Letztes Gefecht Was von Trump bleibt – warum die Wahlen in Georgia so wichtig sind

AP/tafi

3.1.2021

Was von US-Präsident Donald Trump in Washington übrig bleibt, entscheidet sich bei der Senatswahl in Georgia am 5. Januar.
Was von US-Präsident Donald Trump in Washington übrig bleibt, entscheidet sich bei der Senatswahl in Georgia am 5. Januar.
Evan Vucci/AP/dpa

Die USA stehen vor einem Wandel – in welchem Masse, entscheidet sich in einem kleinen Staat im Südosten. Es geht um die Kontrolle des Senats. Sollten die Republikaner in Georgia nur einen ihre Sitze behalten, stünden Joe Biden schwierige Zeiten bevor.

Zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl können die Menschen im US-Staat Georgia erneut ihre Stimme abgeben. Obwohl sie am 5. Jnuar «nur» über die beiden Senatssitze ihres Staates entscheiden, wartet die ganze Nation gespannt auf das Ergebnis – wenn nicht sogar die ganze Welt. Denn von den Stichwahlen am Dienstag hängt ab, wie sehr der designierte US-Präsident Joe Biden auf Kompromisse angewiesen sein wird.

Die republikanischen Senatoren David Perdue und Kelly Loeffler verfehlten am 3. November in Georgia beide die absolute Mehrheit. Deswegen müssen sie nun in Stichwahlen erneut gegen die Kandidaten der Demokraten antreten.

Die Herausforderer, Jon Ossoff und Raphael Warnock, konnten zuletzt enorme Summen für ihren Wahlkampf einwerben. Das Rennen ist offen – Biden hatte in Georgia nur knapp gegen Donald Trump gewonnen.

Gut vernetzte Republikaner

Perdue war 2014 in den Senat gewählt worden, nachdem er zuvor als Manager tätig gewesen war. Im Laufe seiner Karriere in der Wirtschaft hatte der Republikaner unter anderem den Sportartikelhersteller Reebok und die Warenhauskette Dollar General geleitet. In seiner zurückliegenden Amtszeit galt er als eine wichtige Stütze von Trump im Senat.

Georgias zweiten Sitz im Senat wurde ursprünglich von Johnny Isakson gehalten. Im August 2019 kündigte der Republikaner aber einen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen an – und der Gouverneur des Staates ernannte Kelly Loeffler zur Nachfolgerin. Für sie geht es bei der Wahl um zwei verbliebene Jahre der Amtszeit ihres Vorgängers.

Loeffler arbeitete zuvor für den von ihrem Mann gegründeten Börsenbetreiber Intercontinental Exchange. Sie zählt zu den wohlhabendsten Mitgliedern des Senats. Während des Wahlkampfs war sie in Georgia mit ihrem Privatjet unterwegs.

Demokraten zuversichtlich

Der 33-jährige Demokrat Ossoff würde im Falle eines Siegs gegen Perdue zum jüngsten Mitglied des Senats werden. Seine politische Laufbahn begann er als Praktikant des im Juli verstorbenen Abgeordneten und Bürgerrechtlers John Lewis. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Leiter eines Unternehmens, das Dokumentarfilme produziert, hatte sich Ossoff 2017 um einen Sitz im Repräsentantenhaus in Washington beworben. Er konnte sich zwar nicht durchsetzen, erwies sich aber schon damals als ein hervorragender Spendeneinwerber.

Der Herausforderer im zweiten Rennen geniesst in den Reihen der Demokraten besonders breite Unterstützung. Warnock ist Pastor in der Kirche in Atlanta, in der einst der legendäre Bürgerrechtler Martin Luther King predigte. Auch Warnock ist als Aktivist bekannt, der sich seit vielen Jahren für die Rechte von benachteiligten Bevölkerungsgruppen einsetzt.

Zünglein an der Waage

In den Gesetzen des Staates Georgia ist festgelegt, dass Kandidaten für den Kongress eine absolute Mehrheit benötigen. Perdue erhielt im November 88'000 Stimmen mehr als Ossoff – kam damit bei der Wahl, bei der auch der libertäre Politiker Shane Hazel angetreten war, aber nur auf 49,7 Prozent. Im zweiten Rennen war im Grunde von vornherein klar, dass es zu einer Stichwahl kommen würde.

Da es sich um eine Nachwahl handelt, konnten in der ersten Runde neben politischen Aussenseitern auch mehrere Kandidaten der beiden grossen Parteien antreten. Loeffler und Warnock erhielten von insgesamt 20 Bewerbern die meisten Stimmen. Beide bekamen aber nicht mehr als ein Drittel.

Seit der Wahl im November haben die Republikaner im Senat 50 Sitze sicher und die Demokraten 48 – nur bezüglich der Vertreter aus Georgia steht die Entscheidung noch aus. Die Republikaner würden also eine Mehrheit behalten, wenn sich zumindest einer der eigenen Kandidaten durchsetzt. Sollten aber sowohl Perdue als auch Loeffler verlieren, kämen beide Parteien auf 50 Sitze.

Weil die gewählte Vize-Präsidentin Kamala Harris als künftige Vorsitzende des Senats mit ihrer Stimme stets den Ausschlag geben könnte, läge die Mehrheit dann faktisch bei den Demokraten.

Für Biden wäre dies ein grosser Vorteil – zumal dann beide Kammern des Kongresses von seiner Partei kontrolliert würden. Gerade vor diesem Hintergrund waren Perdue und Loeffler bemüht, sich als die «letzten Kämpfer» gegen eine komplette Machtübernahme der Demokraten zu inszenieren.

Dass es in Washington im Streit um eine Einmalzahlung für die meisten Amerikaner im Rahmen eines Corona-Hilfspakets zuletzt zu einer ungewöhnlichen Allianz zwischen Trump und den Demokraten kam, brachte die republikanischen Kandidaten in Georgia etwas in Erklärungsnot.

Showdown im teuersten Senatswahlkampf aller Zeiten

Der Senatswahlkampf in Georgia gilt als teuerster aller Zeiten. Finanziell waren die Demokraten Ossoff und Warnock in den vergangenen Wochen im Vorteil. Seit dem ersten Wahldurchgang im November konnten sie beide Spenden in Höhe von jeweils mehr als 100 Millionen Dollar (82 Millionen Euro) einwerben. Perdue erhielt laut eigenen Angaben nur 68 Millionen, Loeffler etwas weniger als 64 Millionen. 

Die Wahlbeteiligung dürfte angesichts der enormen Bedeutung der Wahl recht hoch sein – trotz der Feiertage und trotz der Corona-Pandemie.

Schon jetzt haben mehr als 2,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger des Staates ihre Stimme abgegeben, entweder persönlich oder per Post. Das entspricht mehr als der Hälfte der fünf Millionen Stimmen, die im November in Georgia abgegeben wurden.

Beide Seiten hoffen zum Abschluss des Wahlkampfs derweil noch einmal auf einen Schub durch Unterstützung aus Washington. Trump hat sich für eine Kundgebung mit Perdue und Loeffler im konservativen Nordwesten des Staates am Montag angekündigt. Harris will Ossoff und Warnock am (heutigen) Sonntag in Savannah begleiten; für Montag ist ein Besuch von Biden in Atlanta geplant.

Zurück zur Startseite