Gewalt in der Familie160'000 Kinder in der Schweiz werden regelmässig geschlagen
smi
29.10.2023
Zehn Prozent der Kinder in der Schweiz werden von ihren Müttern und Vätern geschlagen. Zwei Prozent auch mit Gegenständen. Immerhin, über 60 Prozent der Eltern wenden nie körperliche Gewalt gegen ihre Kinder an.
smi
29.10.2023, 17:41
smi
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Die Universität Freiburg hat Schweizer Eltern über ihren Umgang mit ihren Kindern befragt.
Zehn Prozent der Kinder werden regelmässig von ihren Eltern geschlagen (rund 160'000 Kinder), zwei Prozent auch mit Gegenständen wie Gürtel.
48'000 werden zur Strafe kalt abgeduscht, 300'000 erhalten Schläge auf den Hintern. Und noch mehr werden beschimpft, gedemütigt oder in ihr Zimmer gesperrt.
62 Prozent der Befragten haben angegeben, nie körperliche Gewalt gegen ihre Kinder anzuwenden.
Kinder zu schlagen, gilt in weiten Teilen der Schweizer Bevölkerung als falsch und veraltet. Gewalt gegen Kinder ist im Übrigen gemäss UNO-Kinderrechtskonvention verboten, die in der Schweiz 1997 in Kraft getreten ist. Trotzdem gehört körperliche Gewalt in einem Teil der Familien in der Schweiz zum Alltag.
Die Universität Freiburg hat mit einer Befragung ermittelt, wie viele Kinder in der Schweiz von ihren Eltern geschlagen oder anderweitig physisch gemassregelt werden. 1605 Mütter und Väter haben an der Studie teilgenommen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
62 Prozent der Befragten gaben an, nie körperliche Gewalt anzuwenden. Für 38 Prozent der Eltern gehören Ohrfeigen zur Erziehung. Ob aus Überzeugung, oder weil ihnen die Hand ausrutscht, geht aus den Resultaten nicht hervor.
Zehn Prozent ohrfeigen ihre Söhne und Töchter. Das sind rund 160'000 Kinder in der Schweiz. Zwei Prozent nehmen Gegenstände zu Hilfe, etwa einen Gürtel.
Weniger schmerzhaft, dafür stärker verbreitet sind Schläge auf den Hintern, die 300'000 Kinder immer wieder erdauern müssen. 48'000 Mädchen oder Jungen werden zur Strafe kalt abgeduscht.
Gewaltfreie Erziehung auf dem Weg ins Zivilgesetz
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass körperliche Züchtigung negative Folgen hat. So zählt eine Übersichtsstudie der Medical Tribune auf: Geschlagene Kinder sind häufiger aggressiv, verhaltensauffällig, sie lernen schlechter und sind sozial weniger kompetent. Kinder, die von ihren Eltern geschlagen wurden, fallen auch als Erwachsene häufiger mit negativem Verhalten auf.
Zwar ist es verboten, Kinder zu schlagen. Die Schweiz gehört aber zu einer Minderheit von Staaten in Europa, die das Gebot einer gewaltfreien Erziehung nicht gesetzlich verankert haben. Ein Postulat verpflichtet den Bundesrat nun, dies zu ändern.
Der Bundesrat hat dem Parlament einen Vorschlag gemacht, wie Kinder in der Erziehung gesetzlich noch besser geschützt werden können. Das Gebot einer gewaltfreien Erziehung soll ins Zivilgesetz aufgenommen werden. Es soll aber nicht jeder Krach in der Familie Sanktionen – etwa eine Kesb-Intervention – nach sich ziehen.
In seiner Antwort auf das Postulat betont der Bundesrat die Wichtigkeit von Beratungs- und Hilfsangeboten für Kinder und ihre Eltern. Die gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetz habe Leitbildcharakter und könne die Finanzierung solcher Programme erleichtern.