EU-Parlament schockiert über Korruption in eigenen Reihen
Das EU-Parlament hat die in der Korruptionsaffäre um Vizepräsidentin Eva Kaili beschuldigten Abgeordneten scharf verurteilt. «Was für eine verdammte Scheisse, die sie hier abgezogen haben», zitierte die Fraktionschefin der Grünen ihren Vater.
Die Mitglieder des EU-Parlaments zeigen sich schockiert von der Korruptionsaffäre. Die Abgeordneten fordern fraktionsübergreifend eine lückenlose Aufklärung und totale Transparenz.
Hat Katar versucht, sich Einfluss im EU-Parlament zu erkaufen? Das ist in diesen Tagen die grosse Frage in Brüssel. Gegen vier Personen wird wegen Verdacht auf Bestechung durch den Golfstaat ermittelt, darunter die ehemalige EU-Vizepräsidentin Eva Kaili.
Im Zuge des Skandals haben die belgischen Behörden bislang 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt. Die Bundespolizei veröffentlichte auf Twitter ein Foto, das das beschlagnahmte Schmiergeld zeigen soll.
In einer Debatte am gestrigen Dienstag distanzierten sich die Mitglieder des Parlaments fraktionsübergreifend von den Beschuldigten. Zwar gelte die Unschuldsvermutung, sagte die EU-Kommissarin für Inneres Ylva Johansson. Dennoch sollten sich diejenigen, die Schmiergelder annehmen, schämen.
«Vertrauen zerbrochen»
Der niederländische Christdemokrat Jeroen Lenaers sprach von einem Schatten, der nun über dem Parlament hänge und verglich die Bilder in den Nachrichten der vergangenen Tage mit einem «schlechten Netflix-Film».
Zu ungewöhnlich deutlichen Worten sah sich auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Terry Reintke, gezwungen. «Was für eine verdammte Scheisse, die sie hier abgezogen haben», zitierte sie ihren Vater. «Das ist ein Zitat, das zeigt, wie viel Vertrauen zerbrochen ist», fügte Reintke hinzu.
Dieses Vertrauen, so der Konsens unter den Abgeordneten, gelte es wieder aufzubauen. Einige Redebeiträge deuteten aber durchaus auf unterschiedliche Herangehensweisen bei diesem Vertrauensaufbau hin.
Nicht nur «einige faule Äpfel»
So bezog sich Lenaers in seiner Rede auf «die Gier einiger Einzelpersonen», während Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linken Fraktion, explizit von einem strukturellen Problem sprach. «Dieser Skandal ist nicht entstanden, weil es hier einige faule Äpfel gibt», so Schirdewan.
Eva Kaili ist bereits mit einer einzigen Gegenstimme von ihrem Posten als Vizepräsidentin entbunden worden. Ausserdem gab es zwei Enthaltungen. Dem stehen 625 Stimmen für ihre Amtsenthebung entgegen.
Kaili beteuert Unschuld
Noch am 21. November hatte Kaili das WM-Gastgeberland Katar in einer Rede im EU-Parlament gegen Kritik in Schutz genommen. Dieses sei ein Vorreiter bei Arbeiterrechten in der arabischen Welt. Wer den Umgang mit Katar kritisiere, werde mit Korruptionsvorwürfen verunglimpft, so Kaili.
Über ihren Anwalt liess die Griechin ihre Unschuld beteuern. Bis zum Donnerstag der kommenden Woche wird Kaili in Untersuchungshaft bleiben. Dann wird sich entscheiden, ob sie vorläufig wieder auf freien Fuss kommt.