Schwerer VerfahrensfehlerBundesgericht hebt Freispruch in Missbrauchsfall auf
om, sda
14.11.2024 - 12:01
Das Bundesgericht hat einen Freispruch in einem Kindesmissbrauchsfall aufgehoben, da das Berner Obergericht ein unzulässiges schriftliches Verfahren durchgeführt hatte.
Keystone-SDA, om, sda
14.11.2024, 12:01
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Das Bundesgericht hat entschieden, einen Freispruch in einem Fall von sexuellem Kindesmissbrauch aufzuheben.
Ursprünglich hatte das Bezirksgericht Berner Jura-Seeland den Angeklagten im Jahr 2020 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
Das Bundesgericht hat entschieden, einen Freispruch in einem Fall von sexuellem Kindesmissbrauch aufzuheben. Der Freispruch war ursprünglich vom Berner Obergericht erteilt worden, das im Berufungsverfahren ohne mündliche Verhandlung entschied. Diese Entscheidung basierte auf dem Prinzip «im Zweifel für den Angeklagten», obwohl die Voraussetzungen für ein schriftliches Verfahren nicht gegeben waren.
Ursprünglich hatte das Bezirksgericht Berner Jura-Seeland den Angeklagten im Jahr 2020 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Einzelrichter hatte die Unschuldsbeteuerungen des Mannes als wenig glaubwürdig eingestuft. Zwei Jahre später entschied das Berner Obergericht zugunsten des Angeklagten und sprach ihn frei, nachdem es den Parteien vorgeschlagen hatte, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. Diese hätte aufgrund des Alters der Geschädigten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden müssen. Die Beteiligten stimmten dem schriftlichen Verfahren zu, das auf den Akten der ersten Instanz basierte.
In seinem Urteil vom Donnerstag stellte das Bundesgericht klar, dass schriftliche Verfahren nur in Ausnahmefällen zulässig sind, insbesondere wenn es sich ausschliesslich um Rechtsfragen handelt. Die Beweise, die in der ersten Instanz erhoben wurden, müssen in der Berufung erneut geprüft werden, vor allem wenn der Eindruck, den ihre Präsentation hinterlassen hat, entscheidend ist. Dies gilt besonders, wenn sich Aussagen widersprechen und die Glaubwürdigkeit der Beteiligten bewertet werden muss.
Das Bundesgericht betonte, dass das Obergericht das schriftliche Verfahren nicht hätte vorschlagen dürfen. Der Strafprozess unterliegt nicht der freien Verfügungsgewalt der Parteien, und es liegt in der Verantwortung der Berufungsinstanz, den Prozess ordnungsgemäss zu führen. Da das Obergericht die Glaubwürdigkeit des Angeklagten und des Opfers grundlegend in Frage stellte, hätte es eine neue Beweisaufnahme durchführen und die Parteien sowie Zeugen erneut anhören müssen. (Urteil 7B_215/2022 vom 25. Oktober 2024)
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