Corona-LockerungenWas hat der Nationalrat jetzt eigentlich beschlossen?
Von Gil Bieler und Lukas Meyer
3.3.2021
Der Nationalrat hat den Bundesrat zu weiteren Öffnungsschritten aufgefordert – mit einer nicht verbindlichen Erklärung. Was heisst das? Was sind die nächsten Schritte? Die wichtigsten Antworten.
Von Gil Bieler und Lukas Meyer
03.03.2021, 12:03
03.03.2021, 13:38
Gil Bieler und Lukas Meyer
Worüber hat der Nationalrat abgestimmt?
Der Nationalrat hat eine Erklärung seiner Wirtschaftskommission angenommen. Mit dieser wird der Bundesrat dazu aufgefordert, am 22. März alle Restaurants und Cafés, Freizeit-, Kultur- und Sportbetriebe zu öffnen. Ausserdem soll die Fünf-Personen-Regel für Treffen in Innenräumen per sofort gestrichen werden. Und: Die Kantone sollen den Beizen eine «massvolle Nutzung» von Terrassen für den Take-away-Betrieb erlauben dürfen.
Darüber hinaus soll der Bundesrat umgehend eine Öffnungsstrategie erarbeiten und aufzeigen, wie kulturelle und sportliche Grossanlässe wieder geplant werden können. Und ganz generell heisst es, der Bundesrat solle «umgehend» seine Corona-Strategie anpassen.
Wer hat dafür gestimmt, wer dagegen?
Einstimmig für die rasche Öffnung hat die SVP votiert, SP und Grüne waren einstimmig dagegen. Die Fraktionen von Mitte, GLP und FDP waren gespalten.
Muss der Bundesrat jetzt handeln?
Nein, denn die Erklärung hat keinen bindenden Charakter. Sie ist lediglich eine Aufforderung. Es bleibt damit offen, welche Wirkung sie auf den Bundesrat haben wird, aber grundsätzlich kann er frei entscheiden.
Was bringt das Ganze dann?
Es geht bürgerlichen Politiker*innen darum, den Druck auf den Bundesrat zu erhöhen. Mit dieser Erklärung werde dem Ärger in der Bevölkerung eine Plattform gegeben, sagte der Glarner Nationalrat Martin Landolt (BDP) im Namen der Wirtschaftskommission. Er sprach von frustrierten Zuschriften, die Ratsmitglieder erhielten. Prisca Birrer-Heimo (SP, LU) bezeichnete die Aktion dagegen als reines «Schaulaufen» und hielt fest: «Die Pandemie lässt sich weder durch Erklärungen noch per Datum noch mit politischem Schaulaufen beenden.»
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Eher selten. Auf der Parlamentswebsite sind bis ins Jahr 2002 zurück elf Erklärungen aufgelistet. Zur Corona-Politik hat der Nationalrat zuletzt Anfang Dezember eine Erklärung verabschiedet, und zwar in Zusammenhang zu den Skigebieten. Er forderte den Bundesrat damals auf, keine schärferen Vorschriften oder Kapazitätsgrenzen für die Schweizer Wintersportgebiete zu erlassen. Der Bundesrat verzichtete tags darauf tatsächlich auf eine Kapazitätsbegrenzung.
Wie geht es nun weiter?
Der eigentliche Showdown im Parlament steht erst noch bevor, wenn über das Covid-19-Gesetz abgestimmt wird. Der Ständerat wird bereits morgen Donnerstag darüber beraten, der Nationalrat am kommenden Montag. Ursprünglich sollte es hier vor allem um eine Aufstockung der Wirtschaftshilfen gehen, doch sowohl die Gesundheits- als auch die Wirtschaftskommission des Nationalrats fordern mehr Tempo: Die Wirtschaftskommission will gar den 22. März als fixes Öffnungsdatum ins Gesetz schreiben. Der Antrag dazu stammt von Magdalena Martullo-Blocher (SVP/GR).
Würden diese Gesetzesänderungen angenommen, wären dem Bundesrat die Hände gebunden : Er müsste öffnen und könnte auch bei einem erneuten Anstieg der Corona-Fallzahlen keine Schliessungen mehr anordnen.
Wie wahrscheinlich ist ein fixes Öffnungsdatum?
Das steht und fällt mit den Abgeordneten der Mitte-Partei. SP, Grüne, GLP sind dagegen, SVP und FDP dafür. Die Mitte-Fraktion liess jedoch verlauten, dass sie eine solche Aktion eher kritisch sieht.
Wie will der Bundesrat eigentlich lockern?
Erste Lockerungen sind seit Anfang März in Kraft, die nächsten Schritte will der Bundesrat auf den 22. März in Kraft setzen – sofern es die epidemiologische Lage erlaubt. Darüber informieren will der Bundesrat am 19. März, der seine Ideen bis dahin wieder den Kantonen zur Konsultation unterbreiten will. Nebst Lockerungen für die Gastronomie – auch im Innenbereich – soll auch über Lockerungen für Kultur- und Sportveranstaltungen mit Publikum, Sport in Innenräumen sowie Präsenzunterricht an Hochschulen gesprochen werden — und nicht zuletzt über die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht.
Transparenz: Dieser Artikel wurde mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ergänzt.