An dem verunglückten Grossfrachter machen sich bereits zehn Schlepper und auch Saugbagger zu schaffen. Nun soll das Schiff teilweise entladen werden. Unterdessen gehen Reedereien dazu über, ihre Schiffe um Afrika herum fahren zu lassen.
AP/dpa/toko
28.03.2021, 13:58
28.03.2021, 13:59
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Die Befreiungsversuche für den im Suezkanal auf Grund gelaufenen Riesenfrachter «Ever Given» werden verstärkt. Am Sonntagmorgen trafen zwei weitere schwere Schlepper in Suez ein, wie Satellitendaten von Marinetraffic zeigten. Die niederländische «Alp Guard» und die italienische «Carlo Magno» sollten helfen, das Containerschiff freizuschleppen, das seit Dienstag eine der wichtigsten Wasserstrassen der Welt blockiert. Reedereien gingen verstärkt dazu über, ihre Schiffe um Afrika herum fahren zu lassen.
Präsident ordnet Vorbereitung zur Teilentladung an
Nun bereiten sich Arbeiter auf eine mögliche Teilentladung der «Ever Given» vor. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi habe entsprechende Vorbereitungen angeordnet. Das sagte Admiral Usama Rabi, Vorsitzender der Kanalbehörde, dem Fernsehsender Extra News am Sonntag.
Der Druck auf die Verantwortlichen am Suezkanal steigt, weil inzwischen mehr als 300 Schiffe auf Durchfahrt warten und der wirtschaftliche Schaden immer weiter wächst. Dem Dienstleister Inchcape Shipping Services zufolge konnte das Schiff mit Hilfe von Schleppern bisher 29 Meter bewegt werden.
Die knapp 400 Meter lange und 59 Meter breite «Ever Given» war am Dienstag rund sechs Kilometer von der südlichen Zufahrt zum Kanal entfernt auf Grund gelaufen und hat sich zwischen den Ufern verkeilt. Bei den Befreiungsversuchen mit zehn Schleppern gab es am Samstag nur einen kleinen Fortschritt. Spezialisten seien ein wenig damit vorangekommen, das Heck der «Ever Given» freizubekommen, teilte der Kanaldienstleister Leth Agencies mit. Am Sonntag sollte es bei Flut zwei weitere Versuche geben. Ausserdem sollten weiter Sand und Schlamm unter dem Schiff abgesaugt werden.
«Der Sonntag ist ganz entscheidend»
Der Leiter der ägyptischen Kanalbehörde, Osama Rabei, räumte am Samstag ein, er könne nicht sagen, wann die «Ever Given» wieder flott sei. «Ich kann es nicht sagen, weil ich es nicht weiss» sagte er. Die Situation sei schwierig.
«Der Sonntag ist ganz entscheidend», sagte ein Kanallotse der Nachrichtenagentur AP. Er werde zeigen, wie es weitergehe. «Der nächste Schritt umfasst höchstwahrscheinlich die zumindest teilweise Entladung des Schiffes», sagte der Mann, der nicht genannt werden wollte. Inzwischen hat sich diese Vermutung bestätigt.
Der Chef der niederländischen Bergungsfirma Boskalis, Peter Berdowski, erläuterte, Spezialisten setzten auf eine Kombination aus schweren Schleppern, Saugbaggern und der Springflut, die wegen des bevorstehenden Vollmonds bis zu 50 Zentimeter höher sein werde als normal. Der Bug der «Ever Given» habe sich fest in den lehmigen Ufersand gebohrt, am Heck sei es weniger schlimm. Dort könne man ansetzen. «Wir hoffen, dass die Kombination aus den Schleppern, die wir dort haben werden, mehr weggebaggertem Grund und der Flut ausreichen wird, um das Schiff irgendwann Anfang nächster Woche freizubekommen», sagte Berdowski. Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs.
Zehn Prozent des Welthandels
Der Suezkanal verkürzt die Fahrstrecke für Handelsschiffe zwischen Asien und Europa um mehrere Tausend Kilometer. Durch die künstliche Wasserstrasse zwischen Mittelmeer und Rotem Meer laufen zehn Prozent des Welthandels. An den Kanalzufahrten stauten sich nach der Havarie Hunderte Schiffe.
Weil das Ende der Havarie nicht absehbar war, begannen Reedereien, ihre Frachter um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas herum fahren zu lassen. Das grösste Schifffahrtsunternehmen der Welt, die dänische Reederei Moller-Maersk kündigte an, wegen der längeren Routen würden sich Lieferungen um drei bis sechs Tage verzögern.
Die Unglücksursache war noch nicht geklärt. Starker Wind sei nicht er einzige Grund, sagte Rabei. Technische oder menschliche Fehler könnten nicht ausgeschlossen werden. Das für die Technik an Bord verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, nach ersten Ergebnissen könnten mechanische Fehler oder Probleme mit dem Antrieb ausgeschlossen werden. Allerdings war in einer der ersten Schadensmeldungen davon die Rede, dass es auf der «Ever Given» zum Zeitpunkt des Unglücks einen Stromausfall gegeben habe.