Kosten des Klimawandels «Die Schweiz hat den drittgrössten Fussabdruck in ganz Europa»

dor

30.9.2019

Qualmende Industriekamine sorgen nicht nur in der Schweiz für Treibhausgase. (Symbolbild) 
Qualmende Industriekamine sorgen nicht nur in der Schweiz für Treibhausgase. (Symbolbild) 
Bild: AP Photo/Frank Augstein

Die Schweiz spricht für die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels in armen Ländern eine halbe Milliarde Franken – viel zu wenig, moniert ein Experte. Schliesslich entstehe unser CO2-Fussabdruck mehrheitlich im Ausland.

In der Schweiz entsteht nur ein kleiner Teil der Treibhausgase – glauben viele. Und irren sich. Die Schweizer belasten die Umwelt schwer: Unser kleines Land ist für ungefähr 1 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Es muss deshalb viel mehr in die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern investieren, als die bisher zugesagte halbe Milliarde Franken. Angebracht sei 1 Milliarde Franken.

Dies fordert Alliance Sud, die Schweizer Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke. Denn: «Wir haben den drittgrössten Fussabdruck in ganz Europa», sagt Jürg Staudenmannn, Klima-Experte bei Alliance Sud, im Interview mit SRF.

Alliance Sud zählt nicht nur die in der Schweiz emittierten Treibhausgase. Das sei so auch vom Bundesamt für Statistik ausgerechnet worden, sagt Staudenmann im Interview. Der Schweizer CO2-Fussabdruck befinde sich zu mindestens zwei Dritteln im Ausland – weil die Schweiz die Schwer- und Textilindustrie fast ausgelagert habe und internationale Flüge nicht eingerechnet seien. «Darüber hinaus beträgt der Anteil der Wirtschaftsleistung der Schweiz innerhalb der Industrieländer etwa 1 Prozent – und 1 Prozent von 100 Milliarden ist eben diese Klimamilliarde, die wir verfolgen», sagt der Klima-Experte, der Mitglied im Ausschuss der Klimaallianz und des Climate Action Networks ist. Das ist deutlich mehr als die 400 bis 600 Millionen Franken, die der Bundesrat bisher zu zahlen bereit ist.

100 Milliarden Dollar: So viel wollen die reichen Länder der Welt ab 2020 jährlich zur Verfügung stellen, um die Folgen des Klimawandels in armen Ländern zu bekämpfen. Diese leiden besonders unter den Folgen des Klimawandels, obwohl sie weniger Treibhausgase emittieren als reiche Länder wie die Schweiz.



Auslandsreduktionen mitzählen

Die beabsichtigte Summe des Bundesrates reiche nicht, argumentiert Staudenmann, «weil nur die Inlandsreduktionen und nicht die Verantwortung berücksichtigt werden». Im Vorschlag der ständerätlichen Umweltkommission sei das nun teilweise aufgenommen worden: Nach der Kommission solle die Schweiz auch die Auslandsreduktionen in Betracht ziehen.

Auf die Frage, warum das Thema Klimafinanzierung in der Politik derart nebensächlich sei, sagt der Klima-Experte: «Vermutlich ist es uns noch nicht bewusst genug, wie gross unser Einfluss auf der Welt ist. Laut dem Bundesamt für Statistik hat die Schweiz ein Fussabdruck pro Kopf, der uns auf die vierzehnte Stelle bringt. Zwar hinter den arabischen Ländern und den USA, in Europa aber sind wir auf Platz drei, hinter Luxemburg und Belgien.» Die Schweizer würden von den Argumenten geblendet, die kleine Schweiz hätte keinen Einfluss. «Dabei haben wir, gerade mit dem Finanzplatz Schweiz, viel Einfluss auf die Reduktion von Treibhausgasen weltweit», so Staudenmann.

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