Krypto-Handy, hoher Lohn, kaum frei Für Rösti und Baume-Schneider wird jetzt vieles anders

Von Alex Rudolf

11.12.2022

Hier lassen sich Rösti und Baume-Schneider vom Volk feiern

Hier lassen sich Rösti und Baume-Schneider vom Volk feiern

Die frisch gewählten Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider SP und Albert Rösti SVP werden auf dem Bundesplatz von der Bevölkerung empfangen. Die Jurassier stimmen ihre neue Hymne an, «La Rauracienne».

08.12.2022

Wer in die Landesregierung gewählt wird, muss sein Leben von Grund auf ändern. Um die Sicherheit zu gewährleisten, werden auch mal Wände herausgerissen und Doppeltüren im Schlafzimmer eingebaut.

Von Alex Rudolf

Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 15. November. Dies ist eine ergänzte und aktualisierte Version. 

Für Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider beginnt ein neues Leben. Ob er sich dessen bewusst sei, wurde der frisch gewählte SVP-Bundesrat am Mittwoch in der Wandelhalle gefragt. Rösti: «Ja, davon gehe ich aus.»  Er habe sich genau überlegen müssen, ob er das Amt mit seinem Familienleben vereinbaren könne.

Ähnlich äusserte sich die neue SP-Bundesrätin Baume-Schneider: «Weiche Knie habe ich nicht, sonst wäre ich nicht hier», antwortete die Jurassierin. Aber sie habe das Glück, dass ihre Familie sie auch in diesem neuen Lebensabschnitt unterstützen werde.

Nicht nur dauern ihre Arbeitstage von frühmorgens bis spätabends, auch Abendeinsätze an Anlässen oder Diskussionsrunden gehören zum Alltag. blue News zeigt, worauf sich die neuen Bundesratsmitglieder sonst noch gefasst machen müssen.

2018 ging dieses Foto von Alain Berset um die Welt. In New York studierte er auf dem Trottoir sitzend Unterlagen. Wäre dies heute noch möglich?
2018 ging dieses Foto von Alain Berset um die Welt. In New York studierte er auf dem Trottoir sitzend Unterlagen. Wäre dies heute noch möglich?
Keystone

Wie sicher ist ein Bundesrat?

Wie genau Bundesrät*innen geschützt werden, darüber gibt die Bundespolizei auch auf Anfrage nichts bekannt. Noch vor wenigen Jahren berichteten Medien regelmässig, dass die Schweiz das einzige Land sei, in dem die Landesregierung noch unbehelligt den öffentlichen Verkehr nutzen könne, ohne von Bodyguards umzingelt zu sein.

Beispielsweise wartete der damalige Bundespräsident Didier Burkhalter 2014 am Neuenburger Bahnhof scheinbar allein auf den Zug, Bundesrat Alain Berset las in New York 2018 auf dem Trottoir Papiere und Doris Leuthard nahm im selben Jahr auf der Zugtreppe Platz, als sie von Bern nach Zürich reiste.

Seit der Corona-Pandemie sind diese Zeiten jedoch definitiv vorbei. Mehrere unabhängige Quellen bestätigen blue News, dass Bundesräte nicht mehr ohne Personenschutz unterwegs sind. Dabei handelt es sich oftmals um Sicherheitskräfte in Zivil. 

Rösti sagte nach seiner Wahl in der Wandelhalle, die Personenschützer machten ihre Arbeit «so professionell und diskret, dass man sie fast nicht bemerkt». 

Albert Rösti zu seiner Wahl als Bundesrat

Albert Rösti zu seiner Wahl als Bundesrat

Albert Rösti im Interview zu seiner Wahl in den Bundesrat. Er freue sich auf die Herausforderung, sei aber auch demütig und respektvoll gegenüber der Aufgaben, die auf ihn warten.

