Schweizer BergbahnenDen Amerikanern abgeschaut: Disziplin am Skilift
tgab
16.11.2020
Der Chef der Belalp-Bergbahnen will das Anstehen in Zeiten von Corona sicherer machen. Das Konzept hat er von Skigebieten in Nordamerika übernommen.
Das typische Bild vor Skiliften und Bergbahnen in Schweizer Skigebieten war bis letzten Winter eine trichterförmige Menschenmasse. Es wird gedrängelt und geschoben. Wer die Kunst dieses «aktiven Anstehens» am besten beherrscht, ergattert umso schneller einen Platz in Lift oder Gondel.
Urs Zenhäusern, Chef der Belalp-Bahnen, nennt das gegenüber «20 Minuten» «ein chaotisches Anstehsystem». Dabei ginge es doch viel besser: Skifahrer bilden zwei Zweierkolonnen, die beim Drehkreuz nach dem Reissverschlussprinzip zusammenfliessen. Abgeschaut hat er sich das System in nordamerikanischen Skidestinationen. Diesen Winter will er es auf der Belalp einführen und kann nicht verstehen, dass andere Skigebiete nicht mitziehen.
Doch nicht alle Bergbahnbetreiber teilen die Überzeugung von Zenhäusern. So sagt etwa Urs Kessler von den Jungfraubahnen zu «20 Minuten»: «Das amerikanische System ist eines von vielen.» Sein Skigebiet setze lieber auf eine Limitierung der Skifahrer-Zahl. Bei den Arosa Bergbahnen heisst es, das Anstehen in solchen Kolonnen sei aufgrund der beschränkten Platzkapazität nicht überall möglich.
Auch manche Experten sind skeptisch. Tourismus-Professor Thorsten Merkle von der Fachhochschule Graubünden bemerkt, das selbstregulierende System in der Schweiz habe bisher die Anforderungen gut erfüllt: «Es gab bisher schlicht keinen Bedarf für eine Gästelenkung in diesem Stil.»
Doch Zenhäusern sieht gerade während der Pandemie den richtigen Zeitpunkt: «Da wird kaum jemand motzen.»