Fehlendes PersonalDeshalb ist die Situation in den Spitälern angespannt
lmy
7.9.2021
Die Lage in den Spitälern ist angespannt. Die Zahl der Intensivbetten ist im Vergleich zur zweiten Welle gesunken – vor allem, weil das Personal fehlt. Darunter leidet auch die Qualität der Pflege.
lmy
07.09.2021, 16:10
07.09.2021, 16:25
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Die Spitäler warnen weiterhin vor einer Überfüllung wegen Covid-Patienten. Momentan sind 84 Prozent der zertifizierten Intensivbetten belegt, die Hälfte davon durch Covid-Patient*innen, hiess es an der Medienkonferenz des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Dabei gebe es weniger Intensivbetten als in der zweiten Welle, und vor allem könnten nicht alle betrieben werden, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung».
Die Zahl der zertifizierten Intensivbetten sei während der ganzen Pandemie praktisch immer gleich geblieben und liege derzeit bei 866, sagt Franziska von Arx, Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (GSI) der «NZZ«. Die GSI ist zuständig für die Zertifizierung von Intensivbetten.
Personal reicht nicht aus
«Wir haben keine Meldungen zum Personal», sagte Andreas Stettbacher am Mittwoch vor den Medien. Er betonte aber, dass für eine Zertifizierung auch genügend Personal vorhanden sein müsse. Der oberste Armeearzt leitet den Koordinierten Sanitätsdienst, der unter anderem für die Erhebung der Spitalkapazitäten im Allgemeinen und insbesondere in der Intensivpflege zuständig ist.
Doch die aktuelle Bettenbelegung sei hoch, aber noch nicht kurz vor einer Katastrophe, sagte Stettbacher weiter. Allerdings sei die Zahl dynamisch, Leute kommen dazu und andere gehen wieder raus. Momentan sind 291 Covid-Patient*innen auf der Intensivstation – während der Stabilisierungsphase galt ein Wert von 300 als Richtwert, bei dem weitere Verschärfungen geprüft wurden.
Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle im Herbst 2020 waren praktisch alle zertifizierten Intensivbetten belegt. Daneben wurden Reservebetten auf den Intensivpflegestationen von 250 auf rund 1100 erhöht.
Doch wegen des fehlenden Fachpersonals seien nie alle zertifizierten Betten auch tatsächlich betrieben worden, sagt GSI-Präsidentin von Arx in der «NZZ» – dieses reiche auch momentan dafür nicht aus. Viele hätten in den letzten anderthalb Jahren ununterbrochen gearbeitet, und 10 bis 15 Prozent haben seit Beginn der Pandemie gekündigt.
Qualität der Pflege leidet
Die Personalknappheit ist in der Intensivpflege ein grosses Problem – und wird durch Corona-Patient*innen weiter verschärft. Sie brauchen eineinhalbmal so viele Pflegende wie andere Patient*innen auf der Intensivstation.
Zudem haben sie vier- bis neunmal so viel Platzbedarf, so Stephan Jakob, Leiter der Intensivstation am Berner Inselspital. Sie liegen überdurchschnittlich lang auf der Intensivstation und brauchen mehr Betreuung, auch in der Nacht und am Wochenende. «Unsere Ressourcen werden dadurch massiv geschmälert», sagt Jakob zu SRF.
Darunter leidet auch die Qualität der Behandlung, wie Hans Pargger, Chefarzt und Leiter der Intensivstation am Universitätsspital Basel, auf CH Media ausführt. Patienten würden weniger oft umgelagert und hätten darum mehr Druckstellen, herausgerutschte Beatmungsschläuche führten eher mal zu einer Notsituation.
«Es werden mehr Leute sterben, je mehr Patienten auf eine Pflegefachkraft und die Ärzteschaft kommen», betont Pargger.
Handlungsbedarf beim Pflegepersonal
Der Nationale Versorgungsbericht hat die Lage beim Pflegepersonal untersucht. Es ist nach 2009 und 2016 der dritte dieser Art und wurde vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan), der Nationalen Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté) sowie den kantonalen Gesundheitsdirektoren erarbeitet.
Der Bericht konstatiert Handlungsbedarf, auch wenn die von Bund, Kantonen und der Gesundheitsbranche getroffenen Massnahmen Wirkung zeigten. Der Bestand des Pflege- und Betreuungspersonals ist zwar stark angestiegen und der Nachwuchsbedarf könne zu einem grossen Teil mit neu Ausgebildeten abgedeckt werden.
Es bestehe jedoch eine Lücke, die zu einem grossen Teil von Personen mit ausländischem Diplom aufgefangen werde. Beim diplomierten Pflegefachpersonal betrage ihr Anteil am Personalbestand im Durchschnitt 30 Prozent, wobei grosse regionale Unterschiede bestünden.
Der Bericht fordert weitere Massnahmen, gerade auch, um das Personal im Beruf zu halten. Dazu gehöre unter anderem die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine gute Einarbeitung. Auch im Bereich Laufbahnplanung, berufliche Entwicklung und Talentförderung gebe es noch Verbesserungspotential, heisst es weiter.