07.12.2022

Und den Personenschutz braucht es auch: 2019 zählte das Fedpol 249 Drohungen gegen Mitglieder des Bundesrats, des eidgenössischen Parlaments und gegen die Bundesverwaltung. Im Jahr 2021 stieg diese Zahl auf 1215 Drohungen. Wie die «Aargauer Zeitung» schreibt, habe sich das Eskalationspotenzial in 120 Fällen als so gross erwiesen, dass das Fedpol an den Türen der Droher klingelte, um sie auf das möglicherweise strafbare Verhalten aufmerksam zu machen.

Dienstwagen und Privatfahrzeug

Als Bundesrat oder Bundesrätin ist man nicht darauf angewiesen, mit dem ÖV zu reisen. Denn jedes Mitglied der Landesregierung hat das Anrecht auf ein Repräsentationsfahrzeug samt Fahrer*in. Darüber hinaus dürfen sie auch ein Dienstfahrzeug für den persönlichen Gebrauch beziehen. Neben einem SBB-Generalabonnement für die 1. Klasse erhalten die Magistrat*innen auch ein Abo für alle Schweizer Seilbahnen.

Abhörsicheres Handy

Baume-Schneider und Rösti erhalten mit ihrem Dienstantritt auch ein «Tego». Dabei handelt es sich um ein abhörsicheres Telefon – damit soll ein Ausspionieren verunmöglicht werden. Dieses wird aber eher selten genutzt, wie Bundesrätin Viola Amherd Anfang 2020 bei SRF verriet. 

Gefragt, ob sie im Bundeshaus mit einer sicheren Leitung telefoniere, antwortete die Verteidigungsministerin: «Nein, ich telefoniere eigentlich fast nur mit dem iPhone.» Das «Krypto-Handy» brauche es nur, «wenn es ein Spezialfall wäre».

Keine Zeit, um nachzudenken

Mit dieser ist es bis zum Rücktritt weitgehend vorbei, wie der ehemalige FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz im «Club» von SRF sagte. Es gehe zack, zack und der Generalsekretär fahre ein und informiere einen über anstehende Sitzungen. «Man ist so drin, dass man keine Zeit hat, darüber nachzudenken.»

Auch die Wohnsituation ändert sich, da die Bundesräte einen Wohnsitz in oder zumindest in der Nähe von Bern benötigen. Diese zahlen die Bundesräte selber, doch heisst es auf der Website des Bundesrates, dass sie bei Bedarf auf der Wohnungssuche in der Hauptstadt unterstützt würden.

Auch im Zuhause der neu gewählten Regierungsmitglieder gibt es Veränderungen. So sagte Hans-Rudolf Merz in derselben «Club»-Sendung, dass nach seiner Wahl in den Bundesrat sein Wohnhaus «umgebaut» wurde. Er habe plötzlich einen Anruf von seiner Frau erhalten, die berichtete, dass Handwerker das Haus verkabelt und gar eine Wand herausgerissen hätten. Im Schlafzimmer habe man eine Doppeltür mit Spion eingebaut, so Merz.

Elisabeth Baume-Schneider spricht über ihre Wahl als Bundesrätin

Elisabeth Baume-Schneider spricht über ihre Wahl als Bundesrätin

Sie sei stolz und «sehr, sehr, sehr dankbar» für das in sie gesetzte Vertrauen, sagt Elisabeth Baume-Schneider nach ihrer Wahl in den Bundesrat. Auch ein Glas Weisswein will sich die Jurassierin gönnen.

07.12.2022

Stattlicher Lohn für all die Unannehmlichkeiten

Wer in der persönlichen Freiheit so viele Abstriche machen muss, wird dafür fürstlich kompensiert. Brutto erhält ein Bundesrat jährlich 456'854 Franken. Pauschal werden zudem noch 30'000 Franken für Spesen vergütet. Wer das Bundespräsidium innehat, erhält nochmals 12'000 Franken mehr. Nach dem Rücktritt aus dem Bundesrat erhalten ehemalige Mitglieder noch 50 Prozent des Lohns von amtierenden Bundesräten.

Sie werden ab 2023 im Bundesrat mitwirken: Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti.
Sie werden ab 2023 im Bundesrat mitwirken: Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti.
Bild: Keystone

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