Ein Europa-Vergleich, der hinkt Am meisten Flugausfälle in Kloten? Die Swiss wehrt sich

Samuel Walder

9.9.2024

Menschen warten am Flughafen auf ihren Abflug in die Ferien. Der Sommer 2024 fällt schlecht für den Flughafen Zürich und die Swiss aus. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Menschen warten am Flughafen auf ihren Abflug in die Ferien. Der Sommer 2024 fällt schlecht für den Flughafen Zürich und die Swiss aus. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Keystone/

Diesen Sommer sind erneut erhebliche Schwächen im europäischen Luftverkehr aufgetreten, wobei die Swiss und der Flughafen Zürich am schlechtesten abgeschnitten haben. Die Betroffenen widersprechen.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Verbraucherportal Flightright zieht nach den Sommerferien Bilanz zu den europäischen Flughäfen.
  • Die Swiss ist mit dem Vergleich nicht einverstanden und legt ihre Zahlen offen.
  • Swissport zieht eine positive Sommerbilanz. 

Laut dem Verbraucherportal Flightright gab es während den Sommerferien eine beispiellose Zahl an Flugstornierungen und Verspätungen, die besonders Deutschland und die Schweiz betrafen. Im Bereich Stornierungen und Verspätungen liegt die Schweiz sogar auf Platz eins. 2,5 Prozent beziehungsweise 1'227 Flüge wurden storniert. Davon hatten insgesamt von 49'004 Flüge 38,78 Prozent Verspätungen. Das entspricht 19'006 Flügen, die zu spät in Kloten gelandet sind. 

Stornierungen und Verspätungen nach Länder – Sommer 2024

  • 1. Schweiz: 2,5 Prozent aller Flüge wurden storniert, sprich 1227 Flüge. Dabei hatten von 49004 Flügen, 19'006 Verspätungen.
  • 2. Deutschland: 2,44 Prozent von 210'434 Flügen, also 5139 wurden in Deutschland storniert. Davon hatten 66'988 eine Verspätung. 
  • 3. Österreich: Bei unseren Nachbarn hatten von 36'270 Flügen 11'261 eine Verspätung und 528, also 1,46 Prozent storniert.
  • 4. Grossbritannien: Von insgesamt 237'258 Flügen wurden im Vereinigten Königreich 3125 Flüge storniert und 73'974 hatten eine Verspätung. 
  • 5. Kroatien: Bei den Kroaten sind von insgesamt 20'074 Flügen 6845 Flüge zu spät gelandet und 252 Flüge wurden storniert.

Die Swiss nimmt Stellung: So ein Vergleich, wie er stattgefunden habe, sei meist nicht ganz repräsentativ. Weiter seien die grundlegend unterschiedlichen Betriebsmodelle einzelner Fluggesellschaften, zum Beispiel Punkt-zu-Punkt-Airline versus Netzwerk-Fluggesellschaft wie die Swiss, nicht miteinander vergleichbar. «Dies betrifft beispielsweise die Rücksichtnahme auf Anschlusspassagiere, für die wir, falls nötig, ebenfalls Verspätungen in Kauf nehmen», sagt Swiss.

Schaut man die Zahlen nach Flughäfen an, liegt die Schweiz, genauer gesagt, der Flughafen Zürich auf dem vierten Platz. Davor kommen Berlin, Frankfurt und München. Feyza Türkön, Expertin für Fluggastrechte bei Flightright, hebt hervor, dass deutsche Airlines und Flughäfen weiterhin die höchsten Stornierungsraten in Europa aufweisen würden, was auf tiefere strukturelle Probleme in der Branche hinweise.

Swiss dementiert Rangliste

Weiter heisst es auf Anfrage von blue News: «Auch die Rahmenbedingungen, unter denen die Airlines agieren, unterscheiden sich teils erheblich. So führen am Flughafen Zürich zum Beispiel die Bise (Ostwind) sowie ein komplexes Pistensystem mit sich kreuzenden Start- und Landebahnen regelmässig zu einer deutlichen Reduktion der Kapazitäten.»

Interne Arbeitsschritte wie das Boarding, die Bodenabfertigung durch Partnerunternehmen oder ausserplanmässige technische Arbeiten seien aktuell für ungefähr ein Viertel aller Abflugverzögerungen verantwortlich. «Die anderen drei Viertel sind auf äussere Faktoren zurückzuführen, auf die wir als Fluggesellschaft keinen direkten Einfluss haben. Allen voran Engpässe in der europäischen Flugsicherung, die zur Verfügung gestellten Luftraumkapazitäten sowie wetterbedingte Einschränkungen wie Gewitter und all die daraus entstehenden Folgeverspätungen», heisst es von Seiten Swiss.

