Was wir zum Anschlag in München wissenTatverdächtiger war zuvor nicht straffällig und nicht ausreisepflichtig
Lea Oetiker
14.2.2025
Herrmann: Tatverdächtiger von München konnte nicht abgeschoben werden
München, 13.02.2025: Ein junger Afghane fährt in München mit seinem Auto in eine Menschenmenge – Er war nach Worten von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ein abgelehnter Asylbewerber.
«Der dann wohl Asylantrag abgelehnt wurde, wo dann gleichzeitig festgestellt wurde, dass er im Moment nicht abgeschoben werden kann und er sich deshalb weiter in unserem Land weiter aufhalten durfte. Bislang haben wir die Erkenntnis, dass er mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen aufgefallen ist.»
All dies werde aber derzeit ständig weiter überprüft.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war der Tatverdächtige Ende 2016 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland gekommen und von einer Jugendhilfe-Einrichtung in Obhut genommen worden.
Nach Polizeiangaben war der Mann mit seinem Auto an einem Polizeiwagen vorbei in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi gefahren und hatte so mindestens 28 Menschen verletzt, einige davon schwer. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem mutmasslichen Anschlag.
14.02.2025
Am Donnerstagvormittag fuhr ein Auto in München eine Menschenmenge. Dabei wurden mehrere Personen schwer verletzt. Eine Übersicht.
In München am Stiglmaierplatz ist am Donnerstagvormittag, um 10.30 Uhr, ein Fahrzeug in eine Menschengruppe gefahren. Mindestens 28 Personen wurden dabei laut der Polizei verletzt.
Das Fahrzeug soll von der Dachauerstrasse Ecke Seidlstrasse – in der Nähe des Hauptbahnhofs – in den Demozug einer Kundgebung der Gewerkschaft Verdi gefahren sein. Das Auto sei hinter der Gruppe und einem Polizeiauto gefahren, habe dieses dann überholt, beschleunigt und sei in das Ende der Gruppe gefahren, sagte ein Polizeisprecher.
Nach der Fahrt eines Autos in eine Menschengruppe in München bittet die Polizei nun um Hinweise von Zeugen.
Bild:Christoph Trost/dpa
Der Fahrer konnte vor Ort festgenommen werden. Von ihm geht keine weitere Gefahr aus.
Die Polizei bestätigte den Vorfall, die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, um die Ursache des Geschehens zu klären. Beim Tat-Fahrzeug soll es sich um einen Mini Cooper handeln.
Wer ist der Täter?
Bei dem Fahrer des Wagens handele es sich um einen 24-jährigen in Deutschland geduldeten Afghanen. Wie der «Spiegel» schreibt, soll er Farhad N. heissen.
N. soll 2001 in Kabul geboren worden sein. Ende 2016 kam er als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland, wie der «Spiegel» weiter schreibt.
Der Tatverdächtige war laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zuvor nicht straffällig geworden und war auch nicht ausreisepflichtig. Damit korrigierte der Minister am Donnerstagabend Aussagen vom Mittag. Der 24-Jährige habe einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis. «Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmässig», sagte Herrmann der Deutschen Presse-Agentur. Nach seinen Worten kam der Afghane Ende 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland. Sein Asylverfahren wurde demnach im Jahr 2020 endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise. Die Landeshauptstadt München habe dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid erlassen und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis. Der junge Mann habe eine Schule besucht und eine Berufsausbildung gemacht. «Er war dann als Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen tätig», so der Innenminister. Deshalb habe es zunächst auch ein Missverständnis gegeben, eben weil der Mann in mehreren Ladendiebstahlprozessen aufgetreten sei. «Er war nicht selbst Tatverdächtiger, sondern er war Zeuge.» Über eine Verlängerung des Aufenthaltstitels sei zuletzt noch nicht entschieden gewesen – die Erlaubnis habe somit weiter gegolten, bis zu einer Entscheidung.
Am Mittag hatte Herrmann gesagt, dass der Mann als Asylbewerber ins Land gekommen sei, sein Asylantrag aber «wohl» abgelehnt worden sei. Gleichzeitig sei festgestellt worden, «dass er eben im Moment nicht abgeschoben werden kann und er deshalb sich weiter in unserem Land aufhalten durfte». Der junge Mann sei ausserdem «mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen aufgefallen». Diese Information des Ministers erwies sich am späteren Abend dann als falsch.
Bei dem Fahrer des Wagens handele es sich um einen 24-Jährigen Afghanen.
Bild:Keystone
Gibt es Verletzte?
Die Polizei spricht von 30 zum Teil schwerverletzten Personen. Darunter auch zwei Kinder.
Zwei Kinder wurden bei dem mutmasslichen Anschlag schwer verletzt.
Bild:Keystone
Wie der «Merkur» berichtet, soll ein zweijähriges Kind im Schockraum des Haunerschen Kinderklinikums notfallmässig versorgt worden sein. Es schwebe in Lebensgefahr, es sei zur Stunde nicht klar, ob es gerettet werden könne. Auch ein weiteres Kind wird in der Kinderklinik Dritter Orden notoperiert.
Zu möglichen Toten konnten die Einsatzkräfte bislang keine Angabe machen.
Handelt es sich um einen Anschlag?
