Anstieg der Corona-Fallzahlen Epidemiologe Marcel Salathé warnt vor «labiler Situation»

uri

9.10.2020

Der Epidemiologe Marcel Salathé nannte die Coronasituation in der Schweiz «labil». (Archiv)
Der Epidemiologe Marcel Salathé nannte die Coronasituation in der Schweiz «labil». (Archiv)
Bild: Keystone

In der Schweiz steigen die Covid-19-Fallzahlen sprunghaft an – bei den Tests stossen die Labore langsam an Kapazitätsgrenzen. Der Epidemiologe Marcel Salathé mahnt, man dürfe «jetzt nicht unvorsichtig werden».

In der Schweiz und in Liechtenstein sind in den letzten beiden Tagen über 1'000 neue Coronainfektionen gemeldet worden. Die Fallzahlen steigen sprunghaft an und haben sich innerhalb einer Woche praktisch verdoppelt.

Gegenüber den CH-Media-Medien erklärte der Epidemiologe Marcel Salathé von der ETH Lausanne am Mittwoch, er sehe noch keine zweite Welle. Die Situation lasse sich nicht mit jener im Frühling vergleichen, damals sei viel weniger getestet worden.

Er spreche lieber von Feuern, von lokalen Ausbrüchen, meinte Salathé, der auch Mitglied der Covid-19-Taskforce des Bundes ist. Von einer Situation wie in Spanien mit langfristigem, exponentiellem Wachstum ist die Schweiz laut Salathé weit entfernt. «Was aber nicht heisst, dass es nicht noch so weit kommen kann.»

Bei den Tests stösst man an Grenzen

In der SRF-Sendung «10vor10» erklärte Salathé auch gestern, dass die Schweiz im Gesamtbild «nach wie vor relativ gut» dastehe. Die Hospitalisierungen und Todesfallraten seien tief, das Gesundheitssystem belastbar. Allerdings seien die Fallzahlen zuletzt «massiv gestiegen». Man sehe daran, «wie labil die Situation» sei. «Man darf jetzt nicht unvorsichtig werden, sonst kann man schnell die Kontrolle verlieren», warnte der Epidemiologe.

Sorgen bereite, dass man bei den Tests derzeit an Grenzen stosse, so Salathé. Die Tests seien aus zwei Gründen wesentlich. Sie würden ein klares Bild der epidemiologischen Lage vermitteln und stünden zudem am Anfang der «Test/Contact-Tracing/Quarantäne»-Strategie. Falle das Testen als erstes Element dieser Strategie auseinander, könne das die gesamte Strategie gefährden.

Nationale Datenbank soll kommen

Salathé erklärte gegenüber SRF, dass die neuen Fälle nicht auf die wieder erlaubten Grossveranstaltungen zurückzuführen seien. Es müsse sich aber noch zeigen, wie die Schutzkonzepte hier greifen würden und ob man hier mit dem Testen und Contact-Tracing nachkommen könne.

Nach acht Monaten Pandemie sei es nun auch an der Zeit, dass die nationale Coronadatenbank käme, so der Experte. Die Zahlen, die hier zusammengeführt werden sollen, seien wichtig. Derzeit seien zwar wieder die Kantone in der Kontrolle, niemand habe jedoch Zeit, «auf 26 Websites aller Kantone nach Daten zu suchen. Das muss zentralisiert werden, transparent und zeitnah – mit einer nationalen Datenbank», fordert Salathé.

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