Brocki findet Trouvaille im Wert von 10'000 Franken «Diese Jesus-Statue entpuppte sich als wahrer Schatz»

Von Vanessa Büchel

10.3.2024

Von Zeit zu Zeit stösst das Arche Brockenhaus in Altstetten ZH auf wahre Schätze und Gespendetes entpuppt sich als Trouvaille. Auch Bargeld findet das Brocki-Team immer mal wieder – einmal gar 10'000 Franken in bar. 

Von Vanessa Büchel

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Brockenhaus werden täglich Sachen abgegeben.
  • Manche davon entpuppen sich als wahre Schätze.
  • Das Team vom Zürcher Arche Brockenhaus fand beispielsweise einmal eine Bronze-Statue im Abgegeben, die einen Wert von 10'000 Franken hatte. 
  • Auch Bargeld wird immer wieder aus Möbeln gefischt.
  • Wer zu Hause ausmistet und sich nicht sicher ist, ob etwas noch einen Wert hat, kann mit Google Lens Unterstützung bekommen. 
  • Ansonsten sind Labels ein guter Hinweis auf Designerstücke.

Ist das noch was wert – oder kann das weg? Eine Frage, die sich beim Ausmisten zu Hause häufig stellt. Im Zweifelsfall landet das Ding dann einfach auf dem Haufen «Entsorgen». Oder man bringt das Aussortierte ins Brocki. 

Beim Arche Brockenhaus in Altstetten ZH werden täglich unzählige Sachen abgegeben. Bei der Annahmestelle, die man zu Fuss oder per Auto erreicht, oder aber im Holzwägeli direkt im Laden. 

Alles Abgegebene wird dann fein säuberlich von Hand und durch die Augen von echten Kennern aussortiert, bevor es mit einem Preis versehen und in die Regale eingeräumt wird.

Einer dieser Kenner ist Richard Haenni. Der gelernte Polydesigner, der lange Zeit in der Dekorationsgestaltung tätig war, ist heute Teamleiter im Brockenhaus. 

Haenni ist seit drei Jahren mit an Bord. Das Arche Brockenhaus gibt es dagegen schon seit 40 Jahren. «Seit ich hier bin, habe ich zusammen mit meinem Team immer wieder wahre Schätze gefunden», berichtet Haenni blue News. 

Die Sachen, die im Brocki landen, sind gespendet. «Man merkt, dass wir in einem wohlhabenden Land leben. Viele Leute geben neuwertige Dinge ab, die noch einiges wert sind.» Oft würden sie gar nicht genau hinschauen, es spiele für sie auch keine grosse Rolle. 

Bronze-Statue und AC/DC-Pin

Ein unvergessenes Highlight in den Augen des Teamleiters: «Eine Jesus-Figur aus Bronze. Ein Spezialist, der für uns Bilder oder Kunstgegenstände einschätzt, meinte, sie sei um die 10'000 Franken wert.» Zuerst wollte das Brocki-Team die Statue bei einer Auktion versteigern lassen, weil dies aber nicht klappte, verkauften sie schliesslich an den Experten. Auch im Auktionshaus wurde die Figur auf denselben Wert geschätzt. 

Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eine Skulptur des bedeutenden französischen Bildhauers César Baldaccini. «Teuer, aber über den Geschmack kann man sich streiten», merkt Caroline Gadient schmunzelnd an. Sie ist Leiterin vom Online-Brockenhaus, das sich um die Anzeigen unter anderem auf Ricardo kümmert.

Die Statue ist nicht das einzige Wertvolle, was in der Arche Brocki schon gefunden wurde. Ein Pin von AC/DC ist ein anderer Schatz, an den sich Teamleiter Haenni noch gut erinnert. «Bei einer Schallplatte, integriert in die Verpackung, war in einem kleinen Säckli ein Anstecker mit dabei. Dieses kleine Stück Plastik hatte den Wert von rund 1'000 Franken. Wir verkauften den Pin an einen Liebhaber für etwa 800 oder 900 Franken.» 

Ausziehbarer Tisch – «ein echtes Liebhaberstück»

Beim Rundgang durch das Brockenhaus hält Haenni immer wieder stolz an. Erzählt hier und da die Geschichte einer Trouvaille. Man spürt seine Leidenschaft.

Ein Tisch hat es ihm besonders angetan. Das gute Stück sei aus massivem Holz und für seine Zeit einfach unglaublich fortschrittlich. «Dieses Möbelstück zeugt von bester Handwerkskunst und ist ungefähr 100 Jahre alt.»