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht bei dem Vorfall von einem Anschlag aus. «Es handelt sich wohl mutmasslich um einen Anschlag», sagte Söder in einer ersten Stellungnahme am Ort des Geschehens.
Es ist einfach furchtbar und schmerzt so sehr. In #München hat sich ein schwerer Anschlag ereignet. Ein afghanischer Staatsbürger fuhr mit einem Auto in eine Menschenmenge und verletzte viele Menschen teils sehr schwer. Wir fühlen mit allen Opfern und beten für die Verletzten und… pic.twitter.com/G19cnFMwqk
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Gegen einen Unfall und für eine bewusste Tat spricht ebenfalls die Tatsache, dass der 24-Jährige offenbar gezielt das Streifenfahrzeug umfuhr, bevor er den Mini-Cooper in den Demonstrationszug steuerte. Die Hintergründe sind bislang noch unklar. Die Ermittlungen laufen derzeit auf Hochtouren.
Den Angaben zufolge gehen die Sicherheitsbehörden derzeit nicht von einem Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz aus, die am Freitag starten soll und zu der zahlreiche hochrangige Politiker*innen erwartet werden.
Es gebe «Anhaltspunkte für einen extremistischen Hintergrund», sagte ein Sprecher dem «Spiegel».
Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) erklärt dem «Merkur», dass es sich offenbar um keinen gezielten Angriff handelt: «Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Opfer dieser Verdi-Demonstration eher zufällig betroffen waren», sagte Herrmann. Dennoch werde der Vorfall intensiv untersucht.
In München fuhr ein Auto in eine Menschenmenge. Mehrere Personen wurden verletzt
Bild:dpa/Peter Kneffel
Die Reaktionen
ver.di: Die Gewerkschaft ver.di hat sich angesichts des mutmasslichen Anschlags auf ihren Demonstrationszug «zutiefst bestürzt und schockiert» gezeigt. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke erklärte in Berlin, es sei ein «schwerer Moment für alle Kolleginnen und Kollegen».
Werneke erklärte, die Gewerkschaften stünden «für ein solidarisches Miteinander, gerade auch in so einer dunklen Stunde». Ver.di kündigte an, die Ermittlungen der Polizei abwarten zu wollen.
Olaf Scholz: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich tief betroffen über den jüngsten Vorfall in München. Im Gespräch mit dem Münchner Merkur sagte er: «Es ist furchtbar, was in München passiert ist.»
Obwohl die genauen Hintergründe noch unklar sind, betonte Scholz die Notwendigkeit entschlossener Massnahmen, sollte es sich um einen Anschlag handeln: «Wenn es sich um einen Anschlag gehandelt haben sollte, müssen wir mit allen Mitteln der Justiz konsequent gegen mögliche Täter vorgehen.»
Robert Habeck: Auch Grüne-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat bestürzt auf den mutmasslichen Anschlag in München reagiert. Der Vizekanzler sprach auf der Plattform X von schrecklichen Nachrichten aus München. «Ich bin entsetzt angesichts dieser sinnlosen Tat.» Wichtig sei, dass die Hintergründe jetzt schnell aufgeklärt werden.
Schreckliche Nachrichten aus #München, ich bin entsetzt angesichts dieser sinnlosen Tat. In Gedanken bin ich zuallererst bei den Verletzten. Ihnen gute, gute Genesung! Danke an die Polizei und alle Einsatzkräfte, die die Menschen vor Ort versorgen und betreuen. Wichtig ist, dass…
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Alice Weidel: Alice Weidel schreibt in ihrem Post auf X: «Den Opfern und ihren Angehörigen gilt meine ganze Anteilnahme.» Und weiter fügt sie hinzu: «Soll das immer so weitergehen?» Als AfD-Politikerin setzt sie sich für eine regulierte Migration in Deutschland ein.
Dieter Reiter: Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte, unter den Verletzten befänden sich auch Kinder. «Ich bin tief erschüttert», sagte Reiter. «Meine Gedanken sind bei den Verletzten».
Reinhard Marx: Kardinal Reinhard Marx sagt: «Ich bin schockiert und erschüttert über diesen schrecklichen Vorfall, bei dem Menschen im öffentlichen Raum Opfer von willkürlicher Gewalt wurden.»
Ich bin entsetzt und schockiert. Ein Auto wurde in München in eine Kundgebung meiner Gewerkschaft ver.di gelenkt. Ich bin in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen und hoffe auf schnelle und vollständige Genesung der Verletzten. Danke an alle Einsatzkräfte vor Ort!
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Heidi Reichinnek: Die Vorsitzende der Gruppe Die Linke äussert sich ebenfalls auf X zum mutmasslichen Anschlag: «Ich bin in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen und hoffe auf schnelle und vollständige Genesung der Verletzten.»
Furchtbare Nachrichten aus #München. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien. Ich hoffe, dass sie diese schwere Zeit überstehen und die nötige Kraft finden. Mein Dank gilt den Sicherheitskräften, die vor Ort Hilfe leisten. Die Sicherheit der Menschen in Deutschland…
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Friedrich Merz: CDU-Vorsitzender Friedrich Merz meldet sich auf X. «Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.» eine «furchtbare Nachricht» kam aus München.
Und weiter schreibt er: «Die Sicherheit der Menschen in Deutschland wird für uns an erster Stelle stehen.»