SRF-«Arena» zur CS Die neue «Monsterbank» weckt grosse Ängste 

Von Gil Bieler

20.3.2023

So abrupt das Ende der Credit Suisse auch besiegelt wurde, die Notoperation wird die Politik noch über Monate hinweg beschäftigen. Einen Vorgeschmack auf die Debatte gaben am Sonntagabend die Parteispitzen bei SRF.

Von Gil Bieler

Das Beben auf dem Schweizer Finanzplatz brachte auch das Programm von SRF durcheinander. Für einmal begrüsste Moderator Sandro Brotz seine Gäste nicht am Freitagabend zur «Arena», sondern am Sonntagabend. Anlass war natürlich das Ende der Credit Suisse, die für 3 Milliarden Dollar von der UBS geschluckt wird. 

Ein Rettungsdeal, der in kürzester Zeit ausgehandelt werden musste – dessen Folgen aber noch für Monate zu reden geben werden. Und zu streiten, wie die Spezialausgabe der «Arena» zeigte.

Die Verantwortlichen der CS-Spitze, die diesen Schlamassel angerichtet hätten, müssten jetzt zur Verantwortung gezogen werden – auch finanziell, forderte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. «Es kann doch nicht sein, dass die jetzt in ihren Villen sitzen und weiterhin um die Welt jetten können, während tausende Menschen ihren Job verlieren.»

Seltene Einigkeit zwischen Grünen und SVP

In einem Punkt waren sich sogar die Vertreter von Grünen und SVP in der Runde einig: Durch den Zusammenschluss von UBS und CS entstehe nun eine Bank, die viel zu gross für die Schweiz sei – und in einer Krisensituation die gesamte Wirtschaft bedrohen würde.

Grünen-Parteichef Balthasar Glättli sagte, er habe Antworten von Bundesrätin Karin Keller-Sutter dazu vermisst, wie gross denn dieses Klumpenrisiko einer solchen «Monsterbank» sei. Nun sei die Politik in der Pflicht: «Wenn wir jetzt keine harten regulatorischen Massnahmen treffen, haben wir auf Dauer ein grösseres Problem mit einem neuen Namen, das uns als Steuerzahler am Schluss aber noch viel mehr kosten könnte.»

Auch SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter hat ein ungutes Gefühl bei diesem neuen Bankenkoloss: «Wir haben jetzt eine ‹Too too too big›-Bank in diesem Land mit der UBS, wir haben nur noch eine Grossbank, die riesig ist. Jetzt müssen wir aufhören mit ‹Too big to fail›-Banken.»

Fokus auf Schweiz-Geschäft

Glättli erinnerte an einen Versuch 2011, ein Trennbankensystem einzuführen, mit dem hochriskante Geschäftsbereiche abgetrennt werden müssten. Damals hätten Grüne, SP und SVP am selben Strang gezogen, seien am Ende aber im Ständerat von den anderen Parteien überstimmt worden. 

Auch SVP-Matter pflichtete bei: «Wir müssen jetzt aufhören, Investmentbanking mit dem Anlagegeschäft zu mischen.» Die UBS müsse sich auf das Schweiz-Geschäft fokussieren, statt riskanten Abenteuern im Ausland nachzujagen. 

FDP-Parteipräsident Thierry Burkart mahnte, man dürfe die Rettung der UBS im Jahr 2008 und nun jene der CS nicht 1:1 miteinander vergleichen. Bei der UBS sei tatsächlich das Eigenkapital ein Problem gewesen, bei der CS sei die Sachlage aber anders: «Es gab einen psychologischen Effekt, dass Liquidität abgezogen wurde, am Schluss sogar in der Schweiz, obwohl das Schweizer Geschäft der CS eigentlich solide ist.» Doch das Vertrauen sei dahin gewesen. «Und wie man das hätte regulatorisch auffangen wollen, weiss ich nicht.»

Deutlich höhere Eigenkapitalquote für Grossbanken

Der SRF-Wirtschaftsredaktor Reto Lipp, der quasi als hauseigener Experte in der Runde sass, hatte einen Vorschlag zur Hand, was denn die Politik tun könnte, nämlich: Die Eigenkapitalquote für Grossbanken massiv erhöhen. Dass Banken heute nur 5 Prozent ihrer Bilanzsumme als Eigenkapital decken müssten, sei lächerlich, sagte Lipp. Müssten sie stattdessen mit 20 Prozent Eigenkapital gerade stehen, würde das hochriskanten Geschäftspraktiken ein Ende setzen. 

CS-Präsident: Probleme haben sich über Jahre aufgebaut

CS-Präsident: Probleme haben sich über Jahre aufgebaut

Nach Ansicht von CS-Präsident Axel Lehmann haben über Jahre aufgebaute Probleme nun das Fass zum Überlaufen gebracht und der Bank das Genick gebrochen. «Wir sind eingeholt worden von Altlasten und von Risiken, die sich nun materialisiert haben», sagte der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse am Sonntag vor den Medien in Bern.

20.03.2023

Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister war diesem Vorschlag nicht abgeneigt: «Das müssen wir jetzt schon lernen, dass es offenbar falsche Anreize gab in diesem System.» Wenig Eigenkapital erlaube es, einfacher Gewinne auszuweisen. Die Folge laut Pfister? «Dann macht das Management Riesengewinne, kassiert Boni ab und ist wieder weg.» 

Das Parlament habe aufgrund der UBS-Rettung ja auch spezielle Gesetze ausgearbeitet, um eine Wiederholung einer Staatsintervention zu verhindern, sagte der Zuger. Doch diese ‹Too big to fail›-Gesetze seien nun nicht einmal zur Anwendung gekommen, der Bundesrat habe auf Notrecht zurückgegriffen. Nun müsse man erneut über die Bücher. 

Wer muss die Konsequenzen tragen?

Ob denn nun die Angestellten der CS die Zeche bezahlen, wurde GLP-Präsident Jürg Grossen gefragt. «Sicher auch, neben den Aktionären», sagte der Grünliberale. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass UBS und CS zusammengehen und danach gleich viele Arbeitsplätze haben werden wie davor. Das wird ganz sicher einen Abbau von Arbeitsplätzen geben. Es ist daher ein sehr schwarzer Tag für das Bankpersonal.»

Ob die früheren CS-Konzernchefs nun ihre Boni zurückzahlen müssten? Ganz klar, fand Mattea Meyer, und auch Thierry Burkart fand das eine prüfbare Option.

Die SP-Co-Chefin fand es generell stossend, dass für eine Grossbank über Nacht Milliardenbeträge locker gemacht werden könnten, für andere Projekte – etwa die Altersvorsorge – dann aber das Geld fehle. SVP-Matter widersprach: Zum jetzigen Zeitpunkt hätten die Steuerzahler*innen noch kein Geld geben müssen, bei den 9 Milliarden Bundeskredit für die UBS handle es sich einzig um Sicherheiten. «Und ich hoffe schwer, dass es nicht so weit kommt.»

Der Blick in die Zukunft der Riesen-UBS macht auch die Politiker*innen-Runde schwindlig. «Es sind noch so viele Fragen unbeantwortet geblieben, dass ich sehr unsicher bin, in welche Richtung sich das entwickelt», sagte GLP-Präsident Jürg Grossen wohl stellvertretend für alle.