USA Wie Fox News über den Parteitag der US-Demokraten berichtet

AP/toko

20.8.2020

Der designierte US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden (links) liegt derzeit in wichtigen Swing-States vor dem Amtsinhaber Donald Trump. (Archivbild)
Der designierte US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden (links) liegt derzeit in wichtigen Swing-States vor dem Amtsinhaber Donald Trump. (Archivbild)
KEYSTONE/AP

Spott und Häme: Während die Demokraten sich bei ihrem virtuellen Parteitag selbst feiern, pflegt der Lieblingssender von Donald Trump einen anderen Blick auf das Ereignis. Dort wird kommentiert was das Zeug hält und kein Blatt vor den Mund genommen.

Wer den Parteitag der Demokraten auf Donald Trumps Lieblingssender Fox verfolgen will, erlebt Berichterstattung in Form von Dauerkommentaren. Die Fox-News-Moderatoren Tucker Carlson und Sean Hannity schalten bei vielen Parteitagsrednerinnen und -Rednern den Ton nur sporadisch an. Ansonsten geben sie ihre eigene Meinung zum Besten.

«Mittlerweile bankrott»

Die virtuell abgehaltene viertägige Veranstaltung sei «die schlimmste Dauerwerbesendung, die je gemacht wurde», sagt Hannity, und weist auf kurze, kommentierte Höhepunkte einige demokratischer Sprecher hin. Carlson meint, wenn die Führung der Demokraten in der Direktvermarktung tätig wäre, wäre sie «mittlerweile bankrott».

Fox News zeigt, wie die Sender ABC, CBS und NBC, eine Stunde Nachrichten am Abend. Während die Kabelfernseh-Rivalen CNN und MSNBC drei Stunden zur besten Sendezeit dem Parteitag widmen und den Stream der Demokraten praktisch ohne Unterbrechung zeigen, schickt Fox News seine bekanntesten Meinungsjournalisten ins Rennen.

Kein Blatt vor dem Mund

Carlson und Hannity sprechen aus einer Sicht, die Unterstützern des republikanischen Präsidenten Donald Trump bekannt ist. Zu ihren Gästen an den ersten beiden Abenden gehörten Donald Trump Jr., die Wahlkampfstrategin und Beraterin Kellyanne Conway, die frühere Pressesprecherin des Weissen Hauses Sarah Sanders und die Sprecherin des Wahlkampfteams, Erin Perrine.



Niemand nimmt ein Blatt vor den Mund. Hannity nennt den Parteitag «eine vorhersehbare Dosis schlecht produzierter, kultartiger, psychotischer Wut (und) Hysterie gegen alles von Donald Trump. Ich dachte, sie wären Vereinende.»

Carlson meint, das Parteitagsprogramm gefalle vielleicht Menschen, die auch verpflichtende Diversitätsseminare in Unternehmen genössen. «Das Predigen, die Selbstgerechtigkeit, die herablassende Haltung, das schamlose Lügen, die merkwürdige Mischung aus Schuld und Aggression — das hat sich für sie wahrscheinlich erfrischend gewohnt angefühlt», lästert Carlson. Alle anderen hätten lieber abgeschaltet.

Das zweistündige Programm der Demokraten beginnt um 21.00 Uhr New Yorker Zeit, wenn auch Hannity's Show beginnt. Die meiste Zeit wird das Geschehen des Parteitags auf Fox News in einem kleinen Kästchen am Rand des Bildschirms mit abgeschaltetem Ton gezeigt. Hannity schaltet hin und wieder in eine Rede hinein, knipst den Ton mittendrin wieder aus und kommentiert. «Da ist er, wieder am Lügen», befand er, nachdem er dem früheren Präsidenten Bill Clinton den Ton abgedreht hatte. Den Beitrag des New Yorker Gouverneurs Andrew Cuomo unterbrach er, um ihn einen Idioten und Deppen zu nennen, der «wahrscheinlich die grösste Menge Geschichtsrevisionismus aller Zeiten» von sich gegeben habe.

Bolschewiken in den USA?

Die 90-sekündige Rede der linken Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez, die für Konservative eine beliebte Zielscheibe ist, zeigt er ganz, und kommentiert am Schluss: «Hat sie gerade die Nominierung des Bolschewiken Bernie (Sanders) unterstützt?» Der einzige Moment des Parteitags, bei dem es keine herablassenden oder spöttischen Kommentare gab, war die Schweigeminute für George Floyd, den bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis im Mai getöteten Schwarzen.

Carlson behauptet, dass die frühere First Lady Michelle Obama praktisch nicht kritisiert werden dürfe, nur um sie dann eine Lügnerin zu nennen. Er spielt Clips von Fernsehanalysten vor, die Obamas Rede vom Montag preisen, um nahezulegen, dass sie völlig überhöht sei, lässt aber aus, dass Fox-News-Moderator Chris Wallace und die politische Kommentatorin und frühere Pressesprecherin des Weissen Hauses unter George Bush, Dana Perino, Obamas Rede ebenfalls für gelungen hielten.

Er macht sich über Michelle Obamas Aussage lustig, nicht in Politik verwickelt werden zu wollen. «Wenn sie Politik so sehr hasst, warum hält sie eine politische Rede bei einer politischen Versammlung?», fragt er. «Gibt es im Sommer auf (der Insel) Martha's Vineyard nichts anderes zu tun?»

Beide Gastgeber stellen die Gesundheit des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden infrage. Hannity zeigt dazu einen Werbespot des Trump-Teams. «Er scheint gebrechlich, er scheint schwach, er scheint verwirrt», sagt Hannity danach über Biden.

Ferndiagnosen von Moderatoren

Ein Gast von Carlson, Fox-Analyst Brit Hume, nennt Biden senil. «Aufgrund seines Alters hat er keine vollständigen Fähigkeiten mehr, so dass er manchmal vergisst, wo er sich befindet, und sich nicht mehr an grundlegende Dinge erinnern kann», diagnostiziert Hume aus der Ferne. Carlson antwortet: «Interessant.»

Die beiden Gastgeber machen ihre Sicht der Dinge selbst den Fernsehzuschauern klar, die den Ton ausgeschaltet haben. «Dems (Demokraten) tyrannisieren Euch, ihre Agenda zu akzeptieren» steht in den Schlagzeilen, und «Schamlosigkeit auf Vollanzeige beim DNC», der Abkürzung für den Parteitag der Demokraten. Ausserdem: «2020 Dems: Sie glauben nicht ein Wort von dem was, was sie sagen», «DNC ist eine bizarre Parade verzweifelter Zoom-Anrufe» und «Von Hoffnung und Wandel zu Hass und Wut».

Wirtschaftlich gesehen ergibt der Sendeplan von Fox durchaus Sinn. Carlson hatte am Montag und Dienstag mehr als vier Millionen Zuschauer, mehr als CNN und MSNBC. Hannity erreichte 3,88 Millionen Zuschauer am Montag, viele Fox-Zuschauer schalteten um, als die Übertragung des Parteitags begann. Fox hatte am Montagabend um 22.00 Uhr 2,1 Millionen Zuschauer, weniger als die Hälfte von MSNBC und CNN zur gleichen Zeit, wie das Marktforschungsinstitut Nielsen mitteilte.

Fox hat mitgeteilt, dass der Plan der Berichterstattung der gleiche sei wie 2016. Auch beim Parteitag der Republikaner in der kommenden Woche werde der Sender so verfahren. Dann dürfte die Zahl der Fox-Zuschauer noch einmal deutlich anschwellen.

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