Und er lässt sich ausziehen, wie der Brocki-Teamleiter kurzerhand demonstriert. Immer noch einwandfrei schieben sich die verschiedenen Teile auseinander und wieder zusammen. «Die Beine fahren automatisch aus. Ein echtes Liebhaberstück!»

Richard Haenni hat ein Händchen für Trouvaillen. Der gebürtige Zürcher kommt aus dem Gestaltungsbereich und spürt, ob etwas wertvoll ist.
Richard Haenni hat ein Händchen für Trouvaillen. Der gebürtige Zürcher kommt aus dem Gestaltungsbereich und spürt, ob etwas wertvoll ist.
Vanessa Büchel

Oft sei es für Haenni auch der emotionale Wert hinter einem Gegenstand, der berührt. So erinnert er sich an einen Moment: «Vor einem Monat kam ein Ehepaar im Alter von etwa 80 Jahren bei uns vorbei. Sie mussten ihre Wohnung räumen, weil sie ins Altersheim umzogen und dort nicht mehr so viel Platz hatten. Die Frau gab uns ihr Brautkleid ab, man spürte sofort, dass daran Erinnerungen hängen und es ihr nicht leicht fällt, sich zu trennen.» 

Wenige Zeit später sei das Paar nochmals aufgetaucht und habe einen Stapel einwandfreier Küchentücher aus Leinen abgegeben. Einige davon stecken noch im oberen Stock der Brocki in einem Korb und warten auf einen neuen Besitzer.

«Sie stammen aus den 1920er-Jahren, und die Dame hatte die Tücher noch von ihrer Grossmutter. Sie müssen also über Generationen aufbewahrt worden sein.» Haenni schwärmt, so ein Fund sei einfach mit viel Geschichte verbunden. «Wenn du solche Küchentücher daheim hast, haben die einen ganz anderen Wert als 0815-Tücher aus der Migros.»

10'000 Franken in Sofa versteckt

Auch Geld entdeckt das Arche-Brocki-Team immer mal wieder in gespendeten Möbelstücken. Denn früher sei es häufig so gewesen, dass die Leute den Banken nicht trauten, witzelt Haenni mit seinem Kollegen Morteza Roshan.

In Erinnerung geblieben ist vor allem ein spektakulärer Fund: 10'000 Franken in bar, die der Vorbesitzer oder die Vorbesitzerin in den Kissen eines Sofas versteckt hatte. 

«Das ist natürlich ein Ausnahmefall, und weil das Stück aus einer Wohnungsräumung stammte, konnten wir zurückverfolgen, woher es kam», wie sich Roshan erinnert. Die Familie sei so glücklich gewesen, dass sie kurzerhand 1'000 Franken an die Arche Brocki spendeten. 

Expertentipps für Werteinschätzung

Für Haenni ist klar: Es sind viele Jahre Erfahrung und angeeignetes Wissen, die ein Kennerauge ausmachen. Für Laien, die daheim ausmisten oder eine Wohnung räumen, hat er ein paar Tipps. 

«Wir nutzen selbst oft Google Lens. Das kann bei der Einschätzung des Werts gut helfen.» 

Bei Möbeln oder Geschirr sei ein Label von grosser Bedeutung. «So kann man nachvollziehen, woher sie kommen oder wer die Stücke gemacht hat», so Haenni.

Ausserdem sei ein Designermöbelstück einfach auch massiver, schwerer und sichtlich besser verarbeitet. «Bei Geschirr kann man auch auf bekannte Namen wie Rosenthal oder Alessi achten. Ein Goldrändchen ist auch ein gutes Indiz. Wenn sich auf der Unterseite eine Signatur befindet, ist das ein Zeichen, dass es von Hand bemalt wurde.» 

Wichtig: Die Stücke sollten einwandfrei und nicht zerkratzt oder kaputt sein. Dann haben sie weniger an Wert verloren. Aber auch hier gibt es Ausnahmefälle – wenn es sich um etwas besonders Wertvolles handele, spiele ein Kratzer keine Rolle.

Einwandfrei und noch von guter Qualität – das gilt grundsätzlich auch für alles, was im Brocki abgegeben wird. «Wir haben leider nur eine kleine Werkstatt für einfache Reparaturen oder Instandstellungen. Und wir besitzen eine Spülmaschine, um Glas oder Geschirr zu reinigen», sagt Haenni.


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