Er wurde Zeuge beim Attentat Bodyguard von John F. Kennedy bricht nach 60 Jahren sein Schweigen

mmi

13.9.2023

First Lady Jacqueline Kennedy wiegt ihren Mann, Präsident John F. Kennedy, Sekunden nachdem er tödlich erschossen wurde.
First Lady Jacqueline Kennedy wiegt ihren Mann, Präsident John F. Kennedy, Sekunden nachdem er tödlich erschossen wurde.
KEYSTONE

Paul Landis stand nur wenige Schritte von John F. Kennedy entfernt, als der damalige US-Präsident getötet wurde. 60 Jahre später bricht der Ex-Bodyguard sein Schweigen und zweifelt die bisherige Theorie zum Attentat in Dallas an.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • 60 Jahre nach dem Attentat auf den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy bricht der ehemalige Secret Service-Agent, Paul Landis, sein Schweigen.
  • Der 88-Jährige schildert in seinen Memoiren, wie er den Tag vom 22. November 1963 erlebt hat.
  • Brisant ist: Landis zweifelt darin Teile der offiziellen Version an.
  • Das Buch «The Final Witness» erscheint am 10. Oktober 2023.

Paul Landis erinnert sich noch genau an den ersten Schuss. Einen Moment lang, als er auf dem Trittbrett des Wagens stand, hatte er gehofft, dass es vielleicht nur ein Feuerwerkskörper oder ein geplatzter Reifen war. Aber Landis kannte Waffen und wusste es besser. 

Dann kam ein zweiter Schuss. Und noch einer. Der Präsident sackte schliesslich in sich zusammen. 

Unzählige Nächte danach durchlebte Landis diesen grässlichen Moment in seinen Träumen. Jetzt, 60 Jahre später, erzählt der 88-Jährige, einer der Secret Service-Agenten, die an jenem schicksalhaften Tag in Dallas nur wenige Meter von Präsident John F. Kennedy entfernt waren, zum ersten Mal seine Geschichte in voller Länge.

Brisant ist: In mindestens einem wichtigen Punkt unterscheidet sich sein Bericht von der offiziellen Version. Das könnte das Verständnis dieses schicksalshaften Tages in Dallas 1963 verändern.

«Ich hatte Angst, dass ich etwas falsch gemacht haben könnte», sagt Landis zu dem Reporter der «New York Times» auf die Frage, warum er erst sechs Jahrzehnte nach dem Attentat sein Schweigen brechen wolle. In seinem Buch «The Final Witness», das am 10. Oktober veröffentlicht wird, schildert Landis, wie er den Tag erlebte.

Die «Magic-Bullet»-Theorie

Mit seinen Memoiren stellt Landis, die von offizieller Seite aufgestellte Theorie infrage – dass eine der Kugeln, die auf die Limousine des Präsidenten abgefeuert wurden, den Präsidenten von hinten traf, vorne aus seinem Hals austrat und weiter den texanischen Gouverneur John Connally (1917–1993) traf. Wobei es irgendwie gelang, dessen Rücken, Brust, Handgelenk und Oberschenkel zu verletzen. Es schien unglaublich, dass eine einzige Kugel all das bewirken konnte. So stellten Skeptiker die Theorie der «magischen Kugel» auf. 

Die Ermittler kamen unter anderem deshalb zu diesem Schluss, weil die Kugel auf einer Bahre gefunden wurde, auf der Connally im Parkland Memorial Hospital gelegen haben soll. So, dass sie davon ausgingen, dass das Projektil aus Connallys Körper fiel, als ihn die Ärzte behandelten. Aber Herr Landis, der von der Untersuchungskommission nie befragt wurde, sagt nun, wie die Kugel dahin gelangte. 

Er sei derjenige gewesen, der die Kugel gefunden habe – und zwar nicht im Krankenhaus in der Nähe von Mr. Connally, sondern in der Präsidentenlimousine, wo sie in der Rückenlehne des Sitzes steckte, hinter der Kennedy sass.

«An diesem Punkt beginne ich an mir selbst zu zweifeln»

Herr Landis stellt die Theorie auf, dass die Kugel Kennedy in den Rücken traf, aber aus irgendeinem Grund zu schwach geladen war und nicht tief in die Rückenlehne eindrang, sodass sie wieder heraussprang, bevor der Präsident aus der Limousine und mit der Ambulanz ins Spital überführt wurde.

Zweifel an eigenen Aussagen

Im Gespräch mit der «New York Times» mag Landis über keine grösseren Zusammenhänge spekulieren. Er hat immer geglaubt, dass Lee Harvey Oswald der einsame Schütze war. Aber jetzt? «An diesem Punkt beginne ich an mir selbst zu zweifeln», sagte er. «Jetzt fange ich an, mich zu fragen.» Weiter ist er nicht bereit zu gehen.

Wie alles, was mit dem Attentat auf John F. Kennedy zu tun hat, wirft auch Landis Darstellung Fragen auf. Er hat 60 Jahre lang geschwiegen, was selbst bei seinem ehemaligen Partner vom Secret Service Zweifel aufkommen lässt.

Hinzu kommt, dass Erinnerungen selbst für diejenigen schwierig, die sich aufrichtig sicher sind. Einige Elemente seiner Darstellung stehen im Widerspruch zu den offiziellen Erklärungen, die er unmittelbar nach der Schiesserei bei den Behörden abgab. Einige der Implikationen seiner Version lassen sich nicht ohne Weiteres mit den vorhandenen Unterlagen in Einklang bringen.

Aber er war dabei, ein Zeuge aus erster Hand, und es ist selten, dass sechs Jahrzehnte nach der Tat neue Zeugenaussagen auftauchen. Er habe sich nie an die Verschwörungstheorien gehalten und betont, dass er auch jetzt keine vertritt. Im Alter von 88 Jahren wolle er nur erzählen, was er gesehen und getan habe. Er überlasse es allen anderen, daraus Schlüsse zu ziehen.