Zudem habe die Swiss dank umfassender Massnahmen ihre Pünktlichkeit seit Anfang Jahr bis Mitte August auf 64 Prozent gesteigert. «Damit haben wir den Wert des Vorjahrs übertroffen, obwohl wir zwischen Anfang Juli und Mitte August über 2,8 Millionen Fluggäste und damit rund acht Prozent mehr Passagiere als letztes Jahr befördert haben.»

Abschliessend sagt die Swiss: «Wir sind im vergangenen Jahr mit einer Flugplanstabilität von über 98 Prozent die zuverlässigste Fluggesellschaft in Europa gewesen. Unser Ziel ist es, uns weiter zu verbessern und einen Pünktlichkeitswert von 70 Prozent für das Gesamtjahr zu erreichen.»

Swissport zieht eine positive Zwischenbilanz

Die Servicegesellschaft für Fluggesellschaften und Flughäfen Swissport hat in Bezug auf die Sommersaison schon früh Vorbereitungen für die «reiseintensive Zeit» getroffen. «Ein Fokus lag auf der Rekrutierung von zusätzlichem Personal und der Weiterbildung von Mitarbeitern. Am Standort Zürich konnte Swissport den Personalbestand vom Sommer 2023 auf Sommer 2024 nochmals um rund 400 Mitarbeitende erhöhen und beschäftigt aktuell über 2500 Mitarbeitende», schreibt Swissport auf Anfrage von blue News.

Weiter heisst es: «Das System Luftfahrt, und damit auch die Bodenverkehrsdienstleister, ist einer Reihe von externen Faktoren ausgesetzt. Während des Sommers machten sich insbesondere Gewitter, die Flugsicherungssituation, Störungen der Infrastruktur wie zum Beispiel Gepäcksortieranlage oder auch der Crowdstrike-IT-Ausfall bemerkbar.» Diese externen Faktoren hätten zu mehreren Handling-Stopps und Flugverspätungen geführt.

Trotzdem seien Passagier- und Flugvolumen im Vergleich zum Vorjahr nochmals angestiegen und hätten fast die Vor-Corona-Werte erreicht. Trotz hoher Passagierzahlen seine die Zahlen an nachgesendetem Gepäck auf ein ähnliches Niveau wie im Vorjahr gestiegen. Die Tendenz sei aber rückläufig.

Stornierung und Verspätungen nach Fluggesellschaften

  • 1. Eurowings: Von 43'550 Flügen musste Eurowings 1344 davon stornieren und 14'101 hoben verspätet ab oder landeten verspätet.
  • 2. Lufthansa: 104'698 Flüge plante die Lufthansa. Davon wurden 3035 storniert und 36'462 hatten eine Verspätung. 
  • 3. Swiss: Von 32'222 Flügen stornierte die Swiss 840 Flüge. 13'866 hatten eine Verspätung. 
  • 4. easyjet: Beim Günstig-Anbieter waren von 135'146 Flügen 3441 storniert worden und 58'262 hatten eine Verspätung. 
  • 5. KLM Cityhopper: Von 25'017 Flügen wurden 274 storniert und 5240 verbuchten eine Verspätung.

Aus der Rangliste von Flightright geht hervor: besonders betroffen war die Lufthansa Group, die mit hohen Stornierungsquoten bereits Anfang des Jahres negativ auffiel. Fluggesellschaften wie Eurowings, Lufthansa und Swiss lagen an der Spitze der europäischen Stornierungsstatistik, während andere Airlines wie TAP Portugal und Ryanair deutlich besser abgeschnitten haben.

Die DACH-Region schneidet in ganz Europa am schlechtesten ab

Insgesamt deuten die Zahlen darauf hin, dass die Lufthansa Group mit internen Problemen und Personalmangel zu kämpfen hat, was sich auch in unzufriedenen Passagieren widerspiegelt.

Fast ein Drittel der Flüge startete mit mindestens 15 Minuten Verspätung. Gründe dafür waren neben Naturkatastrophen auch zahlreiche Streiks, insbesondere in der Lufthansa Group.

Besonders stark betroffen waren Flughäfen in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Auch die deutschen Flughäfen schnitten im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schlecht ab.