Drei AspekteWer profitiert vom versuchten Attentat auf Donald Trump?
Philipp Dahm
17.9.2024
Attentatsversuch auf Trump: Bodycam-Aufnahmen zeigen Festnahme des Verdächtigen
Bodycam-Aufnahmen der Polizei in Florida vom Montag. Die Bilder zeigen die Festnahme des Mannes, der mutmasslich einen Attentatsversuch auf Donald Trump unternommen hat. Die US-Behörden identifizierten den festgenommenen Verdächtigen als den vorbestraften Ryan Wesley Routh.
17.09.2024
Donald Trump versucht kämpferisch, den misslungenen Anschlag auf sein Leben für seine Sache zu nutzen. Kamala Harris muss aus der Causa eine Chance machen. Und Wladimir Putin? Der reibt sich die Hände.
Philipp Dahm
17.09.2024, 20:51
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Am 15. September hat Ryan Wesley Routh offenbar versucht, Donald Trump in Palm Beach, Florida, zu töten.
So flog Routh auf und das ist über ihn bekannt.
Eine Vorlage für Trump: Der Präsidentschaftskandidat nutzt die Situation für harsche Attacken auf den politischen Gegner.
Eine Chance für Harris? Trumps Gegnerin muss sich seiner Anschuldigungen erwehren, ohne selbst auszuteilen, um ihr erklärtes Image als einende Kraft zu untermauern.
Ein Jackpot für Putin: Weil Routh sich für die Sache Kiews eingesetzt hat, feiert Moskau einen Propaganda-Erfolg.
Seit Thomas Matthew Crooks am 13. Juli vergeblich versucht hat, Donald Trump in Butler in Pennsylvania zu erschiessen, hat der Secret Service die Zügel angezogen. Deshalb laufen die Agenten neu dem 78-Jährigen ein Loch voraus, als der am 15. September mit Freunden seinen Golfplatz in West Palm Beach in Florida bespielt.
Ein Agent erspäht einen Gewehrlauf im Gebüsch. Dort harrt schon seit Stunden Ryan Wesley Routh aus. Er hat einerseits ein Sturmgewehr mit Zielfernrohr dabei – und andererseits eine GoPro-Kamera, mit der er sich filmt. Auch an Essen hat er gedacht. Als der Secret Service schiesst, flieht der 58-Jährige, teilt Sheriff Rik Bradshaw später mit.
Routh wird bald darauf auf der Autobahn verhaftet, weil eine Augenzeugin ihm folgt und sein Kennzeichen fotografiert. Er wird verhaftet und zunächst wegen Waffen-Vergehen angeklagt: Zum einen hat er demnach als Vorbestrafter unerlaubt ein Sturmgewehr besessen und andererseits die Seriennummer unkenntlich gemacht.
Wer ist der mutmassliche Täter?
Trump sei bei der Wahl 2016 sein Kandidat gewesen, schreibt Routh am 10. Juni 2020 auf X. «Die Welt hat gehofft, dass Präsident Trump anders und besser sein würde, aber wir wurden alle sehr enttäuscht und es scheint, dass du schlechter wirst.» Der Post endet mit dem Satz: «Ich bin froh, wenn du weg bist.»
Waffen haben es dem mutmasslichen Attentäter angetan: 2002 liefert sich Routh in North Carolina angeblich eine Verfolgungsjagd, als er sich im Besitz einer Massenvernichtungswaffe befunden haben soll. Es geht um ein vollautomatisches Maschinengewehr. Andere Delikte betreffen das unerlaubte Tragen von verdeckten Waffen und Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber auch Fahrerflucht und Fahren nach Ausweis-Entzug.
«Ich habe die Waffen gesehen», sagt eine Nachbarin aus Greensboro, North Carolina. «Sie hatten viele Waffen und Zeug da drüben. Viele Leute hatten früher Angst vor ihm.» Die versuchte Tat überrascht sie aber doch: «Ich hätte nicht gedacht, dass er so weit geht. Ich weiss, er war ein bisschen durchgeknallt – aber den Präsidenten umbringen? Er wird lange einsitzen.»
Eine Vorlage für Trump
Donald Trumps Kampagne reagiert auf das versuchte Attentat pfeilschnell: Kurz nach dem Vorfall werden in Massen «Alarm von Trump»-Mails verschickt, in denen der Republikaner mitteilt, dass es ihm gut gehe und er niemals aufgeben werde – verbunden mit einem Spenden-Aufruf.
Trump almost immediately turns second assassination attempt on his life into a fundraising opportunity. pic.twitter.com/D3NUmmZPRM
Trump selbst sieht in dem Mordversuch offenbar eine Steilvorlage, um seine Gegner zu attackieren. Er macht auf Truth Social «ein völlig neues Level von Hass, Missbrauch und Misstrauen» in der US-Politik aus. Schuld daran sind «Rhetorik, Lügen und all die lächerlichen Klagen», was explizit auch die «falschen Aussagen von Genossin Kamala Harris» beinhalte.
Dear Democrats and your activists in the media,
Is two assassination attempts on Donald Trump’s life considered a “threat to democracy” yet?
Bei «Fox News» legt Trump nach: «[Der mutmassliche Täter] hat der Rhetorik von Biden und Harris geglaubt und danach gehandelt. Ihre Rhetorik hat bewirkt, dass auf mich geschossen wird.»
