.33 Uhr
Situation gut, Dynamik beunruhigend
Berset eröffnet die Medienkonferenz. Die Situation bleibe gut, sagt der Gesundheitsminister. Die Dynamik sei aber beunruhigend. Seit Anfang Juni habe sich die Zahl der Neuinfektionen viermal verdoppelt. Auch die Zahl der Hospitalisationen sei gestiegen, wenn auch auf tiefem Niveau.
Was die Bundesrätinnen und Bundesräte nach sechswöchiger Pause alles besprechen, wird nur nach und nach bekannt gegeben. Es braucht aber nicht viel Fantasie, um zu wissen, dass ein Schwerpunkt natürlich bei der Corona-Pandemie liegen wird. FDP-Bundesrat Ignazio Cassis hat im Voraus auch schon erläutert, welche Fragen sich ihm stellen.
«Wir werden eine Auslegeordnung machen: Wo stehen wir epidemiologisch, wo stehen die Nachbarländer? Welche Schritte sind richtig?», sagte Cassis im Gespräch mit den Titeln des Verlags CH Media.
Ausganslage
Der frühere Tessiner Kantonsarzt äussert auch sein Bedauern, dass sich gut die Hälfte der Schweizer Bevölkerung bisher noch nicht hat impfen lassen. Nur: Wie soll man sie doch noch überzeugen?
Befehle seien in der Schweiz nicht möglich, so Cassis. Er plädiert stattdessen für Überzeugungsarbeit und «sanfte Anreize». Er findet es richtig, dass Geimpfte mit zusätzlichen Freiheiten belohnt würden. Denn mit der Impfung schütze man nicht nur sich selber, sondern leiste auch einen Beitrag daran, dass die Gesellschaft wieder mehr Freiheiten erhalte.
Wer sich nicht impfen lasse, «diesen Beitrag also nicht leistet, der kann auch nicht die volle Freiheit haben», so Cassis. Der Aussenminister erwägt beispielsweise eine Ausweitung der Covid-19-Zertifikatspflicht im Alltag.
Ohnehin wollen die bürgerlichen Bundesräte dem Vernehmen nach den Druck auf Ungeimpfte erhöhen. So sollen etwa Selbsttests für Ungeimpfte nicht mehr gratis sein, wie dies etwa in Deutschland am Dienstag beschlossen wurde. Und eben: Das Covid-19-Zertifikat könnte künftig auch in weiteren Alltagsbereichen wie etwa Restaurants oder Kinos zur Pflicht werden.