Eine Chance für Harris?
Der Noch-Präsident und Stellvertreterin würde ihn eine «Bedrohung der Demokratie» nennen und sich selbst als die Einenden darstellen, fährt Trump fort. «Sie sind das Gegenteil. Das sind die Leute, die unser Land zerstören wollen. Mann nennt es ‹den Feind im Inneren›. Sie sind die wahre Bedrohung.»
Das ist starker Tobak. Die Demokraten könnten nun daran erinnern, wie sich Trump öffentlich darüber lustiggemacht hat, dass Nancy Pelosis Ehemann Paul im Oktober 2022 zu Hause überfallen worden ist. Der Täter brach ihm mit einem Hammer den Schädel.
Oder sie könnten darauf verweisen, dass Trump-Intimus Elon Musk gerade einen Tweet gelöscht hat, der fragt, warum eigentlich niemand einen Anschlag auf Harris und ihren designierten Vize Tim Walz versucht, was wiederum den Secret Service nervös macht. Sie könnten aufschreien, dass Begrifflichkeiten wie «Feind im Inneren», «Blutbad» oder «Ungeziefer» wenig zur politischen Kultur beitragen.
I am deeply disturbed by the possible assassination attempt of former President Trump today. As we gather the facts, I will be clear: I condemn political violence. We all must do our part to ensure that this incident does not lead to more to violence.
Doch Harris' Kampagne wird sich in dieser Hinsicht jedoch hüten, Trump nach dem nun bereits zweiten Attentatsversuch zu attackieren. Wie der selbst gesagt hat, versucht sich die Demokratin als eine Kandidatin zu präsentieren, die das Land zusammenbringen kann. Harris versucht, ihr erklärtes Image nun auch auszufüllen.
Ein Jackpot für Putin
US-Wahlen 2024 im Fokus
Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten. Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.
Patrick Semansky/AP/dpa
Ein Profiteur der Situation ist Wladimir Putin. Der Grund: Ryan Routh hasst den Kreml-Chef. «Wir werden nicht stoppen, bis Putin tot ist und Moskau ein Haufen Schutt», schreibt er laut «NBC News» 2022 auf X. Der Grund ist der Überfall der Ukraine, für deren Sache sich Routh fortan einsetzt.
Er reist sogar nach Kiew und bewirbt sich dort bei der Internationale Legion, obwohl er nie beim Militär war – und wird abgelehnt. «ABC News» zufolge ist er auch wegen seiner psychischen Verfassung durchgefallen. Kein Wunder, dass sich Wolodymyr Selenskyj prompt von dem Mann distanziert, mit dem sein Land nicht in Verbindung gebracht werden will.
I am glad to hear that @realDonaldTrump is safe and unharmed. My best wishes to him and his family. It’s good that the suspect in the assassination attempt was apprehended quickly. This is our principle: the rule of law is paramount and political violence has no place anywhere in…
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) September 16, 2024
Doch das Polit-Kind ist da schon in den Propaganda-Brunnen gefallen. Auf die Frage, was er über die Causa denkt, sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow einem «Reuters»-Reporter: «Es sind nicht wir, an die denken sollten. Es sind die US-Geheimdienste, die denken sollten. Wie dem auch sei: Mit dem Feuer zu spielen, hat Konsequenzen.»
Weniger subtil ist Wladimir Putins Kettenhund: «Ich frage mich, was passiert, wenn sich herausstellt», fragt Dmitri Medwedew auf X, «dass der verhinderte Trump-Attentäter Routh, der Söldner für die ukrainische Armee angeworben hat, vom Neonazi-Regime in Kiew für den versuchten Anschlag engagiert wurde?»
I wonder what would happen if it turned out that the failed new Trump shooter Routh, who recruited mercenaries for the Ukrainian army, was himself hired by the neo-nazi regime in Kiev for this assassination attempt?
Tatsächlich hat Routh versucht, Kämpfer aus Afghanistan und Pakistan an die ukrainische Front zu bringen – und der «New York Times» sogar ein Interview dazu gegeben. Angesichts der Tatsache, dass Russland zuletzt immerwiedernachgewiesen werden konnte, die westliche Öffentlichkeit zu manipulieren, ist dieser Fall mit Sicherheit genau die richtige für Putins Propaganda-Armee für den Krieg im Internet.
Hmmm... The plot thickens! Here is Ryan Routh and out of all the merchanaries that went over to Ukraine, Newsweek just 'happened' to find HIM: pic.twitter.com/8DAVmie06D
Für CNN ist das Ganze «ein Propaganda-Sieg für Moskau in einer sehr schwierigen Zeit für Kiew». «Seien wir ehrlich: Es lässt die Ukraine in einem sehr schlechten Licht erscheinen», räumt YouTuber Denis Dawidow ein, der auf der Krim geboren wurde und nach Deutschland geflohen ist. «Stellt euch vor, er wäre erfolgreich gewesen ... Ich bin wirklich froh, dass [Trump] am Leben ist.»
Unterwegs mit Abfalltauchern: «Unglaublich, welchen Müll wir hier rausfischen»
Am Hallwilersee taucht blue News Videoredaktorin Nicole mit Abfalltaucher Pascal und seinen Kolleg*innen in die kalten Fluten. Kaum zu fassen, was sie da alles vom Grund holen.